Regie: Robert Schwentke
In jenen Tagen...
"Der Hauptmann" ist ein Film des deutschen Regisseurs Robert
Schwentke, der 2002 mit "Tattoo" einen eindrucksvollen deutschen Giallo
drehte und danach die Chance in den USA kommerzielle Kinofilme zu
drehen. "Fight Plan" von Jodie Foster wurde ein guter Erfolg und auch
die Einspielergebnisse von "R.E.D. - Älter, härter, besser" oder "Die
Bestimmung: Insurgent" konnten sich sehen lassen. Die besten Filme dreht
er aber im Heimatland - mit "Der Hauptmann" gelang ihm 2017 ein
beachtliches Kinostück, der in den letzten Tages des 2. Weltkriegs
spielt und sogar auf Tatsachen beruht.
Dies ist deshalb so erwähenswert, weil ich die Geschichte des
Gefreiten willi Herold nicht kannte und erst beim Abspann des Films
darauf hingewiesen wurde, dass dieses absurde und bizarre Szenario der
Wahrheit entspricht. Man mag es aber kaum glauben - zu unglaublich
klingt diese Geschichte am Ende des 2. Weltkriegs von einm Deserteur,
der in dir Rolle eines Offiziers schlüpfen kann und insgesamt 172
Menschen ermorden lässt.
"Der Hauptmann" erhielt 6 Nominierungen zum deutschen Filmpreis
2018. Nur schade, dass Hauptdarsteller Max Hubacher und Schwendtke
selbst gar nicht nominiert waren - sie hätten es allemal verdient. Auch
Milan Peschel ist als Freytag enorm überzeugend. Von den Schauspielern
wurde lediglich Alexander Fehling berücksichtigt - vermutlich auch, weil
der eher auf softe Rollen festgelegte Schauspieler hier überraschend
anders auftritt. Immerhin wurde "Der Hauptmann" als bester Film
nominiert sowie als bester Schnitt, beste Filmmusik und beste
Tongestaltung. Diese wurde auch am Ende ausgezeichnet.
In den letzten Tagen des 2. Weltkriegs wird der Gefreit Willi
Herold (Max Hubacher) von seiner Gruppe getrennt. Ist er ein Deserteur
wie viele in diesen letzten Tagen ? Sehr wahrscheinlich, denn er wird
ganz am Anfang von einer Gruppe Soldaten gejagt und deren Vorgesetzer
Junker (Alexander Fehling) schießt auf ihn. Er rennt auf Leben und Tod
und schließlich gelingt es ihm in einem Waldstück ein gutes Versteck zu
finden, wo er unentdeckt für seine Verfolger bleibt.
Diese Zeiten sind chaotisch und der Einmarsch der Feinde steht kurz
bevor. Es gibt viele Soldaten wie Herold, die sich von ihrer Gruppe
abgeseilt haben um dem Tod zu entgehen. Doch auf diese
Vaterlandsverräter steht die Höchststrafe und oft werden diese Soldaten
einfach vom Mob aufgehängt und das Schild des Verräters wird dem
Gehängten übergestülpt.
Wie durch ein Wunder entdeckt Herold ein liegengebliebenes Auto.
Dort befindet sich auf der Rückbank ein Koffer, in der sich die Uniform
eines Offiziers. Er zieht sich diese an, die Hose ist ein bisschen zu
lang. Aber dennoch...Kleider machen Leute....wird er von einem weiteren
Soldaten, der alleine durch diese Gegend zieht, für einen Hauptmann
gehalten. Dieser Mann heißt Freytag (Milan Peschel) muss sich dem jungen
Hauptmann anschließen. Es kommen weitere versprengte Soldaten (u.a.
Frederic Lau) dazu. Auch diese gehorchen dem Hauptmann. So fasst dieser
den Entschluß im Niemandsland dieser letzten Tage eine Kampftruppe zu
bilden. Er gibt an einen Sonderauftrag vom Führer persönlich zu haben.
Dies hilft ihm bei den nächsten Kontrollen und Hürden, obwohl er kein
Soldbuch nachweisen könnte. Er landet irgendwann auf dieser mörderischen
Odyssee im Emslandlager Aschendorfmoor. Dort sind viele Soldaten
inhaftiert, vor allem Deserteure. Am Ende dieser wenigen Tagen hat der
"Henker von Emsland" insgesamt 172 Menschenleben auf dem Gewissen...
Robert Schwentke zeigt diesen eiskalten Killer fast ganz ohne
Emotion. Nur am Anfang als er gejagt wird, zeigt sich seine Angst und
einmal während der gnadenlosen Erschießung im Lager. Ansonsten spielt
dieser noch sehr junge Gefreite den Todesengel und dies ohne
Gewissensbisse. Dabei erzeugt auch die Entscheidung den Film in schwarz
weiß zu drehen für eine zusätzliche Steigerung der Atmosphäre. Die
Schauspieler sind stark...neben den bisher drei genannten darf auch
Waldemar Kobus als Nazi Hansen nicht vergessen werden.
In den besten Szenen wirkt der Film wie eine Art Totentanz des zu
Ende gehenden dritten Reichs. Ein zusätzlich starke Komponente erhält
der Film in der Beziehung zwischen Willi Herold und dem Soldaten, der
ihm als erster nach der Verwandlung als Hauptmann trifft. Dieser Freytag
scheint etwas zu ahnen, denn hat nicht dieser Hauptmann, dem die Hose
zu lang ist, gerade bei ihm Gnade vor Recht ergehen lassen. Er hat ihn
zwar als Deserteur bezeichnet, aber ihn dann in die Dienste gestellt.
Und dieser macht da mit...wohl deshalb, weil man mit dieser Maskerade am
ehesten dem Chaos dieser letzten Tage und den möglichen Standgerichten
entgehen kann. Sehr eindringlich die Szene im Lager, in dem der
Hauptmann dann diesen möglichen Mitwisser entgültig zum Mordkomplizen
macht. Ein sehr bemerkenswerter deutscher Film.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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