Regie: Claude Sautet
Ganz normale Lebenskrisen...
Claude Sautets "Eine einfache Geschichte" aus dem Jahr 1978 war
neben "Die Blechtrommel" (Volker Schlöndorff, Deutschland), "Mama wird
100 Jahre alt" (Carlos Saura, Spanien), "Das Mädchen Wilko" (Andrej
Wajda, Polen) und "Vergiss Venedig" (Franco Brusati, Italien) einer der
fünf oscarnomierten fremdsprachigen Filme, die am 14. April 1980 ins
Rennen gingen. Es wurde aber die Nacht des neuen deutschen Films und der
französische Filmemacher Claude Sautet hatte das Nachsehen. Dennoch ist
ihm mit "Eine einfache Geschichte" einmal mehr ein sehr atmosphärischer
Gegenwartsfilm gelungen, der es versteht das Flair sowie die Menschen
der französischen Hauptstadt (meist ist es die gehobene Mittelschicht,
die er beschreibt) einzufangen. Er deckt deren Bedürfnisse, die
Beziehungen untereinander und wichtige soziale Verflechtungen in
subtiler Art und Weise auf. Kein Wunder, dass Romy Schneider gerade
diesen sensiblen Filmemacher als Lieblingsregisseur bezeichnete, denn
wie kein Anderer verstand er es der Schauspielerin den Raum zu geben,
indem sie ihre Sensibilität und Tiefe am besten entfalten konnte. Filme
wie "Die Dinge des Lebens", "Das Mädchen und der kommissar" und "Cesar
und Rosalie" beweisen dies eindrucksvoll. In "Eine einfache Geschichte"
spielt Romy Schneider die Modezeichnerin Marie, die kurz vor dem 40.
Geburtstag und auch vor einer sehr schwierigen Entscheidung steht. Die
geschiedene Frau, die mit ihrem Sohn Martin (Yves Knapp) lebt, ist von
ihrem Freund Serge (Claude Brasseur) schwanger. Anfangs freute sie sich
auf das Kind, doch nun hat sie sich für die Trennung entschieden und
sitzt vor der Frauenärztin wegen der ihr nicht leicht fallenden
Abtreibung. Hier fängt Sautet zutiefst menschlich die ganzen Regungen
und Facetten des Gesichts der Schauspielerin ein und der Zuschauer
erlebt einen der stärksten Momente in diesem Film, der auch stark an
seinen vier Jahre zuvor entstandenen "Vincent, Francois, Paul und die
anderen" erinnert. Auch dort zeigt der Regisseur Menschen in der
Midlife-Crises.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass Marie sich plötzlich wieder ein
Miteinander mit ihrem Ex-Mann Georges (Bruno Cremer) vorstellen könnte.
Den trifft sie auch wieder öfters, der sitzengelassene Serge hingegen
agiert eifersüchtig. Ihre Freundinnen Francoise (Vera Schroeder),
Gabrielle (Arlette Bonard) oder Francine (Francine Berge) arbeiten im
gleichen Betrieb. Besonders die etwas ältere Gabrielle leidet momentan,
weil ihr Mann Jerome (Roger Pigaut) eine berufliche Krise durchmacht. Er
soll aufgrund von Rationalisierungmaßnahmen entlassen werden. Ein tief
einschneidenden Ereignis für den Mann, der sich zuerst gar nichts
anmerken lässt. Marie versucht, dass der im Betrieb einflussreiche
Exmann sich für Jerome einsetzt. Doch das ist schwieriger als erwartet.
Bei einem Treffen der Freunde versucht sich Jerome das Leben zu
nehmen...
Und schon ist man mittendrin in der Katastrophe, die den Alltag auf
den Kopf stellt und natürlich in dieser Form unser tägliches Leben jäh
aus der gewohnten Ruhe und Routine herausreißt. Denn das private Glück
oder die liebgewonnene Gewohnheit gerät in Schwierigkeiten. Hervorragend
trifft die Beschreibung um die Nöte der Frauen und Männer im mittleren
Alter ins Schwarze. "Eine einfache Geschiche" erhielt mehrere
Cesar-Nominierungen. Darunter auch Romy Schneider, die den Preis als
beste Hauptdarstellerin am Ende auch gewinnen konnte.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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