Regie: Hector Babenco
Ein kurzer, aber glücklicher Traum...
"Es war einmal auf einer tropischen Insel im weiter Ferne. Da lebte
eine sonderbare Frau. Sie trug ein langes Kleid aus schwarzem Lamé, wie
eine zweite Haut. Aber die Arme war gefangen in einem riesigen
Spinnennetz, dass aus ihrem eigenen Körper wuchs. Eines Tages lag ein
Schiffbrüchiger am Strand. Sie gab ihm zu essen und pflegte seine
Wunden. Sie gab ihm all ihre Liebe und so brachte sie ihn wieder ins
Leben zurück. Als er aufwachte, erblickte er über sich die Spinnenfrau
und sah eine vollendete Träne unter ihrer Maske hervorquellen.
Hector Babencos "Kuß der Spinnenfrau" entstand 1985 als
brasilianisch-amerikanische Coproduktion und basiert auf der
gleichnamigen Novelle "O beijo da Mulher Aranha" des
argentinisch-brasilianischen Schriftstellers Manuel Puig.
Die Haupthandlung findet dabei in einem brasilianischen Gefängnis
statt. Dort teilen sich zwei unterschiedliche Männer eine Zelle: Der
Journalist Valentin Arregui (Raul Julia), ein politischer Gefangener und
der wegen Kindesmissbrauch verurteilte schwule Luis Molina (William
Hurt).
Dabei kommunizieren die beiden Männer immer mehr über Filme, die in
gewissem Sinne eine Allegorie zu ihrer eigenen Situation darstellen.
Luis Molina schwärmt dabei von einem alten Nazi Propagandafilm, den
er seinem Zellengenossen nacherzählt. Dort verliebt sich die
französische Cabaretsängerin Lenie Lamaison (Sonia Braga) in den
deutschen Spionagechef Werner (Herson Capri) - einem großen Mann, blond
und blauäugig. Doch sie ahnt die Verbrechen, die er an ihrem Volk
begeht. Ihre beste Freundin Michelle (Denise Dumont) gesteht ihr, dass
sie für die Resistance arbeitet. Doch auch Michelle hat ihre Liebe an
einen feindlichen Offizier verloren. Sie wird von den Männern des
Untergrund überfahren. Werner kann seine Lenie von der "guten" Gesinnung
der Deutschen überzeugen, am Ende wird sie aber von dem Chef der
Reistance in eine Falle gelockt. Der Mann will sie vergewaltigen, sie
erdolcht ihn mit einem großen Fleischermesser und flüchtet in die Arme
von Werner. Doch sie wird von einer Kugel eines weiteren
Resistancekämpfers tödlich getroffen.
Aus der naiven Schilderung eines alten Filme erkennt man die naive
Gesinnung von Luis Molina. Sein Zuhörer Valentin ist manchmal sogar
etwas angewidert von der mangelnden politischen Einstellungen seines
Gegenübers. Doch es entwickelt sich in der kleinen Zelle eine gewisse
Freundschaft. Luis durchwandelt in dieser Zeit eine gewisse Reifezeit,
die ihn erkennen lassen was Freiheit und Sklaverei bedeutet. Er wird
erwachsen und versucht seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Fernab
von den sexuellen Lüsten und Bedürfnissen.
Dabei hütet Luis sein großes Geheimnis: Er soll im Auftrag der Geheimpolizei seinen Zellengenossen ausspionieren. Wenn diese Mission erfolgreich verläuft und Luis etwas über Valentins Untergrundfreunde herausbekommt, dann wird der Rest seiner Haftstrafe in Bewährung umgewandelt. Doch Luis hat sich bereits in Valentin verliebt...
Dabei hütet Luis sein großes Geheimnis: Er soll im Auftrag der Geheimpolizei seinen Zellengenossen ausspionieren. Wenn diese Mission erfolgreich verläuft und Luis etwas über Valentins Untergrundfreunde herausbekommt, dann wird der Rest seiner Haftstrafe in Bewährung umgewandelt. Doch Luis hat sich bereits in Valentin verliebt...
Im Jahr 1985 war die Darstellung von William Hurt als schwuler Held
noch eine gewisse Sensation. Wahrscheinlich hat erst der
Publikumserfolg von Ang Lees "Brokeback Mountain" dieses Tabu
normalisiert. Aber William Hurt profitierte von der Faszination seiner
Figur, die er spielen musste. Er gewann den Oscar als bester Darsteller.
Ausserdem war es damals bei der Oscarverleihung 1986 noch eine weitere
Sensation, dass sich dieser Independentfilm weitere 3 Nominierungen
erspielte: Er bekam eine Nominierung als bester Film, Hector Babenco
erhielt eine als bester Regisseur und das Drehbuch von Leonard Schrader
wurde ebenfalls gebührend von der Academy gewürdigt.
Im Grunde erzählt der Film vom Leben und von einem Traum, der kurz
ist - aber auch glücklich. Die Liebe als Hauptantriebsfeder des
menschlichen Handelns. Manuel Puig wollte die gründsätzliche Dynamik
menschlichen Verhaltens untersuchen und zeigen, wie ein Mensch in einer
bestimmten Rolle gefangen sein kann, obwohl ihm viele andere
Möglichkeiten offenstehen. Ein besonders gelungener Kunstgriff sind die
eingeflochtenen Erzählungen von Valentins Lieblingsfilmen. Der
Propagandafilm wird dem Zuschauern in gedämpften, nostalgisch anmutenden
Farben gezeigt und wirkt wie ein alter Noir vergangener Zeiten, die
Szene mit der Spinnenfrau (die ebenfalls von Sonja Braga gespielt wird)
in unheimlichem Dunkelblau.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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