Donnerstag, 11. April 2019

Kuß der Spinnenfrau

























Regie: Hector Babenco

Ein kurzer, aber glücklicher Traum...

"Es war einmal auf einer tropischen Insel im weiter Ferne. Da lebte eine sonderbare Frau. Sie trug ein langes Kleid aus schwarzem Lamé, wie eine zweite Haut. Aber die Arme war gefangen in einem riesigen Spinnennetz, dass aus ihrem eigenen Körper wuchs. Eines Tages lag ein Schiffbrüchiger am Strand. Sie gab ihm zu essen und pflegte seine Wunden. Sie gab ihm all ihre Liebe und so brachte sie ihn wieder ins Leben zurück. Als er aufwachte, erblickte er über sich die Spinnenfrau und sah eine vollendete Träne unter ihrer Maske hervorquellen.
Hector Babencos "Kuß der Spinnenfrau" entstand 1985 als brasilianisch-amerikanische Coproduktion und basiert auf der gleichnamigen Novelle "O beijo da Mulher Aranha" des argentinisch-brasilianischen Schriftstellers Manuel Puig.
Die Haupthandlung findet dabei in einem brasilianischen Gefängnis statt. Dort teilen sich zwei unterschiedliche Männer eine Zelle: Der Journalist Valentin Arregui (Raul Julia), ein politischer Gefangener und der wegen Kindesmissbrauch verurteilte schwule Luis Molina (William Hurt).
Dabei kommunizieren die beiden Männer immer mehr über Filme, die in gewissem Sinne eine Allegorie zu ihrer eigenen Situation darstellen.
Luis Molina schwärmt dabei von einem alten Nazi Propagandafilm, den er seinem Zellengenossen nacherzählt. Dort verliebt sich die französische Cabaretsängerin Lenie Lamaison (Sonia Braga) in den deutschen Spionagechef Werner (Herson Capri) - einem großen Mann, blond und blauäugig. Doch sie ahnt die Verbrechen, die er an ihrem Volk begeht. Ihre beste Freundin Michelle (Denise Dumont) gesteht ihr, dass sie für die Resistance arbeitet. Doch auch Michelle hat ihre Liebe an einen feindlichen Offizier verloren. Sie wird von den Männern des Untergrund überfahren. Werner kann seine Lenie von der "guten" Gesinnung der Deutschen überzeugen, am Ende wird sie aber von dem Chef der Reistance in eine Falle gelockt. Der Mann will sie vergewaltigen, sie erdolcht ihn mit einem großen Fleischermesser und flüchtet in die Arme von Werner. Doch sie wird von einer Kugel eines weiteren Resistancekämpfers tödlich getroffen.
Aus der naiven Schilderung eines alten Filme erkennt man die naive Gesinnung von Luis Molina. Sein Zuhörer Valentin ist manchmal sogar etwas angewidert von der mangelnden politischen Einstellungen seines Gegenübers. Doch es entwickelt sich in der kleinen Zelle eine gewisse Freundschaft. Luis durchwandelt in dieser Zeit eine gewisse Reifezeit, die ihn erkennen lassen was Freiheit und Sklaverei bedeutet. Er wird erwachsen und versucht seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Fernab von den sexuellen Lüsten und Bedürfnissen.
Dabei hütet Luis sein großes Geheimnis: Er soll im Auftrag der Geheimpolizei seinen Zellengenossen ausspionieren. Wenn diese Mission erfolgreich verläuft und Luis etwas über Valentins Untergrundfreunde herausbekommt, dann wird der Rest seiner Haftstrafe in Bewährung umgewandelt. Doch Luis hat sich bereits in Valentin verliebt...






Im Jahr 1985 war die Darstellung von William Hurt als schwuler Held noch eine gewisse Sensation. Wahrscheinlich hat erst der Publikumserfolg von Ang Lees "Brokeback Mountain" dieses Tabu normalisiert. Aber William Hurt profitierte von der Faszination seiner Figur, die er spielen musste. Er gewann den Oscar als bester Darsteller. Ausserdem war es damals bei der Oscarverleihung 1986 noch eine weitere Sensation, dass sich dieser Independentfilm weitere 3 Nominierungen erspielte: Er bekam eine Nominierung als bester Film, Hector Babenco erhielt eine als bester Regisseur und das Drehbuch von Leonard Schrader wurde ebenfalls gebührend von der Academy gewürdigt.
Im Grunde erzählt der Film vom Leben und von einem Traum, der kurz ist - aber auch glücklich. Die Liebe als Hauptantriebsfeder des menschlichen Handelns. Manuel Puig wollte die gründsätzliche Dynamik menschlichen Verhaltens untersuchen und zeigen, wie ein Mensch in einer bestimmten Rolle gefangen sein kann, obwohl ihm viele andere Möglichkeiten offenstehen. Ein besonders gelungener Kunstgriff sind die eingeflochtenen Erzählungen von Valentins Lieblingsfilmen. Der Propagandafilm wird dem Zuschauern in gedämpften, nostalgisch anmutenden Farben gezeigt und wirkt wie ein alter Noir vergangener Zeiten, die Szene mit der Spinnenfrau (die ebenfalls von Sonja Braga gespielt wird) in unheimlichem Dunkelblau.





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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