Regie: Francois Truffaut
Ein Altar für die Toten...
In "La Chambre verte" hat Regisseur Francois Truffaut auch die
Hauptrolle übernommen. Damit ist die Annahme sicherlich nicht falsch,
dass dieser 1978 entstandene Film ein sehr persönliches Werk ist.
Vielleicht kann man sogar von einer persönlichen Bilanz sprechen, denn
der Regisseur drehte nach "Das grüne Zimmer" nur noch vier Filme. Im
September 1983 wurde bei Truffaut ein Gehirntumor diagnostiziert und am
21. Oktober des folgenden Jahres stirbt der Kinopoet in
Neuilly-sur-Seine.
Der Film - einer der besucherschwächsten Werke von Truffaut -
basiert auf der Kurzgeschichte "Der Altar der Toten" von Henry James.
Es ist die Geschichte eines Mannes, der von den Toten in seinem Leben
besessen ist und somit gar nicht unbeschwert leben kann. Dieser Mann
wählt diesen Weg aber freiwillig. Ein Film, der vom Betrachter eine hohe
Aufmerksamkeit verlangt, denn die 94 Minuten gleichen manchmal fast
einer Andacht. Truffauts Protagonist heißt Julien Davenne und durch den
1. Weltkrieg viele Freunde verloren hat. Dann starb auch noch seine
geliebte Frau Julie. Der Journalist arbeitet bei einer Zeitschrift names
"Globe" in der Provinz und er wird zwar von seinem Chef Bernard Humbert
(Jean Daste) zwar geschätzt. Aber der findet ihn auch reichlich
seltsam. Davenne ist aber ein brillanter Schreiber für Nachrufe. Für
seine Frau hat er in seinem Haus ein Zimmer eingerichtet. Dort in diesem
grünen Raum zelebriert er seinen paradoxen Totenkult mit vielen Kerzen
und Bildern. Im Haus lebt auch seine Haushälterin Madame Ramboud (Jane
Lobre) und das stumme Pflegekind Georges (Patrick Maleon). Mit der
jungen Cecilia Mandel (Nathalie Baye) lernt er eine Art Seelenverwandte
kennen. Auch für Cecilia ist es wichtig den Toten ein langes Andenken zu
bewahren. Im Gegensatz zu Julien ist sie aber fest davon überzeugt,
dass man auch die Pflicht hat weiterhin mit den Lebenden ein erfülltes
Leben zu erreichen. Als das Zimmer durch einen Brand zerstört wird,
kauft Julien von der Kirche eine Kapelle und überwirft sich für eine
gewisse Zeit mit seiner platonischen Freundin....
Am Ende des morbiden wie poetischen Films steht tatsächlich der Tod
und auch eine Nachfolge für das Lebenswerk des todessehnsüchtigen
Mannes. Ein Film über die subtile Besessenheit eines Menschen, der den
endgültigen Abschied von einem lebenden Wesen nicht ertragen kann. Er
versucht das Unwiederbringbare zu bewahren, die Vergangenheit so sehr in
der Gegenwart zu leben. So verfällt er im Laufe dieser Zeit immer mehr
dem Tod. Interessante Gedanken vermittelt "Das grüne Zimmer" natürlich
in sehr starker Weise. Soll man die Toten in seinem Leben irgendwann
vergessen ? Hat man auch das Recht nach solchen Schicksalsschlägen das
Leben dennoch neu zu ordnen, sich neu orientieren ? Wie oft bei Truffaut
ist auch Julien ein Leidender an seinen fatalen Obessession. Mit der
jungen Nathalie Baye arbeite Truffaut schon in "Die amerikanische Nacht"
und "Der Mann, der die Frauen liebte" zusammen. "La chambre verte" ist
neben "Die Rückkehr des Martin Guerre" und "Eine fatale Entscheidung"
eine ihre besten Darstellungen überhaupt.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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