Regie: Giuseppe Tornatore
Eine Liebeserklärung an das Kino...
Für seine Liebeserklärung ans Kino "Cinema Paradiso" aus dem Jahr 1988 wurde der italienische Regisseur und Drehbuchautor Giuseppe Tornatore 1990 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Es folgten weitere Erfolgsfilme wie "Der Mann, der die Sterne macht", "Die Legende des Ozeanpianisten" oder "Der Zauber von Malena". In "Cinema Paradiso" lassen sich doch einige autobiographische Tendenzen entdecken, denn Filmfigur Salvatore (Salvatore Cascio als Kind, Marco Leonardi als Jugendlicher und Jacques Perrin als Erwachsener) und Regisseur Tornatore haben einige Gemeinsamkeiten: Beide haben ihre Kindheit in Sizilien verbracht, beiden haben den Ort ihrer Kindheit und Jugend verlassen und beide haben ihre Liebe zum Film zu ihrem Beruf gemacht. Sogar der Drehort ist Tornatore sehr bekannt und vertraut: Es war sein Heimatort. Im Rom des Jahres 1988 kommt Salvatore Di Vita (Jacques Perrin), ein berühmter Filmregisseur, eines Abends spät nach Hause. Seine Freundin erzählt ihm verschlafen, seine Mutter (Pupella Maggio und Antonella Attilli) habe angerufen und ihm mitgeteilt, Alfredo (Philippe Noiret) sei gestorben. Salvatore scheut feste Beziehungen und war seit dreißig Jahren nicht mehr in seinem Heimatdorf Giancaldo auf Sizilien. Als seine Freundin ihn fragt, wer Alfredo war, kann Salvatore nicht einschlafen und wird in seine Kindheit zurückversetzt. Einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist der achtjährige Salvatore der verschmitzte, intelligente Sohn einer Kriegerwitwe. Mit dem Spitznamen Toto entdeckt er seine Liebe zum Film und verbringt jede freie Minute im örtlichen Kino, dem Cinema Paradiso. Obwohl sie anfangs ein angespanntes Verhältnis haben, entwickelt er eine Freundschaft mit dem Filmvorführer mittleren Alters, Alfredo, der ihn oft Filme aus der Projektionskabine schauen lässt. Während der Vorstellungen hört man das Publikum buhen, weil Teile fehlen, wodurch der Film plötzlich springt und Szenen mit romantischen Küssen oder Umarmungen ausgelassen werden. Der örtliche Pfarrer, der Besitzer des Kinos, hatte die Zensur dieser Teile angeordnet, und die gelöschten Szenen wurden von Alfredo aus den Filmrollen geschnitten und auf dem Boden des Vorführraums gestapelt, wo Alfredo sie aufbewahrt, bis er sie wieder zusammenfügen kann, um den Film in die nächste Stadt zu schicken. Alfredo bringt Salvatore schließlich die Bedienung des Filmprojektors bei. Eines Tages gerät das Cinema Paradiso in Brand, als Alfredo nach Ladenschluss "Die Feuerwehrleute von Viggiù“ auf die Wand eines nahegelegenen Hauses projiziert. Salvatore rettet Alfredo das Leben, doch nicht bevor ihm eine Rolle Nitrofilm ins Gesicht explodiert und ihn dauerhaft erblinden lässt. Das Kino wird von einem Bürger, Ciccio Spaccafico (Enzo Cannavale), mit seinem Gewinn aus einer Fußballlotterie wiederaufgebaut. Salvatore, noch ein Kind, wird als neuer Filmvorführer eingestellt, da nur er die Geräte bedienen kann. Etwa zehn Jahre später bedient Salvatore, inzwischen Schüler, immer noch den Projektor im "Nuovo Cinema Paradiso“. Seine Beziehung zu dem blinden Alfredo hat sich gefestigt, und Salvatore bittet ihn oft um Hilfe – Ratschläge, die Alfredo oft mit Zitaten aus klassischen Filmen erteilt. Salvatore experimentiert mit Filmen und benutzt dabei eine Heimvideokamera. Dabei lernt er Elena Mendola (Agnese Nano), die Tochter eines wohlhabenden Bankiers, kennen und filmt sie. Er verliebt sich in sie. Salvatore umwirbt Elenas Herz – und gewinnt sie, verliert sie aber aufgrund der Missbilligung ihres Vaters. Als Elena und ihre Familie wegziehen, verlässt Salvatore die Stadt, um seinen Wehrdienst anzutreten. Seine Versuche, Elena zu schreiben, sind vergeblich; seine Briefe kommen als unzustellbar zurück. Nach seiner Rückkehr vom Militär drängt Alfredo Salvatore, Giancaldo endgültig zu verlassen. Die Stadt sei zu klein, als dass Salvatore jemals seine Träume verwirklichen könne. Der alte Mann sagt ihm außerdem, dass Salvatore, sobald er weg sei, seinem Schicksal mit ganzem Herzen folgen müsse, niemals zurückblicken und niemals zurückkehren dürfe, nicht einmal für einen Besuch; er dürfe niemals der Nostalgie nachgeben oder auch nur darüber schreiben oder nachdenken. Unter Tränen umarmen sie sich, und Salvatore geht, um seine Zukunft als Filmemacher zu verfolgen. Zurück in der Gegenwart erkennt Salvatore, dass er beruflich, privat jedoch nicht mit seinem Leben zufrieden ist. Er beschließt, nach Hause zurückzukehren, um Alfredos Beerdigung beizuwohnen. Obwohl sich die Stadt stark verändert hat, versteht er nun, warum Alfredo es für wichtig hielt, wegzugehen. Alfredos Witwe erzählt ihm, dass der alte Mann Salvatores Erfolge mit Stolz verfolgt und ihm etwas hinterlassen habe: eine unbeschriftete Filmrolle und den alten Hocker, auf dem Salvatore einst stand, um den Projektor zu bedienen. Salvatore erfährt, dass das Cinema Paradiso abgerissen werden soll, um Platz für einen Parkplatz zu schaffen. Bei der Beerdigung erkennt er die Gesichter vieler Kinobesucher wieder, als er noch Filmvorführer war. Salvatore kehrt nach Rom zurück, wo er Alfredos Filmrolle sieht und entdeckt, dass sie alle romantischen Szenen enthält, die Alfredo auf Befehl des Priesters aus den Filmen schneiden ließ. Alfredo hatte jeden Kuss zu einer einzigen Filmrolle zusammengefügt – Toto findet Frieden mit seiner Vergangenheit und lächelt mit Tränen in den Augen...
Alfredo warnt seinen jungen Freund der Nostalgie nachzugeben. Doch "Cinema Paradiso" ist ein nostalgischer Filmhappen durch und durch und eine sehr melancholische Liebeserklärung an das Kino und den Film. Eine vergangene Zeit in der das Kino in der Kleinstadt noch eine große Magie ausübte und wo die gesamte Bevölkerung gemeinsam das Lichtspielhaus besuchten. In einigen Szenen erweist Tornatore Klassikern der Filmgeschichte wie Renoirs "Nachtasyl", Fellinis "Müßiggänger", Chaplins "Knockout", Viscontis "Die Erde bebt" oder Mario Camerinis "Die Fahrten des Odysseus" seine Reverenz. Sehr gut war auch die Auswahl der Darsteller, allen voran Toto vom Kind bis zum Erwachsenen. "Cinema Paradiso" gewann nicht nur den Oscar. Hauptdarsteller Philippe Noiret gewann den Felix im Jahr 1990 als bester Hauptdarsteller, Regisseur Tornatore bekam bei der Verleihung in Paris den Preis der Jury. Der Film spielte 36 Millionen Dollar ein.
Bewertung: 8 von 10 Punkte.
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