Dienstag, 4. Dezember 2018

Io e te (Ich und Du)

























Regie: Bernardo Bertolucci

Das Versteck im Keller....

Nach "Die Träumer" konnte Bernardo Bertolucci 10 Jahre lang keinen neuen Film vollenden, zwei ambitionierte Projekte scheiterten. Erst 2012 meldete er sich mit "Ich und Du" zurück.
Der Film entstand nach dem gleichnamingen Roman von Niccolo Ammaniti und skizziert einige Tage im Leben zweier jungen Menschen. Der Junge heißt Lorenzo, ist 14 Jahre und wird von Jacopo Olmo Antinori gespielt, der so aussieht, als sei er aus einem Pasolini Film entsprungen. Tea Falco verkörpert Lorenzos ältere Stiefschwester Olivia.
Mit 97 Minuten Laufzeit dauert der Film nicht allzu lange, was man am Ende auch bedauert, denn Bertoluccis Inszenierung hat irgendwann dafür gesorgt, dass die Geschichte auf den Zuschauer magisch wirkt. Es ist sehr klar mit zwei Wünschen deklariert - der eine Wunsch richtet Lorenzo an seine Stiefschwester. Der andere wird von Olivia an Lorenzo formuliert. Ob sie diese Wünsche, die sich tatsächlich so anhören, als könnten sie das Leben verbessern, tatsächlich auch einhalten können, wie beide versichert haben ? Zumindest steht am Ende ein gutes Stück Hoffnung da.
Im Grunde ist "Ich und Du" der etwas andere Urlaubsfilm: Urlaub vom normalen Leben. Lorenzo (Jacopo Olmo Antinori) ist ein Problemteenager, denn er ist einfach zu introvertiert und ist als Narzist, wie ihn seine Mutter betitelt, am liebsten alleine. Er sucht auch einen Therapeuten auf. Die Mutter (Sonia Bergamasco) scheint Fortschritte zu sehen, denn immerhin hat Lorenzo, der eigentlich meistens mit seinem Kopfhörer herumläuft und Musik hört, zugesagt auf die Klassenfahrt seiner Schule mitzukommen. Man hat vor in die Berge zu fahren und gemeinsam Ski zu fahren. So könnte Lorenzo endlich auch Anschluß und Freunde finden. In Wirklichkeit hat er sich dafür entschieden, sich zu verstecken und sich für diese Zeit im Keller des Mehrfamilienhauses zu verstecken. Dort gibts diverse Räume, die als Abstellräume für alte Möbel und sonstigen Krümpel dienen und es gibt auch ein Waschbecken mit fließendem Wasser. Mit dem Geld für den Ausflug kauft der Junge sich Proviant für diese 7 besagten Tage und niestet sich dort ein. Mit dabei eine Ameisenkolonie, die er in einem Glaskasten hat. Diese beobachtet er mit einer Lupe. Er hört Musik und liest ein Vampirbuch von Anne Rice. Doch seine Ruhe wird durch die 10 Jahre ältere Stiefschwester Olivia (Tea Falco) gestört, die schon seit Jahren bei den Eltern ausgezogen ist. Die junge Frau ist drogensüchtig und versucht gerade einen harten Entzug zu machen. Und ausgerechnet in dem Keller, Lorenzos Versteck. Lorenzo fühlt sich in seiner Ruhe jäh gestört. Da sie keine Bleibe hat und droht das Versteck auffliegen zu lassen, wird der Keller für die nächsten Tage eine gemeinsame Wohnung der Beiden. Und sie kommen sich auch irgendwie näher...




Es sind vor allem die beiden hervorragenden Darsteller, die den Film so intensiv werden lassen. Nichts ist unnötig und alles klar strukturiert. Die Erotik finden ganz subtil unterschwellig statt, es ist aber vor allem das zwischenmenschliche Miteinander, das sich positiv auf die Psyche und auf die Sinne auswirkt. Der Soundtrack passt perfek - Klassik neben David Bowie, Muse oder Cure. Dabei ist auch David Bowies Klassiker "Space Oddity" in der italienischen Fassung "Ragazzo Solo, ragazza Sola2 von Testo Mogol zu hören. Dieser Song wird dramaturgisch geschickt eingesetzt und steht für mögliche Veränderungen und Lebensfreude innerhalb der selbsterwählten Tristesse. Für mich ein kleines Meisterwerk. Bernardo Bertolucci starb am 26. November 2018 im Alter von 77 Jahren in Rom. Seine Meisterwerke wie "Der letzte Kaiser", "La Luna", "1900", "Der Konformist" oder "Der letzte Tango von Paris" werden unvergessen bleiben.
 




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen