Freitag, 21. Dezember 2018

Happy Prince

























Regie: Rupert Everett

Der gefallene Dichter...

Nach Brian Gilberts sehr gelobten 1997 insezenierte "Oscar Wilde" hat nun auch Rupert Everett ein Film über den berühmten und umstrittenen irischen Schriftsteller gemacht. Während Gilberts Film die Jahre 1882 bis 1900 (Wildes Todesjahr) skizziert, hat sich Everett darauf beschränkt ausschließlich die letzten Lebensjahre im Exil zu zeigen. Rupert Everett hat in der belgisch-deutschen-italienisch-britischen Coproduktion fast alles im Alleingang gemacht. Er führte Regie, schrieb das Drehbuch und hat sich natürlich nicht nehmen lassen die Hauptrolle zu spielen. Und er spielt die Rolle perfekt.
Seinen ersten Erfolg hatte der offfen homosexuell lebende Schauspieler 1984 in "Another Country". In diesem Film von Marek Kanievska spielte er einen schwulen Schüler im England der 30er Jahre und wurde damit international bekannt.
Genau wie Gilbert ist auch in Everetts Film die Angst und die Abneigung der spätviktorianischen Gesellschaft vor Wildes Homosexualität das Kernthema. Und ähnlich wie damals Stephen Fry als Wilde agiert auch Everett - gebrochen, tragisch, aber bis fast zum Ende am prallen Leben interessiert.
Der Titel "Happy Prince" bezieht sich auf die im Jahr 1988 erschiene Sammlung von fünf Kunstmärchen, die Wilde erfasst. Im Jahr 1896 wird er wegen Unzucht zu 2 Jahren Zwangsarbeit verurteilt - im Jahr 1898 wird er entlassen und flieht vor der gesellschaftlichen Ächtung nach Paris. Dort lernt er in einer Kneipe im Hinterhof zwei junge Brüder kennen. Für den älteren Jean (Benjamin Voisin) hat er sexuelle Gefühle, dem jüngeren Bruder liest er Geschichten vor.
Die Geschichte wird von Everett nicht chronologisch oder linear aufgerollt, sondern einzelne Episoden setzen sich immer mehr wie ein Puzzle zusammen. Eine Szene ist für Wilde besonders schmerzlich: Als er mit dem Zug ins Gefängnis überstellt wird, erkennen ihn die Leute am Bahnsteig und sie mutieren dabei immer mehr zum wütenden Mob, die ihn beschimpfen und bespucken. Eine weitere Station nach dem Gefängnis ist auch Neapel - dort trifft er auf seinen ehemaligen Liebhaber Alfred Bosie Douglas (Colin Morgan). Seine Freunde Reggie Turner (Colin Firth) und Robbie Ross (Edwin Thomas) sind gar nicht glücklich über das erneute Aufflackern der alten Leidenschaft. Bosies Art zieht Oscar noch weiter herunter, obwohl er immer behauptet nun wieder glücklich zu sein. Der Schein trügt. Er darf seine beiden Söhne nicht sehen, so hat seine Frau Constance (Emily Watson) entschieden, weil er nach wie vor Kontakt zu Bosie pflegt. In Paris nennt er sich Sebastian melmoth und lebt in Armut und Isolation in einem billigen Hotel in der Rue des Beaux-Arts...



Der Film ist prächtig ausgestattet, hat schöne Szenenbilder und die Kamera von John Conroy leistet gute Arbeit. Über allem steht die große Performance von Rupert Everett, die sich in einer tragischen Szene besonders festigt: In einer Bar soll er auf Geheiß der Wirtin - die wird von Beatrice Dalle herrlich gespielt - ein Chanson singen. Mit brüchiger Stimme folgt er dieser Bitte und man merkt sofort welche traurige Figur hinter diesem Gesang steckt. Für mich fast die beste Szene des Films. Eine weitere ist jedoch ebenbürtig. In Neapel schleppen Wilde und Bosie einen italienischen Kellner ab, der verheiratet und seine Frau erneut schwanger ist. Er verbringt aber seine Abende lieber bei Wilde und Bosie, lässt sich wie andere Kerle, für den Sex bezahlen und profitiert von der geschlossenen Gesellschaft unter Gentlemen. Als seine Mutter entrüstet die Tür öffnet und ihren Sohn zur Rede stellt: Wo ist die andere Frau, mit der seine liebe Frau betrügt ? Sie sucht in allen Zimmern, doch wird nicht fündig. Nur Männer - teilweise mit nacktem Oberkörper - sind zugegen. Sie entschuldigt sich bei Wilde für die Störung und das sie so zweideutige Gedanken hatte. Hier ist Everett eine Szene gelungen, über die man nicht nur schmunzelt - die auch nicht ganz so schnell in Vergessenheit gerät.



Bewertung: 6,5 von 10 Punkten. 

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