Regie: Paul Greengrass
Blutsonntag in Derry...
Vor seinen internationalen Erfolgsfilmen "Die Bourne Verschwörung"
und "Das Bourne Ultimatum" drehte der britische Regisseur Paul
Greengrass den halbdokumentarischen Film "Bloody Sunday", der sich mit
den schrecklichen Ereignissen am 30. Januar 1972 in Derry (offiziell:
Londonderry) befasst. An diesem Tag wurden in der nordirischen Stadt bei
einer friedlichen Demonstration für Bürgerrechte 13 Menschen (vor allem
viele Jugendliche) von den Soldaten des britischen Parchute Regiment
erschossen. 13 weitere Menschen wurden bei der Schießerei schwer
verletzt - einer dieser Verletzten erlag in den nächsten Tagen seinen
Verletzungen. Dieser Tag ging unrühmlich in die Geschichte ein und
führte natürlich zu einem Höhepunkt der Eskalation im
Nordirlandkonflikt. Erst sehr viel später - am 15. Juni 2010 bat der
britische Premier David Cameron im Namen der Regierung um Verzeihung für
die Taten der Soldaten. Möglicherweise hat auch der Film von Paul
Greengrass diesen Schritt möglich werden lassen.
Die britische Armee behauptete damals, dass im Katholikenviertel
Bogside aus den Reihen der Demonstranten das Feuer eröffnet wurde -
danach habe man zurückgeschossen. Diese Erklärung kennen wir Deutschen
natürlich, denn auch wir haben beim Beginn des 2. Weltkriegs lediglich
um 5 Uhr 45 zurückgeschossen.
Komisch nur, dass keiner der bewaffneten britischen Soldaten eine
Verletzung aufweisen konnte und mindestens fünf der angeschossenen
Demonstrationen von hinten getroffen wurden. Sie wurden also "auf der
Flucht erschossen" - es ist bis heute unklar, welche militärische Rolle
den rund 30 beteiligten Fallschirmjägern zukommt, die für die
polizeiliche Absicherung kein Knowhow hatten. Nach dem Befehl das Feuer
einzustellen, gaben die Soldaten immer noch 100 Schüsse ab.
Was in dem Film nur kurz am Ende angedeutet wird: Gewalt erzeugt
Gewalt. Die IRA verübte am 22. Februar 1972 einen Bombenanschlag auf das
Hauptquartier der Parachute Brigade in einer Garnison. Dort wurden
allerdings auch Zivilisten Opfer des Anschlags.
"Bloody Sunday" wirkt durch die Handkamera wie ein Dokument. Das
war sicherlich auch die Absicht des Regisseurs, der ganz nah am
Geschehen bleibt und in die Gesichter der Menschen schaut - ihre Wut,
ihr Ärger, ihre Ängste sind das Thema und dies steht im Mittelpunkt des
Geschehens. Hauptfigur des Geschehens ist der Abgeordnete Ivan Cooper -
gespielt von James Nesbitt - der die ganze Zeit versucht die Katastrophe
abzuwenden, dem es allerdings nicht gelingen sollte. Am Ende muss er
die Hinterbliebenen trösten...
Paul Greengrass blieb auch später in einigen seiner Filme dem
dokumentarischen Stil treu - er drehte mit "Flug 93" einen Film über den
United Airlines Flug, Nummer 93 am 11. September. Sein 2018
entstandener Netflix Film "22. Juli" befasst sich mit den Anschlägen des
Anders Behring Breivik. "Bloody Sunday" gewann bei der Berlinale 2002
gemeinsam mit dem japanischen zeichentrickfilm "Chihiros Reise ins
Zauberland" den Golden Bären.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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