Freitag, 11. Juni 2021

Wie ein Bumerang


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Jose Giovanni

Die Geister der Vergangenheit...

Jose Giovanni (1923 bis 2004) schrieb insgesamt 20 Romane, verfasste 33 Filmdrehbücher und drehte als Regisseur selbst 15 Filme und 5 Fernsehfilme. Unter Letzteren war auch eine Folge der beliebten deutschen Krimiserie "Der Alte", die zahlreiche Proteste auslöste. Warum ? Der Täter wurde mit unlauteren Mitteln überführt, zahlreiche Zuschauer waren empört. Sowas durfte in deutschen Krimiserien, die zur Hauptsendezeit ausgestrahlt werden, nicht vorkommen. Diese Folge von "Der Alte" wurde somit in die Archive verbannt. Seine französischen Spielfilme sind es wert entdeckt und neu bewertet zu werden. Giovanni drehte sehr viele Filme mit dem franzöischen Kinostar Alain Delon, darunter "Der Zigeuner", "Endstation Schafott" oder "Wie ein Bumerang". Gerade "Wie ein Bumerang" wirkt politisch fragwürdig, aber dies ist kein Nachteil des Films, der 1976 entstand. Giovanni verfasste das Drehbuch mit seinem Hauptdarsteller Alain Delon, der hier einmal mehr in einer seiner beliebten Rollen als eiskalter Mann mit Vergangenheit zu sehen ist.
Die Filmmusik von Georges Delerue wirkt sehr harmonisch und steht als krasser Gegensatz zu der Story, die für die Protagonisten des Films eigentlich fast schon als auswegslos zu bezeichnen ist.
Auf einer Party, den die beiden verzogenen Jungs (Pierre und Laurent Malet) des reichen Bankiers Feldman (Reinhard Kolldehoff) geben, kommt es zu nicht nur zu sexuellen Exzessen, es werden auch Drogen genommen als gäbe es keinen Morgen mehr. Unter den Gästen ist auch der 17jährige Eddy Batkin (Louis Julian), der viel zuviel Kokain geschnupft hat. Die Zwillinge prahlen mit einem Gewehr, die sie an Eddy weiterreichen. In diesem Moment stürmt eine Einheit der Polizei das Haus und aus Panik und Angst schießt Eddy. Er trifft dabei einen Polizisten tödlich. Sein Vater Jacques Batkin (Alain Delon), ein reicher Unternehmer, versucht nun alles ein ziemlich mildes Urteil für seinen Sohn zu bewirken. Dabei versucht ihm der versierte Anwalt Jean Ritter (Charles Vanel) und auch Jacques freundin Muriel (Carla Gravina) zu helfen. Doch er hat es mit einem sehr eifrigen Untersuchungsrichter (Christian de Tilliere) und einem genauso engagierten Kommissar (Pierre Maguelon) zu tun. Es könnte also durchaus ein sehr hartes Urteil geben, weil der öffentliche Druck auf die Justiz sehr groß ist. Eddy droht also sogar die Todesstrafe. Erschwerend kommt hinzu, dass die Presse Jacques unrühmliche Vergangenheit als Gangster hervorkramt...




Der Film ist für heutige Verhältnisse eigentlich nicht politisch korrekt, aber dafür stimmt der Spannungsbogen von Anfang bis Ende und wer französische Kriminalfilme aus den früheren Dekaden mag, der wird "Wie ein Bumerang" lieben. Interessant auch, dass Delons Rolle so angelegt ist, dass er sowohl als Bürger als auch als Gangster eine große Nummer ist. Die Veränderung, die er selbst an sich sah, wird am Ende völlig ad absurdum geführt. Die Justiz und die Polizei kommen aber in Giovannis Film auch nicht gut weg, vor allem das Ende zeigt das Grenzen zwischen Gut und Böse leider immer verschwimmen. Ein großer unbekannter Klassiker. 



Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Der Greifer


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Philippe Labro

Jagd auf den Staatsfeind Nr. 1...

1976 war Frankreichs Filmliebling Jean Paul Belmondo als "Der Greifer" unterwegs. Der Film wurde von Philippe Labro inszeniert und war nicht nur im Heimatland ein riesiger Erfolg.
Belmondo spielt darin den Söldner und Kopfgeldjäger Roger Pilard mit Vergangenheit als Großwildjäger. Irgendwann beschloß der Mann die Jagd auf Menschen zu bevorzugen und so wird er von ganz oben als Söldner beauftragt, der jenseits von Polizeiroutine auf Verbrecherjagd gehen kann. Er arbeitet leise, exakt und bleibt stets inkognito. Sein Vermittler ist Polizeikommissar Doumecq (Victor Garnivier). Vor kurzem hat er ein Drogennetz in Rotterdam zerschlagen, gleich danach musste er einen korrupten Polizisten (Francois Huger) in die Falle locken, der der Big Boss einer Prostituiertennetzwerks agiert. Der nächste Auftrag hat höchste Priorität. Er soll den Staatsfeind Nr. 1 fassen, der "Falke" genannt wird. Ein Mann, der scheinbar nicht zu fassen ist, denn er plant seine Raubzüge stets mit einem anderen Komplizen, den er nach erfolgreichem Coup einfach ermordet. Der Falke (Bruno Cremer) sucht im Kriminellen-Milieu junge Typen, die auf die schiefe Bahn gekommen sind. So auch einen jungen Motorradfahrer (Mitia Lanzman) oder den jungen Costa Valdes (Patrick Fierrey), den er dabei beobachtet wie dieser Automaten knackt. Er lockt diese jungen Kerle mit großzügigen Geschenken. Auch Costa willigt ein ein Juweliergeschäft zu überfallen. Erst spät merkt er, dass die Knarre des Falken auf ihn gerichtet ist. Doch er hat Glück - er überlebt den Mordanschlag und wird ins Gefängnis gebracht. Dort schweigt der junge Mann, der sich gerne selbst am Falken rächen würde. Diese Möglichkeit ergibt sich bald, denn der Greifer hat sich als Häftling in den Knast geschleust und bricht mit seinem jungen Zellengenossen Costa aus. Von ihm weiß der Greifer auch wo der Falke wohnt, doch er muss ihn erst einmal auf frischer Tat erwischen....



Philppe Labro hat die Spannungskurve sehr weit oben angesetzt und Belmondo ist wieder einmal in seinem Element. Dennoch spielt er ungewohnt verhalten und dies ist gut so, denn so erhalten die anderen Akteure wie Bruno Cremer als sein Gegner und der junge Patrick Fierrey als sein junger Begleiter viel mehr Schärfe und Profil. Labro hat auch den bekannten Thriller "Neun im Fadenkreuz" von Jean Louis Trintignant oder "Der Erbe" wieder mit Belmondo inszeniert.




Bewertung. 8 von 10 Punkten. 

Der Erbarmungslose


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Pierre Granier Defrerre

Das Gesetz bin ich...

In der Nähe von Le Havre, ganz nahe an einem Sumpf der Seinemündung, liegt inmitten von ausgedehnten Weiden ein Bauernhof mit 400 Hektar besten Landes. Dort regiert ein Patriarch über das Anwesen und über seiner Familie. Sein Wort gilt, er ist der unwidersprochene Herr über Land und Menschen. Sein Name ist Auguste Monnoyeur und der wird in dem Film "Der Erbarmungslose" von Jean Gabin gespielt. Natürlich eine Paraderolle für den großen französischen Charakterdarsteller. Der Film von Pierre Granier-Deferre entstand 1970 und heißt im Original "La Horse", was soviel bedeutet wie "Heroin". Zu Granier-Deferres bekanntesten Filmen zählt "Die Katze" und "Adieu Bulle".
Der wohlhabende Bauer Auguste Maroilleur (Jean Gabin) ist ein wohlhabender Bauer und führt seine Familie mit einserner Faust. Seine rechte Hand ist Bien-Phu (Andre Weber), ein Veteran aus dem Indochina-Krieg. Eines Tages entdecken die beiden Männer während der Jagd, dass jemand in seiner Jagdhütte war. Die beiden legen sich auf die Lauer und erwischen zwei Männer mit Rauschgift. Von denen erfährt er, dass sein eigener Enkelsohn Henri (Marc Porel) in die Sache verwickelt ist. Sein Gut ist sozusagen ein Umschlagsplatz für Drogen geworden. Der Patriarch zerstört das Rauschgift, stellt den Enkel zur Rede und versteckt ihn in einem geheimen Keller im Anwesen. Denn Maroilleur weiß, dass bald die Gangster auftauchen werden und den Enkel zur Rechenschaft ziehen und Herausgabe der Drogen zwingen wollen. Die gesamte Familie (Eleonore Hirt als Mathilde, Christian Barbier als Leon, Daniele Ajorat als Louise, Michel Barbey als Maurice und Orland Paquin als Veronique) fürchtet sich und möchte am liebsten sofort die Polizei verständigen. Doch der Alte kennt nur seine eigenen Gesetze und will das Problem auf seine Weise lösen. Als der erste Gangster (Felix Marten) auf dem Gut auftaucht und droht, wird er Monnoyeur sofort erschossen. Das Auto lässt er mit Bieh-Phu im Fluß verschwinden. Dann kommen weitere Gangster...




Als Untersuchungsrichter ist Pierre Dux zu sehen, den man aus Costa Gavras Politthriller "Z" kennt - der eröffnet am Ende des Films eine Untersuchung der Ereignisse, denn es gab tote Kühe, einen toten Hund, Brände und mehrere Tote. Granier-Deferre hat den Film nach dem gleichnamigen Roman von Mihel Lambesc gedreht. Zum Glück sind die französischen Krimis der 70er Jahre nicht politisch korrekt, diese Eigenschaft macht sie aber auch viel zynischer. Jean Gabin brilliert als wortkarker, stoischer Mann, der am Ende einen verständlichen Rachefeldzug unternimmt. Großes französisches Genrekino in ungewohnter Kulisse. Statt im Dschungel der nächtlichen Metropole Paris geschieht hier alles auf einem etwas abseits gelegenen Bauerhof, nahe der Seine.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 
 

Der unheimliche Fremde


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Serge Leroy

Vier Kids...allein zu Haus...

1978 entstand unter der Regie von Serge Leroy ein sehr ungewöhnlicher Alain Delon Film. Das unheimliche Drama baisert auf dem Roman "Kinderstunde" (Originaltitel: The Children are watching) der Autoren Peter L. Dixon und Laird Koenig.
In einer prächtigen Villa an der Cote d´Azur leben die vier Geschwister Marlene (Sophie Renoir), Dimitri (Richard Constantini), Boule (Tierry Turchet) und Laetitia (Tiphaine Leroux) unter der Aufsicht des spanischen Kindermädchens Adelinta, von den Kindern Avocados (Adelita Requena) genannt.  Die Eltern der Kinder arbeiten beim Film und sind lange manchmal für einige Wochen gar nicht zuhause.
Die vier Kids sind ziemlich verzogen und gehorchen ihrer Gouverante nicht besonders, sie verbringen ihre Freizeit meistens am Strand und zuhause vor dem Fernseher, wo sie sich Gewaltfilme ansehen. Avocados hat in der Nacht öfters Männerbesuch. Eines Nachmittags am Strand passiert ein von den Kindern verursachtes Unglück. Sie befördern die schlafende Frau samt ihrer Liege ins Wasser und die Nichtschwimmerin bekommt sofort Panik. Obwohl Dimitri die Frau aus dem Wasser retten will, geht sie unter und taucht auch nicht wieder auf. Statt die Eltern oder die Polizei zu rufen, versprechen sie sich darüber zu schweigen. Ein Fremder (Alain Delon) hat die ganze Szene aber aus der Ferne beobachtet und versucht aus der Not seinen Nutzen zu ziehen. Er  verschafft sich Eintritt ins Haus und erpresst die Kinder...



Der Regisseur war bekannt dafür, dass er gekonnt ein Klima der Bedrückung und Anspannung, ständiger Gefahr und Bedrohung schaffen konnte. Dies gelang ihm nicht durch Action oder wilden Verfolgungsjagden, sondern durch ein subtiles Spannungsfeld zwischen seinen Filmfiguren zu schaffen. Dabei gelang ihm auch noch eine Abbildung der gegenwärtigen französischen Gesellschaft.




Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

Der Körper meines Feindes


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Henri Verneuil

Zurück in der Stadt...

Henri Verneuils bester Film ist sicherlich "I wie Ikarus" mit Yves Montand, gefolgt vom hochkarätig besetzten Gangsterepos "Der Clan der Sizilianer". Der 1976 entstandene Belmondo Thriller "Im Körper meines Feindes" ist sicherlich etwas weniger effektiv. Denn der Film steht im krassen Kontrast zu den Krimithrillern, für die Belmondo so populär wurde und auch das komplette Gegenteil von "Angst über der Stadt", einer weiteren Zusammenarbeit zwischen Regisseur und dem Akteur. Dieser Film, der kurz zuvor ein Kassenhit war, setzte auf Action und Hochspannung. Mit "Der Körper meines Feindes" sollte Belmondo die Gelegenheit bekommen seine Qualitäten als ernstzunehmender Schauspieler zu zeigen. Die Rolle, die der Star im Film verkörpert, gehört sicherlich zu den Herausforderungen seiner Karriere, da er den gleichen Charakter in zwei Zeitperioden spielt, zwischen denen sieben Jahre liegen. Verneuil hasste es, seinen Schauspieler mit Makeup älter zu schminken oder jünger zu machen, um den Zeitunterschied deutlich zu machen. Also nutzte er eine ganz simple Varante, die auch den Weg in die Dialoge des Drehbuchs fand: Wenn man sich an die Vergangenheit erinnert, sieht man sich so, wie man jetzt ist, nicht wie man war. Dies hört sich schlüssig an, erweist sich aber für den Film als gewisses Manko. Durch diesen Kniff wirken die Rückblenden seltsam künstlich.
Im Film wird die Geschichte des Francois Leclerq (Belmondo) erzählt, der für einen Doppelmord, den er nicht beging, zu sieben Jahre Haft verurteilt wurde und nach seiner Entlassung wieder nach Cournai, in seine Heimatstadt, zurückkehrt. Francois will den wahren Mörder finden und Licht ins Dunkel bringen. In Cournai ist der Textilfabrikant Jean Baptiste Beaumont-Liegard (Bernard Blier), der größte Arbeitgeber der Stadt und dementsprechend hoch ist auch seine Macht. Ohne ihn geht nichts - das weiß der Bürgermeister (Daniel Ivernel), der Staatsanwalt (Jacques David) und auch der Richter ( Andre Reybaz). Francois hatte bei der Gerichtsverhandlung nie eine Chance, denn es gab gegen ihn eine Verschwörung. In Rückblenden erinnert sich an seine Beziehung zu Gilberte (Marie France Pisier), der Tochter des Textilbarons. Durch diese Liason bekommt Francois, der aus einfachen Verhältnissen stammt, Zugang zur feinen Gesellschaft der Stadt. Mit Raphael di Massa (Francois Perrot) eröffnet er einen Nachtclub, merkt jedoch nicht, dass dort mit Drogen gehandelt wird. Kurze Zeit später wird die Bardame Karine (Elizabeth Margoni) und ein Gast ermordet....




Der Film ist ein bisschen verzwickt inszeniert - am Ende erfüllt sich aber der Racheplan des Heimkehrers. Für Belmondo war es eine sehr anspruchsvolle Rolle und mit Bernard Blier hat er einen genialen Gegenspieler. Blier wurde am 2. März 1989 mit dem Ehren-Cesar für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Claude Brosset ist in der Rolle der Transvestiten-Domina Janine zu sehen.






Bewertung: 7 von 10 Punkten.