Regie: Alan Parker
Auge um Auge, Zahn um Zahn...
"Mississippi Burning" aus dem Jahr 1988 ist neben "12 Uhr Nachts"
wahrscheinlich der beste Film des britischen Regisseurs Alan Parker, der
zahlreiche weitere Erfolge vorzweisen hat: Fame, Angel Heart, The
Commitments, Birdy, The Wall oder Die Asche meiner Mutter. Der Film
wurde inspiriert vom tatsächlichen Fall der Ermordung von drei
Bürgerrechtlern James Earl Chaney, Michael Shwerner und Andrew Goodman
durch Mitglieder des White Knights of the Ku Klux Klan in Neshoba
Country am 21. Juni 1964. Schon 1975 wurde der Fall unter dem Titel
"Attack on Terror: The FBI vs. the Ku Klus Klan" als zweiteiliges
Dokudrama für die CBS verfilmt. Alan Parkers Version wurde bei der
Oscarverleihung mit 7 Nominierungen (Bester Film, Regisseur Alan Parker,
Hauptdarsteller Gene Hackman, Nebendarstellerin Frances McDormand,
Kameramann Peter Bisou, Bester Schnitt, Beste Tonmischung) honoriert,
wovon aber nur eine Nominierung auch erfolgreich war: Peter Bisou wurde
als bester Kameramann ausgezeichnet. Die größeren Absahner des Jahres
waren Rain Man mit 4 Auszeichnungen und Eine gefährliche Liebschaft mit 3
Auszeichnungen. Dennoch ist Alan Parkers düstere Südstaaten
Bestandsaufnahme aus den 60er Jahren ein Klassiker geworden und vor
allem die oft kritisierte Filmfigur, der hartgesottene FBI Mann Rupert
Anderson, gespielt von Gene Hackman, hat einige unvergessene Filmszenen.
Wenn er die Rassisten mit den gleichen Mitteln angreift, wie diese ihre
Feinde angehen, dann sahen einige Kritiker rot und bescheinigten dem
Macher, dass er genau hier an die Rachegelüste appelliert und dass diese
Dramaturgie dem Film die authentischen Kräfte raubt. In der vielleicht
bekanntesten Szene des Films setzt Hackman, während FBI-Beamte grinsend
und ihn abschirmend vor der Tür stehen, dem fiesen Südstaaten-Debuty,
grossartig von Brad Dourif gespielt, das Messer im Rasiersalon an die
Kehle und ritzt ihm ungerührt das Gesicht auf, bevor er ihn
zusammenschlägt. Der Zuschauer gefällt diese Dirty Harry Einlage
natürlich (mir auch), aber der Kritiker ist näher bei dem besonnenen FBI
Agenten Alan Ward (William Dafoe), der zwar etwas weltfremd und
introvertiert wirkt, aber aus gutem Grund als Vorgesetzter von
Anderson, gerade in diesem Fall der schweigenden und gelegentlich
lynchen lassenden Mehrheit im Süden auch nur ein Argument gegen diese
zähen Ermittlungen zu liefern. Parker setzt also auf die beiden
Gegensätze der ermittelnden Hoover-Boys und vom Verstand her ist man
eher beim besonnenen Anderson, das Gefühl gibt aber dem cholerischen
Anderson den Zuschlag, der auch mal anpackt, wenn es Zeit wird dies zu
tun. Im Übrigen ist es für mich neben Popeye Doyle (French Connection)
und Little Bill Daggett (Erbarmungslos) die beste Rolle in Gene Hackmans
Karriere.
1964 im US-Staat Mississippi. Drei junge
Bürgerrechtler (zwei weiße und ein dunkelhäutiger Junge) werden nachts
auf einer abgelegenen Straße von drei Fahrzeugen verfolgt und bedrängt.
Als die jungen Männer bemerken, dass auch ein Polizeiauto dabei ist,
halten sie an. Was sie lieber nicht getan hätten, sie werden als
Judenbengel und Niggerfreund beschimpft und alle drei in den
nachfolgenden Minuten erschossen. Die jungen Männer wollten sich für das
Wahlrecht der Schwarzen einsetzen. Nachdem sie als vermisst gemeldet
werden, werden die zwei besagten FBI Agenten zur Aufklärung des Falles
ins ländliche Jessup County geschickt. Dort im Ort herrscht immer noch
offener Rassismus. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Polizei
unter der Leitung von Sheriff Stucky (Gailard Sartain) und auch des
Bürgermeisters Tilman (R. Lee Ermey) erschweren natürlich die
Ermittlungen vor Ort. Mögliche Zeugen werden eingeschüchtert, die
Präsenz des FBI verstärkt sogar den Rassenkonflikt enorm. Anderson kommt
der Frau (Frances McDormand) des Hilfsheriffs Pell (Brad Dourif) näher,
die ihrem Mann, der immer mehr sicherer Verdächtiger wird, ein Alibi
für die Tatzeit gegeben hat. Auch Frank Bailey (Michael Rooker) dürfte
einer der Täter sein, möglicherweise hatten die ausführenden Mörder aber
einen Auftragsgeber. Der Geschäftsmann Clayton Townley (Stephen
Tobolowsky) jedenfalls macht keinen Hehl aus seiner rassistischen
Gesinnung...
Alan Parkers Film prangert illegales Unrecht und
verschwörerische Brutalität an, zeigt aber auch, dass er zu ihrer
Bekämpfung die ähnlichen Methoden anwenden muss. Mag sein, dass dies die
moralische Position des Films an sich schwächt. Man sieht am Ende
beispielsweise ein Mitglied des Ku-Klux Klan, der durch ein fingiertes
Schauspiel des FBI zu einem Geständnis genötigt wird. Dieser glaubt,
dass seine Kumpane ihn als Verräter ausgemacht haben und als er schon am
Strick (durch die verkleideten FBI Männer) baumelt und sich die Hosen
vor Todesangst tatsächlich voll gemacht hat, bleibt ihm nur die Wahrheit
als einzige Chance des Überlebens. Gut, das ist Folter und nicht
tolerierbar, aber als Zuschauer ist man dennoch froh, dass die Ermittler
im Zuge einer gerechten Sache diesen gefährlichen Mördern endlich das
Handwerk legen konnten. Am Ende sind die 10 Jahre Haft für die
Rädelsführer dennoch sehr milde. Vielleicht drückt man da aufgrund der
ausgleichenden Gerechtigkeit die Augen bei den ominösen
Ermittlungsmethoden von Rupert Anderson wohlwollend beide Augen zu.
Trotz dieser Kontroverse ist "Mississippi Burning" ein großer Film der
80er Jahre.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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