Sonntag, 7. September 2014

Mississippi Burning

























Regie: Alan Parker

Auge um Auge, Zahn um Zahn...

"Mississippi Burning" aus dem Jahr 1988 ist neben "12 Uhr Nachts" wahrscheinlich der beste Film des britischen Regisseurs Alan Parker, der zahlreiche weitere Erfolge vorzweisen hat: Fame, Angel Heart, The Commitments, Birdy, The Wall oder Die Asche meiner Mutter. Der Film wurde inspiriert vom tatsächlichen Fall der Ermordung von drei Bürgerrechtlern James Earl Chaney, Michael Shwerner und Andrew Goodman durch Mitglieder des White Knights of the Ku Klux Klan in Neshoba Country am 21. Juni 1964. Schon 1975 wurde der Fall unter dem Titel "Attack on Terror: The FBI vs. the Ku Klus Klan" als zweiteiliges Dokudrama für die CBS verfilmt. Alan Parkers Version wurde bei der Oscarverleihung mit 7 Nominierungen (Bester Film, Regisseur Alan Parker, Hauptdarsteller Gene Hackman, Nebendarstellerin Frances McDormand, Kameramann Peter Bisou, Bester Schnitt, Beste Tonmischung) honoriert, wovon aber nur eine Nominierung auch erfolgreich war: Peter Bisou wurde als bester Kameramann ausgezeichnet. Die größeren Absahner des Jahres waren Rain Man mit 4 Auszeichnungen und Eine gefährliche Liebschaft mit 3 Auszeichnungen. Dennoch ist Alan Parkers düstere Südstaaten Bestandsaufnahme aus den 60er Jahren ein Klassiker geworden und vor allem die oft kritisierte Filmfigur, der hartgesottene FBI Mann Rupert Anderson, gespielt von Gene Hackman, hat einige unvergessene Filmszenen. Wenn er die Rassisten mit den gleichen Mitteln angreift, wie diese ihre Feinde angehen, dann sahen einige Kritiker rot und bescheinigten dem Macher, dass er genau hier an die Rachegelüste appelliert und dass diese Dramaturgie dem Film die authentischen Kräfte raubt. In der vielleicht bekanntesten Szene des Films setzt Hackman, während FBI-Beamte grinsend und ihn abschirmend vor der Tür stehen, dem fiesen Südstaaten-Debuty, grossartig von Brad Dourif gespielt,  das Messer im Rasiersalon an die Kehle und ritzt ihm ungerührt das Gesicht auf, bevor er ihn zusammenschlägt. Der Zuschauer gefällt diese Dirty Harry Einlage natürlich (mir auch), aber der Kritiker ist näher bei dem besonnenen FBI Agenten Alan Ward (William Dafoe), der zwar etwas weltfremd und introvertiert wirkt, aber aus gutem Grund als Vorgesetzter von Anderson,  gerade in diesem Fall der schweigenden und gelegentlich lynchen lassenden Mehrheit im Süden auch nur ein Argument gegen diese zähen Ermittlungen zu liefern. Parker setzt also auf die beiden Gegensätze der ermittelnden Hoover-Boys und vom Verstand her ist man eher beim besonnenen Anderson, das Gefühl gibt aber dem cholerischen Anderson den Zuschlag, der auch mal anpackt, wenn es Zeit wird dies zu tun. Im Übrigen ist es für mich neben Popeye Doyle (French Connection) und Little Bill Daggett (Erbarmungslos) die beste Rolle in Gene Hackmans Karriere.
1964 im US-Staat Mississippi. Drei junge Bürgerrechtler (zwei weiße und ein dunkelhäutiger Junge) werden nachts auf einer abgelegenen Straße von drei Fahrzeugen verfolgt und bedrängt. Als die jungen Männer bemerken, dass auch ein Polizeiauto dabei ist, halten sie an. Was sie lieber nicht getan hätten, sie werden als Judenbengel und Niggerfreund beschimpft und alle drei in den nachfolgenden Minuten erschossen. Die jungen Männer wollten sich für das Wahlrecht der Schwarzen einsetzen. Nachdem sie als vermisst gemeldet werden, werden die zwei besagten FBI Agenten zur Aufklärung des Falles ins ländliche Jessup County geschickt. Dort im Ort herrscht immer noch offener Rassismus. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Polizei unter der Leitung von Sheriff Stucky (Gailard Sartain) und auch des Bürgermeisters Tilman (R. Lee Ermey) erschweren natürlich die Ermittlungen vor Ort. Mögliche Zeugen werden eingeschüchtert, die Präsenz des FBI verstärkt sogar den Rassenkonflikt enorm. Anderson kommt der Frau (Frances McDormand) des Hilfsheriffs Pell (Brad Dourif) näher, die ihrem Mann, der immer mehr sicherer Verdächtiger wird, ein Alibi für die Tatzeit gegeben hat. Auch Frank Bailey (Michael Rooker) dürfte einer der Täter sein, möglicherweise hatten die ausführenden Mörder aber einen Auftragsgeber. Der Geschäftsmann Clayton Townley (Stephen Tobolowsky) jedenfalls macht keinen Hehl aus seiner rassistischen Gesinnung...


 Alan Parkers Film prangert illegales Unrecht und verschwörerische Brutalität an, zeigt aber auch, dass er zu ihrer Bekämpfung die ähnlichen Methoden anwenden muss. Mag sein, dass dies die moralische Position des Films an sich schwächt. Man sieht am Ende beispielsweise ein Mitglied des Ku-Klux Klan, der durch ein fingiertes Schauspiel des FBI zu einem Geständnis genötigt wird. Dieser glaubt, dass seine Kumpane ihn als Verräter ausgemacht haben und als er schon am Strick (durch die verkleideten FBI Männer) baumelt und sich die Hosen vor Todesangst tatsächlich voll gemacht hat, bleibt ihm nur die Wahrheit als einzige Chance des Überlebens. Gut, das ist Folter und nicht tolerierbar, aber als Zuschauer ist man dennoch froh, dass die Ermittler im Zuge einer gerechten Sache diesen gefährlichen Mördern endlich das Handwerk legen konnten. Am Ende sind die 10 Jahre Haft für die Rädelsführer dennoch sehr milde. Vielleicht drückt man da aufgrund der ausgleichenden Gerechtigkeit die Augen bei den ominösen Ermittlungsmethoden von Rupert Anderson wohlwollend beide Augen zu. Trotz dieser Kontroverse ist "Mississippi Burning" ein großer Film der 80er Jahre.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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