Regie: Larry Clark
Skater und Escortboys...
Filmemacher und Fotograf Larry Clark ist bekannt für provokative
Movies. Sein bekanntester Film ist "Kids", sein bester aber der 2001
entstandene "Bully", der wie die meisten anderen Werke von Clark eine
abgestumpfte, gelangweiligte Generation Jugendlicher zeigt, die ausser
durch Drogen und Sex nicht viel mit sich anfangen können. "Bully" fügt
zusätzlich noch die Komponente eines Mordes hinzu. Immer wieder warf man
Clark auch vor, dass er mit seiner offenen Darstellung von Sex unnötig
voyeuristisch agieren würde. Er machte es den Kritikern und Zuschauern
schwer, ob er nun Aufklärer, Mahner oder gar nur Provokateur sein
möchte.
Sein 2014 entstandener "The Smell of us" entstand in Frankreich und
sehr offensichtlich ist gleich Clarks Faible (um nicht zu sagen
Obsession) für blutjunge Skaterboys. Von der rennomierten "Cahiers du
Cinema" gabs für diesen provokativen Stoff den Ritterschlag, denn "The
Smell of us" wurde dort auf Platz 4 bei den Filmen des Jahres 2014
gewählt.
Man kann darüber allerdings geteilter Meinung sein. Gleich in der
ersten Szene liegt sofort eine große Provokation. Lockenköpfige
Skaterboys springen über einen Obdachlosen (von Larry Clark selbst
gespielt), der am Boden seinen Alkoholrausch ausschläft. Diese
Jugendlichen scheinen rein oberflächlich ganz normale Teenager von Heute
zu sein, aber dieses Bild zeigt deren Frechheit und die
Respektlosigkeit. Hedonismus wird groß geschrieben und Sex wird auch in
einer weiteren Szene direkt mal in der Öffentlichkeit praktiziert,
während die Kumpels gelangweilt daneben sitzen.
Diese Skaterboys heißen Math (Lucas Ionesco), der meistens mit JP
(Hugo Behar-Thinières) abhängt. JP ist irgendwie in seinen engelsgleich
aussehenden Kumpel verliebt, hält sich aber emotional zurück. Aber beide
haben sich für alternative Geld-Beschaffungsmaßnahmen entschieden. Sehr
schnell Geld verdienen, sowas findet man im Internet unter
Escort-Service. Dort suchen ältere Freier junge Callboys. Diese Idee
finden auch die anderen Junges Pacman (Theo Colbi), Minh (Adrien Binh
Doan), Guillaume (Ben Yaiche Ryan), Toff (Terin Maxime) oder dessen
Kumpel (Valentin Charles) ganz brauchbar.
Die junge Marie (Diane Rouxel) hängt sehr oft mit den Skatern ab,
auf der Straße und Nachts auf den angesagten Elektro-Partys. Auch die
Klamotten kosten Geld und so verkaufen sie ihre Körper. Was nicht ohne
emotionale Folgen bleibt...
Es endet gar katastrophal. Natürlich wird dies alles mit dem
Smartphone dokumentiert und Gay gibts nur für Pay, was schließlich JP
irgendwann zu einer Verzweiflungstat treibt. Ein Film über den Verlust
der Selbstachtung. Wieder gelingen Larry Clark einige gute Szenen, aber
diesmal treibt er die Provokationen doch zu sehr voran. Es gibt bizarre
Fußfetisch-Sexszenen mit den alten Freiern, der Kontrast Jung und Alt
wird hier von Clark genüsslich, enorm provokant und zu voyeuristisch
ausgeschlachtet, noch schlimmer ist die Szene zwischen Math und seiner
Mom (Dominique Frot), die ihrem Sohn unverholen an die Wäsche will. Man
hat manchmal den Eindruck, dass Clark hier seinem eigenen Voyeurismus
erlegen ist, wenn er bald jede neue Szene mit einer Naheinstellung in
den Schritt des Jungen beginnt. Hier wäre weniger viel mehr gewesen und
diese Szenen sind dramaturgisch gar nicht notwendig. "The smell of us"
ist darüberhinaus bislang Clarks fragmentarischster Film, er wirkt
beinahe episodenhaft. Seinen Figuren gesteht er diesmal nur wenig
Sympathie zu, er inszeniert sie als echte Egoisten ohne Ziele.
Interessanterweise hatte er aber wieder ein glückliches Händchen beim
Auswählen seiner Darsteller, denn die wirken echt und authentisch.
Viele der Skateboard Szenen wurden in der Nähe des Palais de Tokyo (16.
Arrondissement) gedreht. dort liegt auch das Museum für moderne Kunst,
wo Clark vom 8. Oktober 2010 bis 2. Januar 2011 eine Retrospektive
gewidmet wurde. Dort agieren auch die Jugendlichen auf der Straße, die
Kunst findet gegenüber statt, ohne dass sie von den "Kids" wahrgenommen
wird.
Bewertung: 6 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen