Regie: Todd Haynes
Kranke Liebe....
Auf Musikfilme (Velvet Goldmine, I´m not there) und nostalgische Melodramen (Dem Himmel so fern, Mildred Pierce (TV-Serie) scheint Regisseur Todd Haynes spezialisiert zu sein. Auch sein neuer Kinofilm "Carol" ist - ähnlich wie der 2002 entstandene und vielgelobte "Dem Himmel so fern" - eine Hommage an die unvergessenen Technicolor-Dramen von Douglas Sirk, der wie kein anderer zu seiner Zeit einengende Moralvorstellungen und auch Rassenvorurteile beschrieb - meistens anhand von stil- und gefühlvoll inszenierten Frauenschicksalen. Wenn Todd Haynes mehr Filme machen würde, dann wäre er sicherlich der legitime Nachfolger der aus Hamburg stammenden Hollywood-Regielegende. Denn es dauerte immerhin 13 Jahre bis er mit "Carol" einen filmischen Verwandten zu "Dem Himmel so fern" realisierte. In beiden Fällen sind die Hauptfiguren Frauen. Und jedesmal gabs für die Darstellungen Oscar-Nominierungen. Julianna Moore gelang dies bei der Oscar Verleihung 2003 - musste sich aber durch Nicole Kidman in "The Hours" geschlagen geben. Für "Carol" gabs gar zwei Nominierungen in der Schauspielerinnen Kategorie. Cate Blanchett, zweifache Oscarpreisträgerin (Aviator, Jasemine) verlor aber gegen Brie Larson. Und Rooney Mara unterlag der schwedischen Senkrechtstarterin Alicia Vikander in der Kategorie der besten Nebendarstellerin. Beeindruckend sind diese beiden Darstellungen aber dennoch. Auch wenn es manchmal so wirkt, als wären diese beiden Frauen unnahbar und fremd. Aber dieses künstliche Agieren ist m.E. sogar ein Vorteil, denn es unterstreicht für mich das enge Korsett in den miefigen und sexualfeindlichen 50er Jahren, wo alles schön glänzt auf der Oberfläche. Aber wo so vieles unterdrückt werden muss, weil gleichgeschlechtliche Liebe entweder a) extrem krankhaft und widernatürlich und b) strafbar ist. Der Film entstand nach dem Roman "Salz und ihr Preis", den die berühmte Patricia Highsmith unter dem Pseudonym Claire Morgan schrieb.
Im New York der 50er Jahre treffen sich zwei Frauen während des Weihnachtstrubels. Therese (Rooney Mara) arbeitet als Verkäuferin in der Spielwarenabteilung eines Kaufhauses. Die elegante Carol Aird (Cate Blanchett) sucht ein passendes Geschenk für ihre kleine Tochter Rindy. Leider ist die Puppe, die das Mädchen sich wünscht, schon vergriffen. Carol fragt die Verkäuferin, was sie sich gewünscht hat als sie vier Jahre alt war. Als Antwort kommt "eine Eisenbahn" - die attraktive Kundin entscheidet sich für diesen Vorschlag und lässt ihre Handschuhe am Tresen liegen. Ein Zufall ? Jedenfalls führt dies zu einem Treffen. Carol lädt Therese zu sich nach Hause ein. Von der Gastgeberin erfährt Therese, dass deren Scheidung läuft und der Noch-Ehemann Harge (Kyle Chandler) immer noch ein Weiterführen der Ehe wünscht. Carol ist eine faszinierende Frau, die wohl früher eine Affäre mit ihrer Freundin Abby Gerhard (Sarah Paulson) hatte. Dies schreckt Therese vielleicht ein bisschen ab, aber sie fühlt sich dennoch immer stärker zu Carol hingezogen. Die beiden Frauen treffen sich so oft es geht. Sehr zum Leidwesen von Thereses Verlobten Richard (Jack Lacy). Währenddessen schreckt Harge aus rasender Eifersucht nicht mehr zurück, Carole das Sorgerecht ganz zu entziehen. Und seine Chancen stehen gut. Denn eine Frau mit einem unmoralischen Lebensstil kann wohl kaum eine gute Mutter für die kleine Rindy sein...
Ursprünglich war John Crowley als Regisseur vorgesehen. Der musste aber aus Termingründen absagen. Haynes sagte zu, weil der historische und soziale Kontext und die erneute Zusammenarbeit mit Cate Blanchett ihn motivierten den Film zu machen. Das Ergebnis ist ein sehr trauriger Film, denn er handelt von Liebe, die an der Moralvorstellung und an den Normen zuerst einmal scheitern muss. Auch die Frauen sind sich nicht so sicher, wohin denn der Weg gehen sollte. Das Selbstbewusstsein und die Sicherheit der eigenen Gefühle sind gestört. Ausserdem legt die Gesellschaft unüberwindbare Prügel in den Weg. Sehr gut hat Haynes die Entwicklung der beiden Frauen erzählt. Denn aus der scheinbar selbtsicheren Carol wird zunehmend ein Nervenbündel, die sich dann auch zum Psychiater begibt, nur um die Chance zu wahren ihre geliebte Tochter doch wieder sehen zu dürfen. Die eher schüchterne Therese dagegen wandelt sich positiv und geht - obwohl von Carol verlassen - irgendwann mental gestärkt aus dieser Affäre. Sie traut sich was und kann ihr großes Hobby "Fotographieren" auch beruflich nutzen und aufsteigen. Schauspielerisch ist das große Klasse und auch Kamera (Edward Lachman) und Soundtrack (Carter Burwell) beeindruckend.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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