Regie: Margarethe von Trotta
Juliane und Marianne...
Beim deutschen Filmpreis 2019 bekam die Regisseurin Margarethe von
Trotta für ihr Lebenswerk den Ehrenpreis für ihre herausragenden
Verdienste um den deutschen Film.
Die am 21. Februar 1942 in Berlin geborene Filmemacherin war von
1971 bis 1991 die Ehefrau von Volker Schlöndorff. Gemeinsam realisierten
die beiden die brilliante Heinrich Böll Verfilmung "Die verlorene Ehre
der Katherina Blum" und einige Monate später wagte sie den
Regie-Alleingang mit "Schwestern oder die Balance des Glücks".
1981 entstand mit "Die bleierne Zeit" vielleicht ihr bester Film
noch vor "Rosa Luxemburg" aus dem Jahr 1986 - beide Filme erhielten das
Filmband in Gold. "Die bleierne Zeit" wurde darüberhinaus auch in
Venedig mit dem Golden Löwen ausgezeichnet.
In "Die bleierne Zeit" widmet sich die Filmemacherin der von der
RAF geprägten Zeit in dern 70er Jahren. Angelehnt an das Schicksal der
Ensslin-Schwestern zeigt von Trotta in deutlicher Schärfe den stillen
Übergang von persönlicher Überzeugung in Fanatismus.
Im Film heißen die beiden Schwestern Juliane (Jutta Lampe) und
Marianne (Barbara Sukowa), die beide als Kinder noch das Ende des 2.
Weltkrieges mitbekommen und im Nachkriegsdeutschland aufwachsen. Der
Vater (Franz Rudnick) ist ein evangelischer Pfarrer, die Mutter (Doris
Schade) lässt den autoritären Partner gewähren. Der erzieht die beiden
Töchter sehr streng (Julia Biedermann spielt die 16jährige Marianne, und
Ina Robinski die 17jährige Juliane) und sehr früh schon ist Marianne
eher die stille und sanfte, Juliane eher rebellisch. Beide Schwestern
leiden aber unter der autoritären Kälte ihres Elternhauses, sie erleben
diese Zeit als bleiern. Das Land ist nach dem Krieg erstarrt - dann
werden sie mitgerissen von den 68ern und jede will ein Teil der
Veränderung werden. Juliane wählt einen langsameren, bedachten Weg. Sie
arbeitet irgendwann engagiert für eine Frauenzeitschrift, sie setzt sich
für Frauenemanzipation ein und protestiert mit anderen Frauen für die
Abschaffung des § 218.
Aus Marianne wird aber eine Terroristin, die langsam immer mehr im
Untergrund verschwindet. Die Schwestern entfremden sich dadurch, bald
verbindet sie nichts mehr. Eines Tages taucht Mariannes ExMann mit dem
gemeinsamen Sohn Jan (Patrick Estrada Pox) bei Juliane auf und bietet
diese das Kind bei sich aufzunehmen. Er fühlt sich als Alleinerzieher
einfach überfordert. Juliane sagt für einige Tage zu, doch der Vater
begeht Selbstmord. Also wohin mit dem Kind ?
Marianne sucht einmal Unterschlupf bei ihrer Schwester und dessen
Freund (Rüdiger Vogler) , doch der Empfang ist alles andere als
herzlich. Marianne verschwindet wieder und wird später verhaftet. Sie
hat Isolationshaft und die Besuche werden total überwacht. Die Gespräche
werden mitgehört, finden in einem leeren Raum statt, zwei Wächterinnen
sind dabei, ebenso ein Stenograf, der die Gespräche dokumentiert. In
diesen Besuchen werden die beiden Schwestern sehr emotional, schreien
sich an...aber sie kommen sich langsam wieder näher. Dann bringt das
Fernsehen die Nachricht von Tod der inhaftierten Terroristin...
Margarethe von Trotta hat ihren Film in vielen Szenen
kammerspielartig inszeniert und der Stil erinnert sehr an die 70er Jahre
Filme von Ingmar Bergman. Am Ende will Juliane beweisen, dass ihre
Schwester ermordet wurde, doch niemand scheint an der Wahrheit Interesse
zu haben. Dabei brachten beide Schauspielerinnen Barbara Sukowa und
Jutta Lampe sehr viel Einflühlsamkeit mit, um in ihren Rollen zu
überzeugen. Die Jugend der beiden Schwestern wird in Rückblenden
verdeutlicht. Dabei ist die Aufführung von Alain Resnais "Nacht und
Nebel" in der Schule ein Schlüsselerlebnis für die beiden Teenager. Es
wird sogar ein politisches Erweckungserlebnis für Beide.
Die Regisseurin selbst legt ihren Fokus nur auf die beiden
Schwestern. Sie nimmt keine poliitsche Wertung vor. Die Perspektive ist
die der beiden Frauenfiguren und deren Umgang mit einer zeit, in der
sich viele Veränderungen ereigneten.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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