Regie: Francesco Rosi
Cadavre Exquis...
Francesco Rosi (1922 bis 2015) war einer der großen italienischen
Filmregisseure, der sich vor allem durch seine neorealistischen
Mafiafilme wie "Wer erschoss Salvatore G?" und "Hände über der Stadt"
auch international einen ausgezeichneten Ruf erwarb. Mit dem poetischen
Kinofilm "Christus kam nur bis Eboli" aus dem Jahr 1979 änderte er
seinen bisherigen Filmstil. Er wurde während seiner Schaffenszeit mit
mehr als 30 internationalen Film- und Festivalpreisen ausgezeichnet.
Einer seiner überzeugendsten Filme ist der 1976 entstandene
Mafiathriller "Die Macht und ihr Preis" nach dem Roman "Equal Danger"
von Leonardo Sciascia. Der Originaltitel des Films heißt "Cadaveri
Eccellenti" und bezieht sich auf das von Andre Breton erfundene
surrealistische Spiel "Cadavre Exquis", in dem die Teilnehmer
aufeinanderfolgende Abschnitte einer Figur zeichnen, ohne zu sehen, was
die vorherige Person gezeichnet hat, was zu unvorhergesehenen
Ergebnissen führt. Damit beschreibt dieser Titel auch den
unvorhergesehenen Vorstoß von von Inspektor Amerigo Rogas, gespielt von
Lino Ventura, in eine Welt der politischen Manipulationen.
Bereits die erste Szene gibt dem Zuschauer ein gewisses Unbehagen.
Der alte Ermittlungsrichter Vargas (Charles Vanel) besucht ein Museum in
Palermo. Dort läuft er durch eine Halle voller Mumien. Man hat das
Gefühl als würden diese Figuren mit ihm kommunizieren. Als er das Museum
verlässt, scheint draußen die Sonne. Ein trügerischer Augenblick, wie
sich kurze Zeit später herausstellen wird. Denn der Richter, der es
vorzieht nicht zu seinem Chauffeur in den Wagen zu steigen, sondern ein
bisschen zu Fuß zu gehen, wird auf offener Straße erschossen. Der
angesehene Inspektor Rogas (Lino Ventura), bester Mann seines Faches,
nimmt die Ermittlungen auf. Dabei finden in der Stadt zeitgleich viele
Demonstrationen und Streiks statt. Das Land steckt in politischen
Spannungen zwischen den Kommunisten un der christdemokratischen
Regierung. Rogas ist ein Mann, der festes Vertrauen in die Integrität
der Justiz hat. Während seiner Ermittlungen werden zwei weitere Richter
auf die gleiche Weise ermordet. Rogas findet heraus, dass die drei
Todesopfer in mehreren früheren Fällen zusammengearbeitet haben. Er wird
vom Polizeichef (Tino Carraro) ermutigt, diesen verrückten Serienkiller
zu finden, der es auf die Richter abgesehen hat. Er findet drei Männer
heraus, die von den toten Richtern höchstwahrscheinlich zu Unrecht
verurteilt wurden. Er glaubt zuerst, dass einer dieser Männer der Täter
sein könnte. Vor allem ein Mann in Cres, der wegen des Versuchs seine
Frau zu töten verurteilt wurde. Mrs.
Cres (Maria Carta) warf ihrem Ehemann vor, sie durch Vergiftung ihres
Milchreises zu töten, dem sie nur entkommen konnte, weil sie zuerst
ihrer verstorbenen Katze eine kleine Portion gegeben hatte. Immer mehr
keimt jedoch der Verdacht auf, dass er einem Staatsstreich auf der Spur
ist. Und er ist fest überzeugt, dass der Präsident des Obersten
Gerichtshofs (Max von Sydow) das nächste Opfer dieses undurchschaubaren
Komplotts auf höchster Ebene sein wird...
In weiteren Nebenrollen
sind Fernando Rey als Justizmiinister, Alain Cuny als Richter Rasto und
Paolo Bonacelli als Dr. Maxia zu sehen. Francesco Rosi zeichnet ein
erschreckendes Bild einer Elite, die fest entschlossen ist eine große
angelegte Verschwörung zu tätigen. Dazu nutzen sie die Tat eines
verrückten Rächers aus, um eine Vielzahl unabhängiger Richter aus dem
Weg zu räumen. Leider merkt der ermittelnde Kommissar zu spät, dass er
schon im Visier dieser Mörder ist. So endet "Die Macht und ihr Preis"
auch ungeheuer pessimistisch. Der Film gehört aber zweifelsohne zu den
Hauptwerken des Genres "Politthriller" und der Regisseur und die
Produzenten des Films wurden seinerzeit von der italienischen
Justizbehörden angeklagt. Lino Ventura spielt klasse und Kameramann
Pascalino de Santis (oscar für "Romeo und Julia") nutzte die
Gelegenheit die interessanten, sehr oft düsteren Drehorte in effektive
Bilder zu kleiden. So beginnt der Film in einem Museum, als stumme
Zeugen fungieren Mumien. Auch das Ende findet in einem Museum statt. Der
Kommissar schreitet durch eine Halle voller Büsten, wo er sich mit dem
Generalsekretär der Kommunistischen Partei trifft.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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