Regie: Stephen Daldry
Leb deinen Traum und fühl dich gut...
In den 80er und 90er Jahren wurden besonders innovative Filme aus
dem UK unter dem Begriff "New British Cinema" zusammengefasst. Die
meisten von ihnen hatten auch die gesellschaftlichen Entwicklungen im
Vereinigten Königreich seit der Thatcher Ära zum Thema. Filme wie "Mein
wunderbarer Waschsalon" (Stephen Frears, 1985), "Nackt" (Mike Leigh,
1993), "The Crying Game" (Neil Jordan, 1992), "Riff Raff" (Ken Loach,
1991) wurden große Erfolge. Etwa ab der Mitte der 90er Jahre bekamen
viele dieser kleinen Meisterwerke eine optimistischere Note. Mit "Ganz
oder gar nicht" von Peter Cattaneo oder "Billy Elliot"von Stephen Daldry
blieb zwar der sozialkritische Aspekt gewahrt, aber der Schwerpunkt lag
darin diese Kritik in ein Feel Good Movie einzubetten.
"Billy Elliot" sahnte bei der Vergabe der BAFTA Awards 2001 richtig
ab. Er wurde zum besten britischen Film des Jahres gekrönt.
Hauptdarsteller Jamie Bell und Julie Walters als Nebendarstellerin
siegten an diesem Abend ebenfalls. Ausserdem gab es weitere
Nominierungen. Bei der OscarVerleihung wurde der Film für drei Oscars
nominiert (Julie Walters, Lee Hall - Originaldrehbuch und Stephen
Daldry, Regie), ging allerdings leer aus. Mit einem vergleichbaren
sparsamen Budget von 3 Millionen Dollar konnte der Film an der Kinokasse
einen Umsatz von 109 Millionen Dollar erwirtschaften. So wurde "Billy
Elliot" nicht nur zum Klassiker, sondern es wurde auch ein erfolgreiches
Musical daraus gemacht.
Der Film spielt in der Zeit zwischen 1984 und 1985. Die britischen
Bergarbeiter streiken - die Lage ist auch in Nordengland äusserst
angespannt. Denn dort sollen etliche Bergwerke geschlossen werden. Es
kommt zu Straßenkämpfen zwischen den Streikenden und der Polizei. Die
Streikbrecher sind den Leuten verhasst. Auch Vater Jackie Elliot (Gary
Lewis) und sein älterer Sohn Tony (Jamie Draven) streiken für die gute
Sache. Der 11jährige Billy (Jamie Bell) geht zur Schule und passt auf
seine Grandma (Jean Heywood) auf, die an Alzheimer leidet. Der Junge ist
traurig, weil seine Mutter vor einiger Zeit gestorben ist. Er geht zwar
zum Boxen, weil auch der Vater mal boxte. Aber er interessiert sich
eher fürs Tanzen. Heimlich lässt er die Schallplatten seines Bruders
laufen und tanzt dazu. Eines Abends trainieren findet Mrs. Wilkinsons
(Julie Walters) Balletstunde gemeinsam in der Halle mit dem Boxen statt
und gebannt schaut Billy ihnen zu. Spontan macht er dort mit, obwohl
Ballett ja nur was für Mädchen ist. Er kommt wieder, bleibt beim
Boxtraining fern und übt stattdessen als einziger Junge Ballettschritte.
Debbie (Nicola Heywood), die kleine Tochter von Mrs. Wilkinson findet
das ziemlich cool, auch Billys Schulkamerad Michael (Stuart Wells) ist
begeistert. Als der Vater dahinter kommt, ist er entsetzt. Doch das wird
sich im Laufe dieses äusserst sympathischen Films noch ändern...
Die Songs von T. Rex (Get it on, Children of the Revolution, I love
to Boogie, Cosmic Dancer) passen zu der Tanzbegeisterung des kleinen
Billy Elliot hervorragend. Selten hat Musik so gut zum Inhalt gepasst
wie hier. Ausserdem sind auch The Style Council, Stephen Gately und The
Clash zu hören. Kameramann Brian Tufano (Quadrophenia, Trainspotting,
Kleine Morde unter Freunden) hat die Tanzszenen grandios festgehalten
und die Szenen sind oft poetisch und dennoch sehr kraftvoll. Ein Film,
der dafür plädiert, dass man seinen eigenen Traum leben kann und dies
auch machen sollte. Aus dem kleinen Billy, der die Aufnahmeprüfung des
Royal Ballet School in London schafft, ist am Ende ein erfolgreicher
Ballettänzer geworden, der als Solotänzer in Matthew Bournes Fassung von
Tschaikowskys "Schwanensee". "Billy Elliot" ist in jeder Phase ein
echter britischer Film - Regisseur Stephen Daldry legte damit seinen
Grundstein für den Erfolg in den USA. Dort drehte er die ebenfalls
überzeugenden Filme "The Hours", "Der Vorleser" und "Extrem laut...und
unglaublich nah".
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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