Regie: Andre Techine
Schriftsteller im Pfarrhaus von Haworth...
Der französische Regisseur Andre Techine debütierte 1970 mit dem
Film "Pauline haut ab". Der 1943 geborene Filmemacher wurde 1985 in
Cannes als bester Regisseur für seinen Film "Rendezvous" geehrt und
triumphierte 10 Jahre später bei der Verleihung der Cesars mit seinem
Überraschungshit "Wilde Herzen", der insgesamt vier Auszeichnungen
erhielt (Bester Film, bester Regisseur, bestes Drehbuch und beste
Nachwuchsdarstellerin Elodie Bouchez) und damit auch die Favoriten wie
"Die Bartholomäusnacht" oder "Leon der Profi" überflügelte. Einer seiner
schönsten Filme ist sicherlich der 1979 entstandene "Die Schwestern
Bronte", der nicht nur durch die wunderbare Kameraarbeit von Bruno
Nuytten (Brubaker, Jean Florette, Am Rande der Nacht, Possession, Das
Verhör) überzeugt.
Diese betörend schönen Aufnahmen machen diese Zeit im 19. Jahrhundert wieder lebendig.
Als Geschwister Bronte sind vier britische Schriftsteller bekannt,
die drei Schwestern Charlotte Bronte (Marie France Pisier), Emily Bronte
(Isabelle Adjani), Anne Bronte (Isabelle Huppert) und ihre Bruder
Branwell (Pascal Gregory). In dieser Zeit war die Rolle der Frau streng
geregelt, daher mussten die drei Schwestern ihre Werke zeitlebens unter
männlichen Pseudonymen schreiben. Lediglich der Bruder konnte unter
seinem bürgerlichen Namen veröffentlichen. Branwell hatte auch ein
ausserordentliches Talent als Maler. Sein Bild von sich und den drei
Schwestern schuf er im Jahr 1834. Die vier Kinder des Pfarrers Patrick
Bronte (Patrick Magee) sind künstlerisch äusserst begabt und der Vater hat ihnen vermutlich die künstlerische Ader
vererbt. Auch er schrieb als Amateurdichter gelegentlich Erzählungen,
Gedichte und theologische Essays. Die Mutter starb früh und so wurde die
Tante Elizabeth (Alice Sapritch) eine Art Mutterersatz. Vor allem
Branwell hing sehr an ihr. Die Familie lebt im Pfarrershaus in Haworth,
nahe dem Moor von Yorkshire. Eine karge und dennoch sehr schöne
Landschaft.
Techines Film braucht gar nicht so viel Dialog, die Bilder dieser
eher abgeschiedenen Gegend erzeugen die Stimmung und der Regisseur zeigt
vier Geschwister sehr subtil, die sich leidenschaftlich der
Schriftstellerei verschrieben haben. Drei Schwestern und ihr Bruder, die
hier in einem beengten Zuhause ihre Inspiration finden. Dabei
verzichtet Techine auf große Emotion, was dazu führt, dass die Vier dem
Zuschauer zwar irgendwie fremd bleiben, aber dennoch auf besondere Weise
faszinierend wirken. Der Film kam 1979 in die französischen Kinos und
wurde von mehr als einer halben Million Menschen gesehen. In Deutschland
sah man, trotz der klasse Bilder, kein großes Kinopotential und so
feierte der Film in der ARD seine deutsche Erstaufführung. Bei der Cesar
Verleihung 1980 bekam der Film eine Nominierung als beste Kameraarbeit
und eine weitere als bester Schnitt. Fürs Szenenbild hätte dies der Film
auch noch verdient, aber die Arbeit von Jean-Pierre Kohut-Swelko blieb
unberücksichtigt.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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