Samstag, 12. Oktober 2019
Bronson
Regie: Nicolas Winding Refn
Der gefährlichste Häftling Großbrittaniens...
Der kultige Actionheld der 70er Charles Bronson hatte Millionen Fans, einer davon war auch der Brite Michael Gordon Peterson, laut den Zeitung "der gefährlichste Häftling des Landes". Als er 1974 im Alter von 22 Jahren ein Postgeschäft überfällt, bekommt er 7 Jahre Knast aufgebrummt. Aus diesen 7 Jahren wäre ein reumütiger Häftling vielleicht schon nach 3-4 Jahren wegen guter Führung wieder freigekommen. Nicht jedoch dieser Peterson, der sich irgendwann in seiner Knastzeit den Künstlernamen "Bronson" zulegt. Aus diesen 7 Jahren werden insgesamt 34 Jahre (bei der Enstehung des Films) und 30 Jahre davon in Einzelhaft. Wie schafft man das ? Ganz einfach. Man muss immer mal wieder den durchgedrehten Schläger und Psychopathen spielen, der innert von Sekunden zur Kampfmaschine werden kann. Man muss im Nu zuschlagen und darf sich nicht davor scheuen die Konsequenzen zu tragen. Denn dies bedeutet auch die Lust an den Schlägen der Anderen, eine gewisse maschochistische Ader. Dies gepaart mit einer unbeugsamen Haltung sich nie brechen zu lassen, dies macht den Häftling "Bronson" aus. Als härtester Strafgefangener Englands veröffentlichte er aus dem Gefängnis mehrere Bücher über seine Erfahrungen.
Der dänische Filmregisseur Nicolas Winding Refn drehte im Jahr 2008 ein Biographie dieses Mannes, der nur in einem einzigen Kreislauf bestehen kann: Gewalt und Gegengewalt. Eigentlich will Michael Petersen ein Star werden und im Lauf der langen Jahre zermürbendem Gefängnisalltag ist ihm dies sogar gelungen, wenn man ganz spitzfindig sein möchte. Am Ende - man sieht Peterson in einem Käfig gefangen - hat das System, gegen das der Gefangene immer wieder rebellierte, doch gewonnen.
"Bronson" beginnt mit Szenen aus Petersens deliquentem frühen Leben. Schon in der Schule fiel er dadurch auf, dass er gerne anderen Menschen die Fresse polieren will. Dabei kommt er aus eine relativ geordneten Leben. Refn vermeidet psychologische Erkenntnisse. Zu keiner Zeit wird dem Zuschauer bewusst, warum sich dies Persönlichkeitsstörung so extrem entwickeln konnte. Inszenatorisch beweist der dänische Regisseur auch in seinem frühen Film eine große Originalität. So sind die Gewaltszenen mit viel schwarzem Humor durchtränkt, was alles etwas abschwächt und sogar zu manchen Lachern führt. Allerdings bleiben diese natürlich im Hals stecken. Zu diesem Empfinden passen dann auch seine imaginären Auftritte in einem Variete. Alles wirkt surreal und wird manchmal unterbrochen von diesen Auftritten im Vaudeville Style. Da er so aggressiv bleibt wird er irgendwann von seiner Knastzelle in die Psychiatrie verlegt. Dort läuft es weniger nach seinem Gusto, denn er bekommt bei Gewaltausbrüchen gleich mal unter Zwang eine Ladung Psychopharmaka und sabbert anschließend in einem Tagsaal aus dem Mund, er ist völlig handlungsunfähig. Er hat körperlich keine Kraft erneut Täter zu werden. Als Opfer erkennt er, dass er wieder ins Gefängnis muss und dies gelingt ihm mit einer Gewalttat, die er in dem Moment ausführt, in dem er sich wieder einigermassen kräftig genug fühlt. Sein Opfer überlebt, er selbst wird wieder ins Gefänngis gebracht, doch diesmal ist es ein Knast für psychisch Kranke Menschen. Im Jahr 1988 kommt er frei - doch dieser Zustand währt nicht lange an. Durch die unerfüllte Liebe zu Alison (Juliet Oldfield) wird er erneut straffällig. Dort macht er begeisternd weiter, wo er 70 Tage zuvor aufgehört hat. Immerhin setzt sich Gefängnisbibliothekar Andy Love (Mark Powley) für ihn beim Gefängnisdirektor (Jonathan Philipps) ein. Aber stattdessen macht Bronson seinen Fürsprecher zur nächsten Geisel, in froher Erwartung, dass er sich mit den Wärtern in Knüppeln wieder schlägern kann...
Refn zeigt die Gewaltausbrüche zunächst als Actionfeuerwerk, doch dies reduziert sich im Laufe der Geschichte immer mehr. Am Ende steht nur noch die logische Abstumpfung. Es ist aber vor allem Tom Hardys herausragender Leistung zu verdanken, dass der Film eine so hohe Wirkung erzielen kann. Und Nicolas Winding Refn setzt darauf nichts zu erklären, sondern nur zu zeigen. Ein Kindheitstrauma, dass den Mann so werden ließ wie er ist, sucht man vergebens. Wobei ich nicht an die Theorie glaube, dass Menschen nicht einfach so böse sind. Ich glaube daran, dass sie dazu gemacht wurden. Warum und vom wem auch immer. Sichtbar ist allerdings die völlig fehlende Empathie dieses Antihelden, er hat weder Mitleid noch Mitgefühl für sein Gegenüber. Er kennt nur Täter und Opfer und in dieser abwechselnden Position bewegt er sich auf seiner Schaukel hin und her.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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