Montag, 28. Mai 2018

Der Geschmack der Kirsche

























Regie: Abbas Kiarostami

Ein Lebensmüder sucht Komplizen...

Bei der Kritik ist "Der Geschmack der Kirsche" des iranischen Filmemachers Abbas Kiarostami aus dem Jahr 1997 ziemlich umstritten. Kritikerpapst Roger Ebert fand das in Cannes mit der goldenen Palme ausgezeichnetes Road-Movie ziemlich langweilig und tatsächlich erfordert "Ta´m E Guilass" - so der Originaltitel - doch etwas Geduld und Aufmerksamkeit beim Zuschauer, denn es passiert wirklich nicht sehr viel in den 99 Minuten Laufzeit.
Dennoch gewinnt der interessierte Zuschauer einen gewissen Einblick in den Alltag der Menschen des Landes. In diesem Falle anhand eines Mannes mittleren Alters, der sich entschlossen hat Selbstmord zu begehen. Selbstmord wird im Iran noch viel mehr geächtet als hier bei uns und es gilt vor allem als Tabuthema, denn es ist schon alleine durch die Religion streng verboten. Daher müsste man den Akt des Suizids auch alleine begehen, aber scheinbar hat der Herr Badii (Homayoun Ershadi) selbst Skrupel vor diesem Schritt. Zumindest hat sein Plan den Einschein, dass er den folgenschweren Schritt gar nicht mit sich alleine abmachen kann, sondern er sucht einen Komplizen, der dann in seine Geschichte eintauchen soll. Ein Loch hat er bereits ausgehoben. Er sucht einen Helfer, der ihn nach seiner Tat dort mit Erde zuschütten soll. Herr Badii hat vor Schlaftabletten in Überdosis zu nehmen und sich dann ins Grab zu legen. Am anderen Morgen - sehr früh um 6 Uhr - soll der Helfer dort sein und sollte der Tod eingetreten sein das Grab zuschaufeln. Ort des Geschehens ist eine hügelige Gegend am Stadtrand von Teheran, dort wird auch an einigen Stellen gearbeitet - aber dennoch ist es dort sehr ruhig, dass der Plan auch ohne Störung realisiert werden könnte. Am Anfang des Films sieht man den potentiellen Selbstmörder im Auto umherfahren. Er ist auf der Suche nach einem Mann, der Geld braucht und diesen seltsamen Job ausführen könnte. Viele Männer, die er anspricht, missdeuten die seltsame Kontaktaufnahme des Fremden. Ein Arbeiter hat auch das Gefühl, dass der Fahrer für sexuelle Dienst bezahlen will.
Also am Anfang der Fahrt hat der Mann gar kein Glück - doch er wird mutiger im Ansprechen von Menschen. Und bald sitzt ein sehr junger kurdischer Soldat (Ali Moradi) in seinem Auto. Der ist genauso irritiert wie ein Seminarist aus Afghanistan (Hossein Nouri), der aber auch religiöse Gründe anführt, warum er die Verzweiflungstat nicht gut findet. Der dritte mögliche Helfer ist der aus Azerbaidschan stammende, bereits ältere Tierpräparator Herr Bagheri (Abdolrahman Bagheri), der selbst schon einmal an dem gleichen Punkt war, aber dann von wohlschmeckenden Maulbeeren an der Tat gehindert wurde...




"Der Geschmack der Kirsche" ist sehr minimalistisch gestaltet - es wird auch nie erklärt, welche Gründe den Mann dazu bewegen aus dem Leben scheiden zu wollen. Und das Ende bleibt offen. Man sieht ihn zwar nachts im Grab liegen, doch dann setzt plötzlich Regen ein, der immer stärker wird. Möglicherweise eine gute Portion von schwarzem Humor am Ende ? Doch das Schlußbild ist das noch nicht. Denn Abbas Kiarostami hat sich dafür entschieden ganz am Ende noch seine eigene Filmcrew am Drehort "Grab" zu zeigen, die Aufnahmen sind mit Camcorder gemacht und bringen den Zuschauer wieder in die Realität zurück im Sinne von "es ist doch alles nur Film" - man kann darüber streiten, ob das Ende gut gewählt ist. Ich finde es nimmt dem Stoff ein bisschen die Brisanz, die diese Geschichte hatte. Kiarostamis Bildsprache ist sehr eigenwillig - die Menschen leben in einer Gegend der weiten Landschaften und Horizonten.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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