Dienstag, 15. Mai 2018

Diebe der Nacht

























Regie: Andre Techine

Aus verschiedenen Perspektiven...

Beim französischen Filmregisseur lässt sich auch ein gewisser Themenschwerpunkt herauslesen: Die Jugend. 1995 erhielt er als bester Regisseur den Cesar, sein melancholisches Coming of Age Movie "Wilde Herzen" gewann auch den Preis als bester Film des Jahres 1995 - trotz großer Konkurrenz wie "Die Barholomäusnacht", "Drei Farben Rot" oder "Leon der Profi".
Weniger bekannt, aber genauso sehenswert ist sein 1991 entstandener "Ich küsse nicht". Auch 2007 entstandener Beitrag zum HIV-Thema "Wir waren Zeuge" schilderte die Krankheit aus der Sicht des jungen Manu, gespielt von Nachwuchsstar Johan Libereau. Wieder wurde der Film für den Cesar nominiert. Und auch wenn in seinem 1996 entstandenen "Diebe der Nacht" lange Zeit nicht klar wird, wessen Geschichte der Film rückt am Ende doch wieder der Teenager Justin, gespielt von Julien Riviere, in den Mittelpunkt.
Von diesem Jungen wird auch die Geschichte im Off zuerst erzählt.
Dieser Junge wird mitten in der Nacht durch die Schreie seiner Mutter (Fabienne Babe) wach - sein Vater Ivan (Didier Bezace) ist tot. Und dessen Leichnam wurde an der Tür der Ville in den Rhone-Alpes abgegeben und liegt nun im heimischen Wohnzimmer. Der Junge ahnt, dass seine Familie ihm etwas verschweigt. Warum ist sein Großvater (Ivan Desny) so wütend auf seinen Onkel Alex (Daniel Auteuil), der bei den Bullen arbeitet. Bald weiß auch der Zuschauer mehr: Alex ist das schwarze Schaf der Familie, denn alle anderen sind Gangster - aber wie Geschäftsleute angesehen und organisiert. Von der Familie wird Alex deshalb wie ein Aussätziger behandelt. Der Film erzählt die Geschichte eines Überfalls und seine tödlichen Folgen (Ivan) in sieben Kapiteln und vier verschiedenen Perspektiven.
Nach dem Jungen Justin präsentiert Techine Rückblenden aus der Sicht von Alex. Danach wird Alex Geliebte Juliette Fontana (Laurence Cote) eingeführt, die der Bulle, der in Lyon arbeitet, durch eine Verhaftung im Milieu kennenlernt, sie als Polizeispitzel anheuern will, aber stattdessen mit der jungen Frau eine sexuelle Beziehung beginnt. Dabei kennt er auch deren kriminellen Bruder Jimmy (Benoit Magimel), der mit Ivan Geschäfte macht. Juliette hat ausserdem eine Beziehung zu der Philosophieprofessorin Marie Leblanc (Catherine Denueve).
Dies macht die Sache natürlich komplizierter und obwohl Alex den Coolen spielt, der nur am Sex interessiert ist, agiert er zunehmend eifersüchtig. Zusätzlich ist zu erkennen, dass Alex durch seine kriminelle Familie hin- und hergerissen wird. Er weiß, dass sein Bruder nicht nur einen gut gehenden Travestieclub unterhält, sondern auch ein Netzwerk von Autohändlern betreibt, die teure Autos stehlen und sie ins Ausland verkaufen. Am Ende steht der Abschied, aber auch der Neuanfang..



Für wen ist allerdings eine Überraschung. "Diebe der Nacht" erweist sich als gut gelungene Genremixtur. Ein wenig Polizeithriller, etwas mehr Gangsterfilm, bei dem die Amour fou auch nicht zu kurz kommt. Durch die originelle Erzählweise ist der Film etwas verschachtelt, was einen zusätzlichen Reiz beim Sehen hat. Darüberhinaus ist er klasse gespielt. Catherine Denueve überrascht mit der sehr ungewöhnlichen Rolle als sensible Lesbierin. Ein bisschen Femme Fatale ist aber in der Rolle der jungen Juliette angelegt - Laurence Cote spielt die Figur perfekt. Für Techine sind die Menschen wichtiger als die Action. Auf einfühlsame Weise bringt er die Figuren dem Publikum sehr nahe. Sehr geglückt auch die verschiedenen Perspektiven, die Techine gewählt hat. Sie führen dazu, dass man die Motive der Figuren verstehen kann und gelegentlich kommen auch Film Noir Elemente zum Tragen.
Wie bereits "Wilde Herzen" war "Diebe der Nacht" ein Thema für die Cesar-Verleihung. In insgesamt fünf Kategorien gabs Nomierungen: Bester Film, beste Regie, Beste Darstellerin Catherine Denueve, beste Nachwuchsdarsteller Benoit Magimel und Laurence Cote - die gewann auch den Preis.



Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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