Donnerstag, 17. Mai 2018

The Square

























Regie: Ruben Östlund

Moralischer Zufluchtsort...

In seinem 2014 inszenierten Film "Höhere Gewalt" nahm der schwedische Filmemacher Ruben Östlund (er schreibt auch die Drehbücher selbst) das Rollenbild des Mannes gehörig auf die Schippe, nachdem ein Familienvater bei einem Lawinenunglück im Moment der hereinprasselnden Katastrophe nur an sein eigenes Überleben denkt und seine Frau und die Kinder für kurze Zeit alleine ihrem Schicksal überlässt. Am Ende des Films herrscht auch ein bisschen Ratlosigkeit wie es weitergeht: Diejenigen Zuschauer, die den Film gesehen haben, können sich sicherlich gut an die Szene mit dem Reisebus und der anschließenden Wanderung ins Tal erinnern. Und auch in seinem neuen Film "The Square" macht der Schwede es dem Zuschauer nicht leicht, denn auch hier suggeriert das Schlußbild eine starke Irritation. Aber der Erfolg des satirischen Movies kann sich sehen lassen. Genau wie der Vorgänger wurde auch "The Square" für den Oscar und für den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film nominiert und vor allem bei der Vergabe des europäischen Filmpreise kam es zum großen Triumph für den Autorenfilmer. Sein Film siegte am Ende in fünd Kategorien: Bester Film, Beste Komödie, Bester Darsteller Claes Bang, beste Regie und bestes Drehbuch an Ruben Lstland.
"The Square" erweist sich mit einer recht ausufernden Laufzeit von 142 Minuten als opulent angelegtes Gesellschaftsepos mit vielen satirischen Momenten. So kommt der Bildungsbürger und der Kunstliebhaber, der sich in einem abgehobenen Museum aufhält oder darin arbeitet, in seiner Geschichte nicht besonders gut weg.
Darüberhinaus widmet sich "The Square" auch den verschiedenen sozialen Schichten sowie der Grenzen von Wohltätigkeit und Mitgefühl. Seine Hauptfigur Christian (Claes Bang) hat die nötige Arroganz, die es braucht, um als Kurator des X-Royal Kunstmuseums in Stockholm Eindruck zu schinden. Man sieht ihn sehr selbstbewusst bei einem Interview, das die Journalistin Anne (Elisabeth Moss) mit ihm führt. Wenig später wird Christian in einen Streit in der Fußgängerzone verwickelt. Eine junge Frau sucht augenscheinlich Schutz vor ihrem tobenden Freund und stellt sich ängstlich hinter Christian und einen weiteren Passanten. Der Konflikt löst sich Sekunden später auf, doch Christian vermisst sein Smartphone, seinen Geldbeutel und seine Manschetten. Mit Hilfe seines Mitarbeiters Michael (Christopher Laesso)  kann er aber die Position des Smartphones orten - irgendjemand aus einem großen Wohnblock in einer nicht so ganz exklusiven Gegend muss somit der Dieb sein.  Es entsteht folgende Idee: Jeder der ca. 50 Mieter des Blockes könnte es sein, also werden 50 Duplikate eines anonymen Briefes gemacht und jeder dieser Bewohner erhält in seinem Briefkasten die Aufforderung zur Rückgabe des Telefons und der Brieftasche.  Auf wunderbare Weise funktioniert diese Idee. Doch ein Brief kommt mit einer Drohung zurück "Enschuldige dich bei mir, dass Du mich als Dieb bezeichnet hast, sonst mache ich bei Dir Chaos"....als Schreiber des Briefes entpuppt sich ein kleiner Junge (Elijandro Edouard) der nicht locker lässt, weil seine Großeltern, bei denen er aufwächst, ihm alles verboten haben. Sie glauben er wäre ein Dieb und der Junge versucht Christian zu zwingen die Sache aufzuklären. Dieser denkt aber gar nicht daran, weil er ganz andere Sorgen hat. Ein von ihm nicht genehmigter Youtube Clip zu dem neuen Museumsprojekt "The Square" zeigt ein armes kleines Mädchen, dass inmitten dieses Squares in die Luft gejagt wird. "The Square" sollte aber ein öffentlicher Platz des Schutzes werden und wurde sichtbar für alle vor dem Museum platziert. Dieses Kunstprojekt von Lola Arias steht symbolisch für ein Heiligtum des Vertrauens und der Fürsorge. Jeder, der in diesem Viereck Schutz sucht, soll diese erhalten - alle darin teilen die gleichen Rechte und Pflichten. Natürlich sorgt der provokante Youtube Clip für einen extremen Aufschrei in den Medien, die Leute erkennen nicht, dass die Macher - zwei durchgedrehte Promotion-Jungs, gespielt von Daniel Halberg und Martin Sööder - einfach nur das Projekt möglichst effektiv bewerben wollten. Die Museumsleitung ist sich der harten Kritik ausgesetzt, ebenso Christian, der dafür die Konsequenz tragen soll und als Kurator zurücktreten wird. Und wenn es mal nicht so gut läuft im Leben, dann gestalten sich auch die Beziehungen als schwierig. Anne, mit der Christian Sex hatte, erhofft sich mehr von dem spontanen One Night Stand nach einer weiteren Begegnung im Museum...




Im Laufe des Films macht der Zuschauer auch noch Bekanntschaft mit Christians beiden kleinen Töchtern, die ihren Vater bei seinem ziellosen Treiben ein Stück weit begleiten. Sie kommen mit zum Hochhaus und suchen den Jungen, der eine Entschuldigung wollte. Vorher wird aber noch der Künstler Gijoni, der von Dominic West gespielt wird, im Museum zu seinen Werken befragt. Diese gestaltet sich störend, weil einer der Anwesenden Zuhörer unter dem Tourette-Syndrom leidet. Noch schräger ist die Szene mit einem gewissen Olg (Terry Notary), der vom Museum engagiert wurde in einer verwegenen Kunstperformance vor einem Galapublikum den wilden Primaten darzustellen. Die Performance läuft dabei aus dem Ruder und Oleg ist nicht der einzige Affe, der im Film mitspielt. Auch in Annes Wohnung ist einer, sie teilt ihr Appartment mit einem Schimpansen.
Interessanterweise bleibt die Geschichte um Christians Belange bis zum Schluß extrem interessant, dabei erweist sich diese Hauptperson immer mal wieder als unbelehrbarer Trottel und eitler Fatzke. Ruben Östlunds Humor ist sehr eigenwillig, aber auch immens unvorhersehbar, dass es eine Freude ist dabei zuzuschauen.
Ob diese existenzielle Krise, die der Protagonist dabei durchmacht, etwas heilsames hat, ist schwer vorauszusagen. Wahrscheinlich eher nicht - er wird weiterhin die Unterschicht ablehnen, auch wenn er in einer Szene des Films in der U-Bahn Unterführung seine Taschen für ein paar Minuten anvertraut: Dem Bettler, dem er vorher keinen Almosen gab - angeblich, weil er kein Bargeld mit sich führt.
Das im Film vorgestellte Kunstwerk "Spuare" existiert wirklich. Es wurde im Vorfeld des Filmes von Ruben Östlund gemeinsam mit Kalle Boman entwickelt und ist in der schwedischen Stadt Värnamo zu bewundern.





Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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