Regie: Jean Jacques Beineix
Der Fan und sein Idol...
Die Kamera von Philippe Rousselot wandert von den Logen hinunter
auf den Orchestergraben und dann auf die Bühne. Dort steht die
charismatische Diva Cynthia Hawkins, gespielt von Wilhelmina Wiggins
Fernandez, die vor dem gespannten Publikum die Arie Ebben, n´andro
lontana" aus der Oper "La Wally" des italienischen Komponisten Alfredo
Catalani (1854-1893). Im Filmjahr 1981 gelang dem französischen
Regisseur Jean-Jacques Beineix mit dieser Szene ein großer magischer
Kinomoment und darüberhinaus wurde sein stylishes Movie "Diva" ein
überraschender Welterfolg. Auch heute hat "Diva" noch immer viel von
seiner damaligen Faszination, obwohl gerade dieser Film so typisch für
die 80er und ein echter Zeitgeistfilm geblieben ist.
"Diva" zeichnet sich durch die hellen und auffälligen Farben aus,
die Macher legten viel Wert auf die Optik. So wurde damals dem
staunenden Zuschauer eine von der Pop Art inspirierte Wohnung eines
jungen Postboten präsentiert und man merkte schnell wie sehr der
ambitionierte junge Filmemacher Wert darauf legte einen Film zu machen,
der die Form vor den Inhalt stellt. "Diva" basiert auf dem gleichnamigen
Roman des schweizer Schriftstellers Daniel Odier, der eine Geschichte
über eine verbotene Tonbandaufnahmen erzählt, im Lauf der Handlung
kommen noch zwei weitere wichtige Aufnahmen auf Tonband hinzu. Alle drei
Aufnahmen sind heiß begehrt und daher wird auch fleißig Jagd auf diese
begehrten Stücke gemacht.
Eines davon befindet sich im Privatbesitz des jungen Postboten
Jules (Frederic Andrei), der heimlich während des Konzerts, dass die
Diva in Paris gab, illegal mitgeschnitten hat und nun in Besitz dieser
Kostbarkeit ist. Diese Aufnahme ist einzigartig, da die Sängerin sich
bisher geweigert hat, einen Plattenvertrag zu unterzeichnen. So kann man
die Diva nur in ihren Konzerten bewundern. Jules ist überglücklich,
dass er nun diese wunderbare Stimme auch Zuhause anhören kann. Doch zwei
Taiwanesen haben ihn in der Oper bei der Aufnahme beobachtet und die
beiden Männer sind Besitzer eines Schallplattenlabels und würden über
Leichen gehen die Aufnahme zu besitzen. Über Leichen gehen auch die
beiden Gangster Le Cure (Dominique Pinon) und L´Antillais (Gerard
Darmon), die auf offener Straße in Paris eine Frau wegen einer anderen
Tonbandaufnahme verfolgen. Die Frau hat dort brisantes Material über den
Chefkommissar Saporta (Jacques Fabbri), der Kopf einer Gangsterbande
sein soll, die in Drogengeschäfte und illegaler Prostitution verstrickt
ist. Durch Zufall gelangt auch die zweite Aufnahme an Jules, der dort
rein zufällig mit seinem Moped Post austrug. Er weiß aber nicht, dass er
die belastenden Beweise gegen den Oberganster Saporta in seiner
Posttasche mit sich trägt. Jedenfalls wird es auffällig, dass er in der
Folge ständig verfolgt wird. Zum Glück ist er ein exzellenter Mofafahrer
und kann die Verfolger in der Metro abschütteln. Doch er wird verletzt -
seine neue Bekanntschaft Alba (Thuy An Luu) erkennt, dass er Hilfe
braucht und kann auch ihren Freund Gorodish (Richard Bohringer) davon
überzeugen dem jungen Postboten zur Seite zu stehen. Und dieser Gorodish
ist äusserst einfallsreich und clever...
Und Richard Bohringer bekommt natürlich durch "Diva" einen großen
Karriereschub, der im in den 80er Jahren auch zwei Cesar Auszeichnugen
beschert: 1985 für "Die Abrechnung" und 1988 für "Am großen Weg". "Diva"
selbst wurde für fünf Cesars nominiert und gewann vier davon: Beste
Kamera, Bester Ton, beste Filmmusik sowie der Preis für das beste
Erstlingswerk.
Hervorragend sind die Bilder vom nächtlichen Paris, wo die
abenteuerlichen Verfolgungsjagden stattfinden und sich eine Menge an
Wendungen für den Zuschauer offenbaren. Vor allem der visuelle Part von
"Diva" ist erstaunlich, denn die Bilder erzeugen eine gewisse
Noir-Atmosphäre gekoppelt mit dem vorherrschenden Zeitgeist dieser
farbigen und schillernden 80er Jahre Dekade, die tatsächlich in vielen
Einstellungen zu spüren ist. Es herrscht eine radikale Ästhtetik vor,
der vielleicht sogar die Tendenz zur inneren Leere der Protagonisten
eindrücklich beschreibt, wenn man "Diva" auch inhaltlich tiefer
analysieren wollte. Doch der Bilck ins Innere bleibt verdeckt, weil das
Äussere solche Faszination bewirkt. Da wird eine kleine Szene im Regen
durch Paris zum Kunstwerk. Natürlich darf ein Citroen Oldtimer nicht
fehlen, auch zaubert Beineix irgendwann noch einen Leuchtturm her. "Wem
gehört der ? Gorodish ?" fragt Jules Alba und die antwortet "Warum
fragst du danach ? Ist doch egal ? Er ist einfach da und das zählt". Am
Ende gibts auch eine Versöhnung zwischen dem Fan, der die Grenzen des
Stars nicht beachtete - Jules gibt in der Schlußszene seinem Idol das
Band zurück und im leeren Theatre du Chatelet hört sich die Diva zum
ersten Mal sich selbst singen.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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