Sonntag, 17. April 2022

Der Zigeuner


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Jose Giovanni

Geächtet...

Jose Giovanni (1923 bis 2004) war ein Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Vor seiner Karriere hatte er ein sehr bewegtes Leben. 1948 wurde er wegen Erpressung zum Tode verurteilt, danach begnadigt und 1956 nach 11 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Er begann zu schreiben und sein Roman "Das Loch" wurde von Jacques Becker. Der Film erzählt die wahre Geschichte vom Ausbruch aus einem Pariser Gefängnis. Giovanni hat aus seiner Gefängnisvergangenheit und seinem Todesurteil nie einen Hehl gemacht. Er schrieb weitere Drehbücher für Filme von Jean Pierre Melville (Der zweite Atem), Claude Sautet (Der Panther wird gehetzt), Jacques Deray (Die Haut des Anderen) und Henri Verneuil (Der Clan der Sizilianer). Seine besten Regiearbeiten sind "Der Kommissar und sein Lockvogel", "Endstation Schafott", "Wie ein Bumerang" und "Der Zigeuner".
"Le Gitan" entstand 1975 und wurde von Alain Delon produziert, einem seiner bevorzugten Schauspieler. Der spielt den Schwerverbrecher Hugo Senart, genannt "Le Gitan". Gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen, wird der Mann gnadenlos von Kommissar Blot (Marcel Bozzuffi) und Inspektor Mareuil (Bernard Giraudeau) gejagt. Der gefürchtete Gangster rebelliert seit seiner Kindheit gegen eine Gesellschaft, die seiner Meinung nach die Angehörigen seines Volks von Kindheit an auf die Anklagebank setzen. Seine Laufbahn war vorgezeichnet, es blieb ihm nichts anderes als die Kriminelle Karriere. Von seiner Familie geliebt und versteckt und zeitweise immer wieder mti seinem beiden Gangsterkomplizen Jo Amila (Renato Salvatori) und Jacques Helman (Maurice Barrier) zusammen, um lukrative Überfälle zu planen und auszuführen. Senart bestraft die Männer, die ihn verraten. Er hat keine Skrupel zu töten. Er verachtet den Luxus und trinkt nur Wasser. Für den Kommissar ist er ein einsamer Wolf, der für sein Rudel jagt. Senart hat einen kleinen Sohn, den er natürlich nur heimlich sehen kann. Zur gleichen Zeit jagt die Polizei auch einen Juwelendieb und in Verdacht steht der versierte Gangster Yan Kuq (Paul Meurisse). Er ist ein ganz anderer Typ Verbrecher als Hugo Senart. Kuq liebt den Luxus, seine Coups sind minutiös geplant. Als er von einem erfolgreichen Einbruch bei einem Juwelier nach Hause kommt, streitet er mit seiner Frau, weil er nun weiß, dass sie einen heimlichen Geliebten hat. Bei diesem Streit stürzt die Frau vom Balkon und stirbt. Er ist sich sofort im Klaren, dass die Polizei bei der Untersuchung beide Vorfälle - Tod der Frau und Juwelenraub - miteinander verbinden könnte. Er beschließt unterzutauchen. Auf seiner Flucht kreuzt sich aber auch sein Weg mehrmals mit dem von "Le Gitan". Beide haben sich in einem Gasthaus in Champigny-sur-Marne eingeloggt, das von der resoluten Ninie (Annie Girardot) geführt wird...



Jose Giovannis Filme sind sicherlich nicht so stylistisch meisterhaft inszeniert wie die Klassiker von Jean Pierre Melville, aber es sind immerhin kleine dreckige Verwandte, die spannend und kalt serviert werden. So ist auch "Le Gitan" ein sehr überzeugender Vertreter des französischen Kriminalfilm, der auch nicht mit Sozialkritik spart und auch den Rassismus der Gesellschaft zum Thema hat. Alain Delon ist die perfekte Besetzung - ein gefährlicher Mann, hinter dessen Fassade aber auch ein unglücklicher, trauriger Mann steckt - was besonders die Schlußszene mit seinem kleinen Jungen und ein Kurzaufenthalt bei einem Tierarzt (Jacques Rispal) beweist.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Der Sträfling und die Witwe


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Pierre Granier Deferre

Sommer 1934...

Kinostar Alain Delon hat Anfang der 70er Jahre einige Filme zusammen mit Simone Signoret gedreht. "Die Löwin und ihr Jäger" von Jean Chapot im Jahr 1973 - 2 Jahre vorher wurden beide für "Der Sträfling und die Witwe" von von Pierrre Granier-Deferre engagiert.
Granier-Deferre drehte französische Filmklassiker wie "Ganoven rechnen ab", "Die Katze" oder "Adieu Bulle" - auch "Der Sträfling und die Witwe" gehört aufgrund der starken Schauspielerleistungen zu seinen besten Filmen.
Die Geschichte spielt im Sommer 1934 - ein unbekannter junger Mann (Alain Delon) kommt in ein Dorf. Der Mann scheint keinen festen Wohnsitz zu haben und gilt natürlich für die Menschen im Ort als Landstreicher. Er ist jedoch der Witwe Couderc (Simone Signoret) behilflich und trägt ihr einen schweren Gegenstand bis in deren Bauernhaus. Dort lebt die Frau mit ihren alten Schwiegervater (Jean Tissier). Die hasserfüllte Schwiegerfamilie (Monique Chaumette, Boby Lapointe) wohnt im Haus nebenan, ebenso die junge Nichte Felicie (Ottavia Piccolo), die Mutter eines unehelichen Kindes ist. Die Schwiegerfamilie versucht den Alten auf ihre Seite zu ziehen, damit sie an den Hof der Witwe kommen. Es gibt immer wieder Krach. Da die Witwe eine Arbeitskraft brauchen kann, stellt sie den unbekannten Fremden ein und beide kommen sich näher. Sie verliebt sich im Stillen in den jungen Mann. Doch der hat auch Augen für die junge Felicie. Bald gesteht er der Witwe, dass er der gesuchte Verbrecher Jean Lavigne ist, der aus dem Gefängnis geflüchtet ist. Sie verrät ihn nicht. Doch die liebe Verwandtschaft nebenan wird bald bei der Polizei vorsprechen....




Das Schlusswort lautet "1922 hatte Jean Lavigne, der Sohn des Physikers Etienne Lavigne, bei einem offiziellen Empfang zwei hochrangige Persönlichkeiten erschossen. Dem Gerichtspräsidenten, der ihn nach dem Gründen für die Tat fragte, hatte er geantwortet "Ich hatte genug". Der Film endet natürlich tragisch, denn die Polizei umstellt den Bauernhof, in dem sich Jean mit der Witwe verschanzt hat. Der Film lockte mehr als 2 Millionen Franzosen seinerzeit in die heimischen Kinos. Lobenswert die Kameraführung von Walter Wottitz, der die bedrückende Dorfatmosphäre meisterhaft einfangen konnte




Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 
 

Das Geständnis


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Constantin Costa-Gavras

Verhör und Folter...

Nach seinem Welterfolg "Z" für den er einen Oscar bekam, drehte der griechisch-französische Regisseur Constantin Costa Gavras mit "Das Geständnis" (Originaltitel: L´aveau) einen weiteren wichtigen Politthriller. Dabei wählte der Filmemacher einen dokumentarischen Stil, der die Beklemmung einer wochenlangen Folter noch verstärkt. Der Film basiert auf dem Tatsachenbericht des tschechoslowakischen Kommunisten Artur London, der einer der 14 Angeklagten des berüchtigten Slansky-Prozess war. Obwohl politisch linksstehend scheute sich der Filmemacher nicht auch die Greueltaten in einem kommunistischen System zu schildern. Seine Beschreibung soll die brutalen Machenschaften des Stalinismus bzw. des Totalitarismus. Der Slansky Prozess fand 1951 in Prag statt. Das Gericht verurteilte 11 der Angeklagten zum Tod durch Erhängen, drei Männer wurden mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe belegt. Einige Jahre später kamen die drei Gefangenen aufgrund einer Begnadigung wieder frei. Einer dieser Männer ist Artur Ludvik (Yves Montand) der im Film auch seinen Decknamen "Gerard" aus den Zeiten des Kampfes für die französische Resistance im 2. Weltkrieg trägt und der stellvertretender Außenminister der Tschechoslowakei ist. Ludvik und auch seine Frau Lise (Simone Signoret) sind natürlich überzeugte Mitglieder der kommunistischen Partei und der Regierung. Doch selbst seine Verehrung als Kriegsheld, kann nicht verhindert, dass der loyale Kommunist ins Visier der sowjetischen Geheimpolizei gerät. Zuerst bemerkt Ludvik, dass er vermehrt beobachtet wird und auch einige seiner Parteikollegen, die ebenfalls gute Posten in der Regierung inne haben.
Eines Tages wird Artur von einer Organisation, die sich selbst als "über der Regierungspartei stehend" bezeichnet, verhaftet und monatelang in Isolationshaft gehalten, ohne dass ihm der Grund dafür mitgeteilt wird. Seine Frau Lise und die Kinder werden von der Regierung im Unklaren gelassen und aufgefordert, zu ihrem eigenen Wohl zu kooperieren; Lise wird später aus ihrem Job als prominente Radiomoderatorin entlassen und von der Partei zur Arbeit in einer Fabrik gezwungen. Obwohl sie an ihren Mann glaubt, ist sie ebenso überzeugt von der Weisheit und ultimativen Güte der Partei.
Mit Hilfe von Gehirnwäsche, Schlafentzug und ständigem Hin- und Herlaufen wird Artur langsam dazu gebracht, imaginäre Verbrechen zu gestehen, darunter auch Verrat, und mit der Aussicht auf Strafmilderung geködert, wenn er kooperiert - einer der Vernehmer ist der intellektuelle Kohoutek (Gabriele Ferzetti). Von ihm erfährt er, dass seine Freunde ebenfalls verhaftet wurden und alle Männer in schwerwiegende Verbrechen gegen den Staat verwickelt sind. Es droht die Todesstrafe. Nachdem er schließlich seine angeblichen Verbrechen gestanden hat, wird Artur für einen öffentlichen "Prozess" vorbereitet, der live im Radio übertragen und in den Kinos gezeigt wird. Während seine Entführer ihm beibringen, vorbereitete Antworten auswendig zu lernen, erhält er kräftige Mahlzeiten, Vitaminspritzen und eine Sonnenlampe, um sein Aussehen nach Monaten der Auszehrung zu verbessern....







Der Film bekam eine Golden Globe Nominerung als bester Auslandsfilm des Jahres, verlor allerdings gegen "Der aus dem Regen kam" von Rene Clement. Endlose Folter-, Verhör- und Bedrohungsszenarien machten mitten im Kalten Krieg den film zu einem der härtesten Vertreter in seinem Genre. Gabriele Ferzetti (vor allem bekannt durch "Spiel mir das Lied vom Tod") liefert eine beeindruckende Leistung - genauso wie Hauptdarsteller Yves Montand, der für diesen Film exta 15 Kilogramm abnahm.






Bewertung. 9 von 10 Punkten.

Der unsichtbare Aufstand


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Constantin Costa Gavras

Ein Mann für spezielle Aufgaben...

Der Film "Z" gilt bis heute als einer der überzeugendsten Klassiker des politsch engagierten Kinos. In Szene gesetzt wurde der einflussreiche Politthriller von dem griechisch-französischen Filmemacher Constantin Costa Gavras, der auch anschließend diesem Genre treu blieb.
In dem 1970 entstandenen Nachfolgefilm "Das Geständnis" pragerte er die Foltermethoden in einem kommunistischen Staat an. Es folgte "Der unsichtbare Aufstand", der den Widerstand der Tupamaros gegen die von den USA unterstützte Militärdiktatur in Urugay zum Thema hatte. Auch sein Welterfolg "Vermisst" deckt die Machenschaften der Vereinigten Staaten während des Militärputsches 1973 in Chile auf.
Für "Z" bekam er einen Oscar, für "Das Geständnis" und für "Der unsichtbare Aufstand" bekam er eine verdiente Golden Globe Nominierung in der Kategorie des besten Auslandfilmes und für "Missing" erhielt er einen zweiten Oscar für das beste Drehbuch.
Auch wenn - wie schon zuvor in "Z" - der Staat nicht genannt wird, in dem sich die folgenden Ereignisse abspielen gibt es keinen Zweifel darüber, dass Costa Gavras mit diesem südamerikanischen Land Uruguay meint. Die Geschichte spielt 1970 in der Hauptstadt Montevideo. Inspiriert durch den Fall des als Entwicklungshelfer getarnten US-Agenten Daniel Mitrione, der ab dieser Zeit der Regierung in Urugay beratend zur Seite gestellt wurde. In Wahrheit ist der Mann jedoch als hilfreicher Berater für Unterdrückung und Folter bei den Sicherheitskräften des Landes tätig.
Im Film heißt er Philippe Michael Santore (Yves Montand), der offiziell Beamter der AID (Agency for International Development dort tätig ist. Der Film wird in Rückblenden erzählt. Vorher sieht man Szenen von einigen Großrazzien der Polizei. Schließlich findet man seine Leiche in einem in der Stadt abgestellten Auto. Der engagierte und sehr angesehene Journalist Carlos Ducas (O. E. Hasse) kann wie viele andere kritische Bürger nicht verstehen warum die Guerillagruppe ausgerechnet einen harmlosen Beamten - Berater sowie Kommunikations- und Verkehrsexperten -  entführen. Neben ihm wurde auch ein brasilianischer Konsul sowie der Sekretär der US-amerikanischen Botschaft entführt. Letzter wird sehr schnell von der Stadtguerilla wieder frei gelassen, dafür muss sich vor allem Santore dem Verhör der Entführer stellen. Dort fällt seine Tarnung, seine Schuld Helfer von Polizeidiktatur und Folterterror zu sein, ist schon lange aufgedeckt. Die Entführer versuchen auch, dass der Mann seine Schuld eingestehen kann. Zudem ist seine Entführung an die Freilassung einiger Revolutionäre geknöpft. Sollte die Diktatur den Forderungen nicht nachkommen, will man Santore erschließen. Die Entführung stürzt das Land in eine heftige Krise...



Einmal mehr überzeugt Yves Montand auf ganzer Linie. Hinter seiner sympathischen Art kommen sehr böse Abgründe ans Licht. Der Film regt wie alle anderen Filme von Costa Gavras sehr zum Nachdenken an. Die Machart ist sehr kompex, aber äusserst interessant. In Schlüsselrollen sind O.E. Hasse und Renato Salvatori perfekt besetzt.



Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Wenn das Fest beginnt....


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Bertrand Tavernier

Während der Pontcellac Verschwörung...

Nach seinem Regiedebüt "Der Uhrmacher von St. Paul" realisierte Bertrand Tavernier erneut einen Film mit den beiden Darstellern Philippe Noiret und Jean Rocheford. "Wenn das Fest beginnt..." (Originaltitel: Que la fete commence...) hieß der Film aus dem Jahr 1975, der erste von Taverniers Historienfilmen. Es folgten "Der Richter und der Mörder", "Die Passion der Beatrice", "Die Prinzessin von Montpensier" und "Captain Conan" - in allen diesen Werken beschäftigte sich der Filmemacher mit s.g. "Zwischenphasen" der französischen Geschichte, dh. mit Ereignissen, die üblicherweise nur selten filmisch aufbereitet worden sind.  "Wenn das Fest beginnt..." triumphierte als erfolgreichster Film bei der Vergabe der Cesars des Jahres 1976. Gleich vier Preise (Bester Hauptdarsteller Jean Rocheford, Beste Regie, bestes Szenenbild und bestes Drehbuch) gewann der Film, ausserdem war er auch in den Kategorien beste Musik, beste Nebendarstellerin Christine Pascal und bester Film nominiert. Die Geschichte spielt im Jahr 1719 - zu dieser Zeit fand die s.g. Pontcallec Verschwörung statt. Da König Ludwig XV noch ein minderjähriger Junge ist, wird die Regentschaft von seinem Großonkel, dem Herzog von Orleans (Philippe Noiret) übernommen. Ein liberaler Herrscher, aber auch ein berüchtigter Wüstling, dessen Hofstaat vor allem aus Prostituierten und zügellosen Genießern besteht. Sein Vertrauter ist der Geistliche Guillaume Dubois (Jean Rocheford), dessen Ruf äusserst zweifelhaft ist und der Trotz seiner Verachtung für Gott auf jeden Fall noch zum Erzbischof gewählt werden will. In der Bretagne herrscht Hunger und Not. Dort schmiedet der Marquis de Pontcallec (Jean-Pierre Marielle) ein Komplot gegen den Herzog von Orleans. Er plant einen Pakt mit König Philipp von Spanien, um den derzeitigen Herrscher zu stürzen. Auf diese Weise hofft der Adlige die Unabhängigkeit der Bretagne. Abbe Dubois erklärt es sich zu seiner Hauptaufgabe die Verschwörung zu stoppen, nutzt diese aber auch gleichzeitig für seine eigenen Ambitionen....





Am Ende rollen die Köpfe und der Zuschauer erlebt in diesem Historienfilm bereits die Vorboten der französischen Revolution, die mit dem Sturm auf die Bastille begann. Tavernier zeigt das zügellose Treiben am Hof und stellt darüberhinaus die Verzweiflung der Armen dar. Besonders am Ende des Films wird noch einmal drastisch auf diesen Gegensatz hingewiesen, als die königliche Kutsche rücksichtslos einen Bauernjungen überfährt und dessen Schwester vom Regenten Geld geschenkt bekommt. Nachdem der Herzog mit seinem Erzbischof die unfallstelle verlässt, setzt die Frau voller Wut und Hass die Kutsche des Königs in Brand. 




Bewertung. 7,5 von 10 Punkten.