Regie: Bertrand Tavernier
Joseph Bouvier, Serienmörder...
Der 1976 entstandene Kriminalfilm "Der Richter und sein Mörder"
gehört zu den besten Werken im Filmschaffen von Regisseur Bertrand
Tavernier. Bei der Vergabe des Cesar im Jahr 1977 gewann der Film in den
Kategorien Hauptdarsteller (Michel Galabru), bestes Drehbuch (Bertrand
Tavernier gemeinsam mit Jean Auvrence) und beste Musik von Philippe
Sarde, der auch für seine Arbeit zu Alain Resnais "Barocco" in dieser
Kategorie ausgezeichnet wurde.
In "Der Richter und der Mörder" heißt der wahrscheinlich
geisteskranke Mörder Joseph Bouvier - die Filmfigur wurde durch den
echten Fall des Joseph Vacher inspiriert. Facher, geboren am 16.
November 1869 in Beaufort und hingerichtet am 31. Dezember 1898 in
Bourg-en-Bresse, wurden Dutzende von sadistischen Morden zur Last
gelegt. Er schlitzte seinen Opfern - Frauen und Jugendliche beiderlei
Geschlechts - die Kehlen durch, vergewaltigte und verstummelte sie.
Vacher war ein ausgemusteter Sergeant, der zum Landstreicher wurde. Er
gestand diese Morde, berief sich allerdings auf seine Schuldunfähigkeit
aufgrund einer Geisteskrankheit. Dennoch wurde er durch die Guillotine
hingerichtet.
Der Kriminalfilm, der sich immer mehr als Psychogramm erweist,
spielt im Jahr 1893. Joseph Bouvier (Michel Galabru) wurde wegen seiner
Gewaltausbrüche vom Militär ausgemustert, weil er auf seine gro0e Liebe
Louise Leseuer (Cecile Vassort) schießt, nachdem diese seinen
Heiratsantrag ablehnte. Anschließend versucht er sich selbst zu töten.
Doch sowohl er als auch Louise überleben diese Tat. Er wird in eine
Irrenanstalt in Dole eingeliefert, dort kann man ihm jedoch nicht
helfen. Nach einigen Monaten wird er entlassen und er entschließt sich
als Landstreicher auf Wanderschaft zu gehen. Während dieser Zeit wird
Frankreich von einer Mordserie an jungen Frauen und Männern
überschattet. Die meisten Opfer waren Schäfer, daher liegt der Verdacht
von Richter Emile Rousseau (Philippe Noiret) nahe, dass diese Morde auf
einen einzigen Täter hinweisen und genau dieser Gesuchte könnte ein Mann
ohne Heimat sein sein, der durch das Land zieht. Tatsächlich wird
Bouvier bei einem erneuten Mordversuch von den Bauern gestellt und damit
hat der Richter seinen Mörder. Der gesteht auch alle Taten, aber sein
Geständnis ist so vage, dass es vor Gericht möglicherweise nicht zu
einer gerechten Verurteilung führen würde. Daher macht sich der
ehrgeizige Richter mit Hilfe seiner Mutter (Renee Faure) auf, dem Täter
Einzelheiten zu seinen Taten zu entlocken.
Bouvier selbst sieht sich als ein von Gott gesandter Engel, der gar
nicht anders handeln konnte - als Grund gibt er die Hilfeverweigerung
der Ärzteschaft in Dole an und dass ein Hund ihn gebissen hätte. Der
Richter glaubt nicht an den Wahnsinn des Gefangenen. Er baut ein
Vertrauensverhältnis zu Bouvier auf, damit er an Informationen kommt,
die das Todesurteil des Mannes erwirken....
Der Film lockte fast eine Million Franzosen bei seinem Erscheinen
ins Kino. Blier gab den beiden Schauspielern Philippe Noiret und Michel
Galabru die Möglichkeit ihr ganzes Können zu zeigen. In weiteren
Nebenrollen sind Isabelle Huppert als junge Freundin des Richters und
Jean Claude Brialy (auch er war für einen Cesar nominiert) als
exzentrischer Anwalt zu sehen. In der Geschichte wird auch immer wieder
auf den etwa zeitgleich stattfindenden Dreyfuß Prozess Bezug genommen.
Blier zeigt auch eine Gesellschaft im Umbruch - die alten Werte werden
endlich auch mal überprüft und eine neue Zeit kann beginnen. Insgesamt
eine sehr kluge und interessante Abhandlung über die Wahrheit und über
die Schuld bzw. Schuldfähigkeit eines Menschen, der von allen als
"Monster" gesehen wird.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen