Regie: Barbra Streisand
Student an einer Jeshiva...
Als Barbra Streisands ambitioniertes Film-Musical "Yentl" im Jahr 1983 in die Kinos kam, war das Echo zweigeteilt. Für die einen war der sensible Film, bei dem Streisand neben der Hauptrolle und dem Gesang, auch die Regie und das Drehbuch übernahm, ein feministisches Meisterwerk. Andere sahen sich bestätigt als der Film neben seinen Oscar- ( Amy Irving als beste Nebendarstellerin, die Songs "Papa can you hear me" und "The Way he makes me feel" Michel Legrand für die Musik und das Trio Walker, Tomkins und Davies für die beste Ausstattung) und Golden Globe Nominierungen (Streisand für die Regie, für den besten Film und als beste Darstellerin, Mandy Patinkin, Michel Legrand sowie der Song "The Way he makes me feel", auch in einigen Kategorien für die Goldene Himbeere nominiert wurde. So erhielt Barbara Streisand selbst die zweifelhafte Ehre als schlechteste Darstellerin und Amy Irving für die schlechteste Nebenrolle und Michel Legrand für die schlimmste Filmmusik möglicherweise ausgezeichnet zu werden. Am Ende gab es zum Glück zwei Golden Globes (Bester Film, beste Regie), einen Oscar (Michel Legrant), aber keine Goldene Himbeere. Gut so, denn "Yentl" wurde damals und das bis heute sehr unterschätzt. 1983 war das Jahr für "Zeit der Zärtlichkeit", doch Streinsands Film ist mindestens gleichwertig. Die Musik und die Songs bleiben unvergessen und die filmische Adaption nach der Isaak Bashevie Singers Kurzgeschichte "Yentl, the Jeshiva Boy" ist lustig, feinfühlig und intensiv. Kameramann David Watkins (Oscar für "East of Africa") fängt das osteuropäische Leben um die Jahrhundertwende in klasse Bildern ein. Es ist auch ein Film, der die Rolle der gesellschaftlicher Konventionen aufgreift und in Frage stellt. Yentl (Barbra Streisand) ist eine Frau, die 1904 in einem Schtetl namens Yanev in Osteuropa, wahrscheinlich in Polen oder Lettland lebt. Yentls Vater, Reb Mendel (Nehemiah Persoff), unterrichtet sie heimlich im Talmud, obwohl Frauen dieses Studium gemäß den Gepflogenheiten ihrer Gemeinde verboten ist. Yentl weigert sich, mit einem Mann verheiratet zu werden. Nach dem Tod ihres Vaters beschließt Yentl, ihr Haar kurz zu schneiden, sich wie ein Mann zu kleiden, den Namen ihres verstorbenen Bruders Anshel anzunehmen und eine Jeschiwa, eine jüdische Religionsschule in Bychawa, zu besuchen. Dort freundet sie sich mit einem Mitschüler, Avigdor (Mandy Patinkin) an und lernt dessen Verlobte Hadass (Amy Irving) kennen. Als sie herausfindet, dass Avigdor über den Tod seines Bruders gelogen hat (ein Selbstmord, keine Lungenentzündung, wie Avigdor behauptete), sagt Hadass‘ Familie die Hochzeit ab, da sie befürchtet, dass Avigdors Familie vom Wahnsinn befallen ist. Hadass' Eltern beschließen, dass sie stattdessen "Anshel“ heiraten soll, und Avigdor ermutigt seinen besten Freund "Anshel“, die Ehe einzugehen, damit Hadass jemanden heiraten kann, den sie kennt, anstatt einen Fremden zum Ehemann zu haben. "Anshel“ heiratet Hadass widerstrebend, damit Avigdor die Stadt nicht verlässt; die Ehe bleibt unvollendet – "Anshel“ behauptet, es sei eine Sünde, wenn sich eine Frau einem Mann hingibt, während sie einen anderen liebt. "Anshel“ beginnt, Hadass den Talmud beizubringen. Unterdessen entwickelt Hadass romantische Gefühle für "Anshel“, während Yentl sich selbst in Avigdor verliebt. Yentl bricht mit Avigdor zu einem Ausflug in die Stadt auf, der ihn für ein paar Tage von zu Hause wegführt. In ihrer Unterkunft in der Stadt offenbart Yentl Avigdor schließlich ihre wahre Identität. Zunächst glaubt Avigdor nicht, dass seine Freundin eine Frau ist, aber Yentl beweist ihre Weiblichkeit, indem sie ihm ihre Brüste zeigt. Als ein verwirrter Avigdor sie fragt, warum sie es ihm nicht gesagt hat, bricht Yentl in seinen Armen zusammen und zeigt, dass sie ihm ihr wahres Ich aus Liebe offenbart hat. Avigdor ist fassungslos, erwidert die Gefühle aber nach einem Moment des großen Schocks und bemerkt, wie schön Yentls Gesichtszüge sind. Die beiden küssen sich, aber Avigdor löst sich plötzlich von ihm, da er sich an Hadass erinnert. Yentl versichert ihm, dass ihre Ehe nicht gültig ist. Avigdor schlägt vor, dass er und Yentl durchbrennen. Yentl erkennt, dass sie ihr Studium nicht fortsetzen kann, wenn sie Avigdor heiratet, und dass sie mehr vom Leben will, als eine Ehefrau zu sein. Yentl und Avigdor trennen sich, da sie wissen, dass sie sich immer umeinander kümmern werden. Es wird angedeutet, dass die Ehe von Hadass und "Anshel“ annulliert wird, da sie nie vollzogen wurde. Avigdor kehrt zurück, um Hadass zu heiraten. In der folgenden Szene sind die beiden wieder vereint und lesen einen Brief von Yentl, in dem sie erfährt, dass sie an einen neuen Ort geht und sie beide immer lieben wird. Yentl verlässt Europa auf einem Schiff in Richtung USA, wo sie hofft, ein Leben mit mehr Freiheit zu führen. Mit einem Lächeln im Gesicht beendet Yentl ihre Geschichte mit dem überragenden Filmsong "A piece of Sky", was ein erhabenes Schlußbild erzeugt...
"Yentl" spielte fast 70 Millionen Dollar ein und somit aus kommerzieller Sicht ein Hit. Man hat der Streisand damals vorgeworfen, dass es ihr nicht glaubhaft gelingt einen jüdischen Studenten zu spielen. Dazu sei sie mit über 40 Jahren viel zu alt. Ich sehe das anders. Im Nu hat der Zuschauer vergessen, dass hinter der Figur das bekannte Gesicht der Schauspielerin und Sängerin steckt - denn im Nu ist der Zuschauer verzaubert von dem Wagemut der Geschichte einer Frau, die konventionelle Regeln bricht und damit ein hohes Risiko eingeht.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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