Sonntag, 22. Juli 2018

Brimstone

























Regie: Martin Koolhoven

Böser Prediger....

Der niederländische Regisseur Martin Koolhoven hat sich für seinen neuen Film "Brimstone" sehr viel Zeit gelassen, denn dessen Vorgänger "Winter in Wartime" (Original: Oorlogswinter) stammt aus dem Jahr 2008 und war der holländische Beitrag fürs Oscarrennen um den besten ausländischen Spielfilm. Mit "Brimstone" hat er sich ins Westerngenre hineingewagt, er bereichert aber diese Filmgattung mit einem sehr besonderen "feministischen" Westernfilm, der das Leben der europäischen Immigranten im neuen Land zum Thema nimmt. Und auch deren fundamentalistischen Glauben - nicht nur in der Gestalt des völlig fiesen Reverend (Guy Pearce), der sichtlich dem falschen Priester und Psychopathen Harry Powell aus Charles Laughtons Meisterwerk "Die Nacht des Jägers" nachempfunden ist. Am deutlichsten wird dies in zwei Szenen, die fast schon 1:1 dem Original nachempfunden sind. Auf der Flucht von Liz (Dakota Fanning) mit ihrem Adoptivsohn Matthew (Jack Hollington) und Töchterchen Sam (Ivy George) fällt der Satz "Gibt er denn nie auf ?" gerade in dem Moment als die Flüchtenden wieder den Gesang des Priesters, der sie verfolgt, in der Ferne hören. Eine andere Szene zeigt Liz auf der Veranda im Schaukelstuhl, bewaffnet mit der Knarre - in "Die Nacht des Jägers" war es Lilian Gish, die vom Regisseur so in Szene gesetzt wurde. Und dieser Mann Gottes ist tatsächlich die Ausgeburt der Hölle - er spricht ja selbst davon, dass er der reißende Wolf ist, der im Schafspelz auftaucht. Tatsächlich ist "Brimstone" ein sehr interessanter Genrebeitrag, ein Western, der lediglich in der Optik des Westerns gemacht ist, aber ansonsten mehr Thriller und Rachefilm ist.
Aufgebaut ist "Brimstone" in vier Kapitel, die ihrerseits auch wieder sehr eigenwillig angeordnet sind.
Der erste Part "Offenbarung" zeigt Liz, die auch als Hebamme ihr Geld verdient, als stumme Ehefrau des Farmers Eli (William Houston) im Sonntagsgottesdienst, den der neue Priester (Guy Pearce) abhält. Liz erzittert beim Anblick des Geistlichen als wenn der leibhaftige Teufel aufgetaucht wäre. Als der Mann Gottes eine Schwangere begrüßt und diese berührt, bekommt sie Ängste. Und tatsächlich wird sie nach dem Gottesdienst noch als Geburtshelferin fungieren müssen, denn die Frau bekommt in der Kirche ihre Wehen. Doch die Geburt erweist sich als gefährlich und so entschließt sich Liz eher die Frau  zu retten als das Neugeborene. Der Vater des toten Kindes ist ausser sich vor Wut und schießt ein paar Tage später ins Fenster des Schlafzimmers von Eli und Liz. Der Priester kommt zur Hilfe und kann den Aufgebrachten beruhigen, doch er kommt um Liz zu bestrafen, wie er sich in einem kurzen Moment äussert, als er allleine mit der stummen Liz ist. Doch es kommt noch schlimmer: Er droht der kleinen Sam was anzutun und sticht die Schafe von Matthew alle ab. Als er auch noch Eli meuchelt, flüchtet Liz mit den Kindern und der 2. Teil Exodus wird gezeigt: Hier wird die 13jährige Joanna (Emilia Jones) von einer chinesischen Familie gefunden und an ein Hurenhaus verkauft wird, dass von Frank (Paul Anderson) geleitet wird. Die Frauen haben kein gutes Leben. Als eine ältere Prostutierte der jungen Joanna bei einem Freier beistehen will, kommt es zum äussersten - sie erschießt den aggressiven Kunden und wird natürlich aufgehängt. Die Jahre vergehen - die kleine Joanna entpuppt sich als Liz aus dem ersten Kapitel. Sie arbeitet inzwischen in dem Etablissement. Der Ungehorsam der Prostituierten Elizabeth (Carla Juri) wird bestraft, indem man ihr die Zunge herausschneidet. Bald taucht in der Stadt ein Freier auf, der für eine Nacht alle Frauen auf einmal mietet - es ist der Reverend und wieder kann Joanna/Liz entkommen und die Flucht einschlagen. Kapitel 3 ist die Rückblende dieser Rückblende und zeigt die erste Zeit im neuen Land einer niederländischen Familie. Das Familienoberhaupt, der Vater ist Reverend und nicht glücklich mit seiner Frau Anna (Carice van Houten), die wenig Spass an den ehelichen Freuden hat. So hat der Mann Gottes in seinem kranken Gehirn bereits seine Tochter Joanna als Ehepartnerin auserkoren. Als die Eltern in der Stadt sind, wo der Reverend seiner ungehorsamen Frau eine Schandmaske anlegt, tauchen zwei Verletzte Halunken auf der Farm auf. Das junge Mädchen verarztet die Männer und versteckt sie im Schweinestall. Dann will der fiese Vater den Geschlechtsakt mit seiner Tochter vollziehen - es gelingt dem Mädchen die Flucht . Im 4. Kapitel wird die Flucht vom ersten Teil fortgesetzt. Es kommt dabei zum Showdown zwischen Vater und Tochter...




Martin Koohhovens Film ist sehr düster und grimmig und ich glaube es hätte dem Film generell gut getan, wenn der Regisseur etwas subtiler vorgegangen wäre. So reiht sich eine drastische Szene nach der anderen - dreimal gibts drastische Erhängungen zu sehen, einige explizit gezeigte Kopfschüsse, das Mädchen muss ein Schwein erschießen, ein blutiges totes Pferd liegt in der Einöde, den Schafen wurden brutal die Eingeweide entfernt und und und.
Hier wäre meines Erachtens weniger viel mehr gewesen. Denn die Story hätte auch gut ohne soviel drastische Szenen funktioniert. Der größte Pluspunkt von Koohlhovens Film ist für mich die Neuentdeckung Emilia Jones, die die 13jährige Joanna unheimlich gut spielt. Auch Dakota Fanning überzeugt in der Rolle der stummen Frau mit ihren vielen Geheimnissen. Guy Pearce in der Fußstapfen von Robert Mitchum. Die Rolle ist durchweg böse, da gibts kein Schwarz-Weiß und die Bosheit lässt auch keine Schattierungen zu. Somit auch hier irgendwie zu offensichlich und grobschlächtig konzipiert. Dennoch und trotz der Verweise auf ein überlebensgroßes Vorbild ist dem Holländer ein sehr interessanter Film gelungen, der auch kameratechnisch keine Wünsche offen lässt: Chefkameramann Rogier Stoffers stammt ebenfalls aus Holland und machte die Cinematographie der Filme "Der Mongole", "Disturbia" und "Quills".  Für "Der Mongole" erhielt er bereits den europäischen Filmpreis. Diesen Preis bekam auch "Brimstone" - allerdings in der Kategorie bestes Maskenbild, für das Leendert van Nimwegen ausgezeichnet wurde.





Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

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