Regie: Claude Bernard-Aubert
Dreifachmord nahe des Grand Terre Bauernhofs...
Claude Bernard-Auberts Gerichtsthriller "Die Affäre Dominici" aus
dem Jahr 1973 rollt einen aufsehenerregenden Mordfall aus dem Jahr 1952
wieder auf. In der Nacht vom 4ten auf den 5ten August 1952 campiert der
61jährige britische Wissenschaftler Sir Jack Drummond (Colin Drake) mit
seiner 44jährigen Frau Lady Anne Drummond (Jane Martel) und der
gemeinsamen 10jährigen Tochter Elizabeth (Nicole Giroux) nahe des La
Grand Terre-Bauernhofs, dass der Familie Dominici gehört. Die drei
übernachten direkt neben der Straße, nur wenig ausserhalb des Dorfes
Lurs im Departement Basses. Der Familienpatriarch Gaston Dominici (Jean
Gabin), zu diesem Zeitpunkt bereits weit über 70 Jahre alt, sieht die
Durchreisenden als er bei seinen Ziegen Halt macht und wird von dem
Mädchen der Drummonds noch kurz angesprochen. Dann bricht die Nacht
herein. Ein Blick auf den Hof des Bauern, kaum 200 Meter davon entfernt
die Straße und der Weg, auf dem die Briten ihr Nachtlager aufgeschlagen
haben. Dann fallen mehrere Schüsse. Am anderen Morgen findet Dominicis
Sohn Gustave (Viktor Lanoux) drei Leichen - es ist die britische
Familie. Mutter und Vater erschossen, das kleine Mädchen brutal
erschlagen - Kommissar Sebaille (Paul Crauchet) wird mit dem mysteriösen
Mordfall betraut. Und er steht unter mächtigen Druck, denn die
französische Regierung will so schnell wie möglich den Täter
präsentieren, denn die Briten machen Druck.
Tatsächlich liegt es sehr nahe, dass jemand aus dem Dominici-Clan
der Täter sein könnte. Doch die Familienmitglieder schweigen eisern - so
vage sind auch die Ermittlungsergbnisse. War es die Tat eines senilen
Unholds. Der Neffe des Patriarchen Roger Perrin (Gerard Depardieu) ist
leicht schwachsinnig und dort in der Gegend wird viel gejagt.
Möglicherweise wars gar ein halber Unfall ? Und auch letzte Reflexe der
französischen Resistance des 2. Weltkriegs werden in Betracht gezogen,
weil hier bei vielen Familien heimlich Waffen aus dem Krieg lagern.
Der älteste Dominici Sohn Clovis (Gerard Darrieu) wirkt bei den
Befragungen so als wüsste er wesentlich mehr. So bleibt der Kommissar
bei der Familie präsent, was dem Familienoberhaupt gar nicht gefällt. Er
verhält sich immer abweisender und versagt dem Ermittler auch die
Mitarbeit. Auch die Frauen der Familie sagen nichts - weder Ivette
(Genevieve Fontanel), Ehefrau von Gustave noch die alte Marie (Evi
Maltagiati), Frau von Gaston. Da die Ermittlungen nur schleppend
vorankommen, entwickelt der Ermittler eine Theorie: Es muss Sexualmord
gewesen sein, begangen vom alten Gaston Dominici. Tatsächlich gelingt es
ihm mit Fangfragen die beiden Söhne zu einer Aussage gegen den Vater zu
bringen. Gestützt von den beiden Geständnissen der Söhne, die den Vater
des Mordes bezichtigen, wird Gaston Dominici verhaftet und 1957 zum
Tote durchs Schafott verurteilt...
Dieses Gerichtsurteil war extrem umstritten, zumal Gaston Dominici
sein äusserst fragwürdiges Geständnis sofort auch widerrief und auch die
Söhne vor Gericht ihre Anschuldigung zurücknahmen. Sie begründeten die
Geständnisse mit dem Druck und der Brutalität in der Verhören der
Polizei. Sehr eindrücklich war auch das Geflecht diverser Lügen, dass im
Gerichtsprozess immer wieder den Rahmen sprengte. Dennoch kam der
Richter zu diesem harten Urteil - lediglich aufgrund fragwürdiger
Indizien - das Todesurteil für den 77jährigen Bauern wurde gemildert in
eine lebenslange Strafe und 1960 begnadigte Charles de Gaulle den Mann
aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes. Gaston Dominici starb 5
Jahre später - der Mörder, wer auch immer es war, nahm sein Geheimnis
mit ins Grab. Claude Berard-Auberts Film kann diese Frage zwar nicht
beantworten, doch für den Zuschauer wird es dennoch offensichtlich, dass
die Familie irgendetwas verschwiegen hat.
Alternative Theorien über die Hintergründe der ermordeten Briten
kursieren seit Jahrzehnten: Dominici habe einen seiner Söhne schützen
wollen, ist dabei noch die konventionellste Annahme. In anderen
Varianten der Geschichte war Sir Drummonds ein britischer Geheimagent,
der sich in Frankreich wahlweise mit früheren Verbündeten in der
französischen Résistance überworfen hatte oder dort von sowjetischen
Spionen getötet worden war.
Jean Gabin liefert in der Rolle des despotischen Angeklagten eine
wunderbare Vorstellung - es wurde eine seiner besten Darstellungen
seines Spätwerks.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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