Dienstag, 10. Juli 2018

Der seidene Faden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Paul Thomas Anderson
 
Liebe geht durch den Magen...
 
 Daniel Day-Lewis ist ein großartiger Schauspieler und der Einzige, der bislang drei Oscars als bester männlicher Hauptdarsteller gewinnen konnte. Den ersten Oscars gabs für "Mein linker Fuß", den zweiten für "There will be blood" und den dritten für seine Darstellung als "Lincoln" in Spielbergs gleichnamigen Film. Dem Mainstreamfilm hat er sich verweigert. Er lehnte eine Rolle in "Herr der Ringe" ab, weil sie mit seinem "Method Acting" nicht zu vereinbaren sei. Auch bei der Oscarverleihung 2017 fand man seinen Namen bei den besten Hauptdarstellern wieder. Mit seiner Rolle des Modedesigners Reynold Woodcock im Film "Der seidene Faden" von Paul Thomas Anderson konkurrierte er mit Gary Oldman, den Senkrechtstartern Timthee Chalamet und Daniel Kaluuya sowie Denzel Washington um die begehrte Trophäe.
Daniel Day Lewis und Paul Thomas Anderson sind ein Gespann, dass bereits erfolgreich in "There will be blood" zusammenarbeitete. Erneut gabs Beifall für das Kreativduo - der Film "Der seidene Faden" erhielt sechs Nominerungen für den Oscar: Bester Film, Bester Darsteller Daniel Day Lewis, bester Regisseur, beste Nebendarstellerin Lesley Manville, Beste Filmmusik und beste Kostüme. In letzterer Kategorie wurde Mark Bridges am Ende auch ausgezeichnet.
Interessanterweise ging die Luxemburger Schauspielerin Vicky Krieps bei der Vergabe der Nomierungen leer aus - sie hätte es auch verdient in dieser Kategorie berücksichtigt zu werden.
So unterschiedlich Paul Thomas Andersons Filme auch sein mögen: Sie sind immer sehr eigen und sonderbar auf extrem faszinierende Weise. Hier macht auch "Der seidene Faden" keine Ausnahme, der im Original "Phantom Thread" heißt.
Alle drei Hauptfiguren sind merkwürdig, zwei davon sind neurotisch geprägt. Eine weitere versteht sich als Giftmischerin, um heilsame Wirkungen freizusetzen. Klingt obskur und ist es auch.
Die Geschichte spielt in den 50er Jahren in London. Der rennomierte Modedesigner Reynold Woodcock (Daniel Day-Lewis) fertigt Kleider für die High Society an und wird von seinen Kunden regelrecht vergöttert. Sein Charisma und sein Genie sind aber gepaart mit einer obsessiven, kontrollierenden und egozentrischen Persönlichkeit. Der Ablauf des Tages ist genau struktuiert und minutiös festgelegt - seiner Schwester Cyrill (Lesley Manville) fällt die Aufgabe zu dies alles so zu managen, dass es keine unvorhergesehenen Störungen gibt und vor allem auch keine unliebsamen Überraschungen. Ein Abweichen dieses Lebensplanes würde den Maestro so sehr in Bedrängnis bringen, dass sein schöpferische Kreativphase sofort darunter leiden würde. Beide Geschwister sind unverheiratet geblieben, sie haben das modische Imperium von der Mutter sozusagen in die Wiege gelegt bekommen. Er pflegt auch den etwas skurrilen Tick, dass er versteckte Botschaften in die Auskleidungen seiner Kleider einnäht. Und Reynold braucht immer mal wieder eine Muse, die ihm das Leben verschönert. Doch diese Frauen haben es wahrlich nicht leicht. Sie haben sich völlig unterzuordnen und so ergeht es auch seiner Freundin Johanna (Camilla Rutherford). Inzwischen hat er genug von ihr, wie der Zuschauer bei einer Szene mit Frühstück zu dritt sehen kann. Ein normales klärendes Gespräch wird von Reynolds strikt abgelehnt, denn er zeichnet während des Frühstücks an seinen Entwürfen und da hat ein Konfliktgespräch kein Platz. Er gesteht in einem Gespräch mit seiner Schwester, dass er genug von Johanna hat. Für die Schwester bleibt die Aufgabe die Ex sanft aus dem Haus zu entfernen. Sie rät aber ihrem Bruder dringend ein bisschen auszuspannen und bei seinem Kurzurlaub lernt er die Kellnerin Alma (Vicky Krieps) kennen. Er fragt nach einem Date und sie akzeptiert. Die Beziehung entwickelt sich sehr zärtlich und schön, sie zieht bald mit ihm zusammen und wird so auch seine Assistentin, Muse und Geliebte. Immer etwas misstrauisch beäugt von Cyrill. Um ihm eine Freunde zu machen und vom stringenden Fahrplan etwas abzuweichen, arrangiert sie heimlich ein romantisches Abendessen. Dies führt zum ersten großen Zerwürfnis. Reynolds duldet keine Abweichungen seiner Routinen, an denen er jahrelang so hart gearbeitet hat, um sie zu perfektionieren. Alma vergiftet daraufhin Reynolds Tee mit Pilzen. Der bricht zusammen, beschädigt das Brautkleid für die belgische Prinzessin und zwingt sein Personal die ganze Nacht zu arbeiten, um es wieder zu reparieren. Alma pflegt ihn gesund und er bittet sie daraufhin um ihre Hand. Sie willigt ein. Doch es bleibt nicht bei der einen Vergiftung...





Der starke Partner und die sich schwach und nutzlos vorkommende Partnerin, die dann aber Erfüllung darin findet ihren Mann von schwerer Krankheit wieder aufzupäppeln. Da er aber Krankheiten und Schwäche nicht kennt, muss mit Giftpilzen nachgeholfen werden. Die Dosierung so zu steuern, dass er weder stirbt noch bleibenden Schaden nimmt. Aber einfach für einige Zeit die Oberhand in der Beziehung hat. So verkehrt sich die Konstellation von Stärke und Schwäche. Das Ende bleibt offen, aber es könnte funktionieren. Ein herrlich makabrer Stoff, hat sich Paul Thomas Anderson hier ausgesucht.
Der Regisseur selbst hat als Referenz Hitchcocks "Rebecca" genannt und tatsächlich gibts hier verblüffende Parallelen mit den dortigen Figuren. Statt einer toten Rebecca erscheint die tote Mutter von Reynolds. Er selbst ist tatsächlich ein mentaler Verwandter von Maxim de Winter und seine neue Frau steht immer im Schatten. Die Schwester Cyrill hat Züge von der bösen Mrs. Danvers, die immer mit Argusaugen über ihren Bruder und der neuen Frau wacht. Die Frau kämpft aber um ihr Glück, sie will keinesfalls die Rolle als Randfigur im Leben ihres Mannes sein, sondern eine lebendige Beziehung mit ihm führen. Da dies unmöglich ist, muss sie ihrem Plan nachhelfen. Hier wird dann das vergiftete Pilzomlett zum MacGuffin.





Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

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