Eifersüchtige Cousinen...
Für
den griechischen Filmregisseur Giorgos Lanthimos ist sein 2018
realisierter Historienfilm "The Favourite" fast schon ein sehr
konventioneller und publikumswirksamer Film. Das Einspielergebnis von
über 95 Millionen Dollar beweist dies auch eindrücklich. Lanthimos ist
sonst viel schräger und hat mit seinen bisherigen Filmen wie "Dogtooth",
"Lobster" oder "The Killing of a Sacred Deer" eine große Fangemeinde
und auch diverse Filmpreise errungen. Daher wirkt "The Favourite" auf
den ersten Blick wie eine Veränderung seiner bisherigen Richtung. Wobei
der Historienfilm in seinem Genre dann schon wieder schräg wirkt.
Erzählt
wird von der Regentschaft der Königin Anne Stuart (1665 bis 1714), die
ab 1702 regierte und nach der Vereinigung der einzelnen Königreiche im
Jahr 1707 die erste Königin des Königsreichs Großbritannien wurde. Anne
war auch die letzte britische Königin des Hauese Stuart und sie ist
nicht besonders gesund. Im Film wird sie von der britischen
Schauspielerin Olivia Colman gespielt, die für ihre Leistung sogar den
Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt. Im Grunde hat "The Favourite"
aber drei wichtige Darstellerinnen. Rachel Weisz spielt Sarah, die
Countess of Marlborough - sie ist die wichtigste Vertraute der Königin.
Emma Stone spielt Sarahs Cousine Abigail Hill, die zwar zur Familie
Marlborough gehört, doch aufgrund der Schulden ihres Vaters an einen
Gläubiger verkauft wurde und ihre Jugend als Magd verbrachte. Sarah
hilft ihrer Cousine zwar, doch die darf vorerst nur niedere Arbeiten
verrichten. Doch Abigail ist gerissen genug die Karriereleiter
hochzulaufen. Sie kann durch ihr Wissen über Naturheilkunde der Königin
ein Kraut gegen deren Gicht empfehlen und wird von Sarah als Zofe
befördert. Abigail ist nun auch näher dran an der Königin und sie merkt,
dass ihre Cousine sich auf die Kunst der Manipulation versteht und im
Hintergrund die Geschicke des Königsreichs bestimmt. So ist Sarah
unbedingt für die Fortsetzung des Krieges mit Frankreich und will das
die Königin mehr Geld für die Armee ausgibt. Sarahs Mann Mr. Marlboro
(Mark Gatiss) ist ein hervorragender Heerführer, weil derzeit in
Frankreich und ist natürlich auf Nachschub angewiesen, wenn man den
krieg gewinnen will. Der Politiker Robert Harley (Nicholas Hoult)
versucht zeitgleich die Königin davon zu überzeugen Frieden zu
schließen. Abigail entdeckt auch das Geheimnis der Königin und ihrer
Cousine. Die haben nämlich eine Liebschaft miteinander, teilen
miteinander manchmal das Bett und nennen sich Mrs. Freeman und Mrs.
Morley, wenn keine Zuhörer zugegen sind. Abigail weiß sich aber auch
einzuschmeicheln durch ihre Empathie mit den 17 Kaninchen der Queen.
Bald wird sie auch Geliebte der Königin. Sie hat natürlich egoistische
Pläne, denn die Heirat mit dem Höfling Samuel Masham (Jon Alwyn) könnte
sie wieder in den Stand des Adels bringen. Bald sind die beiden
Freundinnen der Königin harte Konkurrentinnen...
"The Favourite"
hat in Deutschland den Zusatz "Intrigen und Irrsinn" erhalten -
tatsächlich scheint dies das Programm des edel und exquisit
ausgestatteten Films (Kostüme von Sandy Powell und Szenenbild von Fiona
Crombie und Alice Fenton) zu sein. Die Bilder von Kameramann Robbie Ryan
sind ausserordentlich gut. Das gleiche gilt für den Soundtrack, den
Lanthimos für sein Historienspektakel ausgewählt hat. Es besteht
folgerichtig hauptsächlich aus barocker und klassischer Musik, enthält
Stücke von W.F. und J.S. Bach, Händel, Purcell, Vivaldi, Schubertund
Schuman. Komplettiert wird dies mit Werken des 20. Jahrhunderts wie
Kompositionen von Olivier Messiaen, Luc Ferrari und Anne Meredith und
alles passt perfekt zusammen. Lanthimos hat das Ganze als schwarze
Komödie konzipiert, zeigt zwei intrigante Cousinen und bekommt vor allem
mit der sensiblen Darstellung von Olivia Colman, die der
stimmungsschwankenden, labilen Königin eine besonders tragikomische Aura
verleiht. Sie sorgte auch für den einzigen Sieg bei der
Oscarverleihung. Alle anderen 9 Nominierungen, die der Film erhielt,
gingen leer aus.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.