Regie: Peter Farelly
Rassismus 1962...
Bei der 91. Verleihung der Oscars am 24. Februar 2019 im Dolphy
Theatre in Los Angeles ging Peter Farellys Überraschungskandidat "Green
Book" als bester Film des Jahres hervor. Insgesamt erhielt das Plädoyer
gegen Rassismus auch noch den Drehbuchoscar und Mahershala Ali erhielt
erneut nach "Moonlight" die Trophäe als bester Nebendarsteller.
Die Geschichte, die Farelly in "Green Book" erzählt ist als
Road-Movie konzipiert. Sie spielt im Jahr 1962 in einem Amerika, als die
Rassentrennung noch existierte. Sie nimmt den Zuschauer mit auf die
Reise, die der schwarze Jazz-Pianist Don Shirley (Mahershala Ali) mit
seinem von ihm engagierten weißen Fahrer Tony Lip (Viggo Mortensen) in
die Südstaaten unternimmt. Der hochtalentierte Pianist hat sich
entschlossen auch in diesem rassistisch geprägten Teil der USA seine
Tournee zu absolvieren. Shirleys Mitmusiker sind der Bassist George Dyer
(Mike Hatton) und der russische Cellist Oleg (Dimiter D. Marinov), die
allerdings ein seperates Auto haben. Die Tournee soll 2 Monate dauern
und Tony, der kurz zuvor im New Yorker Club "Copacabana" der Mann für
brenzlige Situationen war. Da der Club einige Monate wegen
Renovierungsarbeiten schließt, entscheidet sich Tony die Rolle als
Fahrer anzunehmen. Die letzte Show soll am 23. Dezember stattfinden, so
könnte es sogar möglich sein, dass Tony an Heiligabend wieder zuhause
bei seiner Frau Dolores (Linda Cardellini) wäre.
Als Schwarzer im Jahr 1962 in die Südstaaten zu reisen, ist leider
nicht einfach. Denn nicht alle Hotels, Restaurants oder Unterkünfte
nehmen dunkelhäutige Menschen auf. So fungiert der Reiseführer "Negro
Motorist Green Book" als große Hilfe, denn der listet auf wo man
willkommen ist.
Natürlich kommen sich die beiden ungleichen Männer auf dieser Reise
näher und am Ende hat sich sogar eine Freundschaft entwickelt...
Somit ist Peter Farellys Film eine Weiterentwicklung von Stanley
Kramers "Flucht in Ketten" und spielt ein paar Jahre später. Die
Tragikomödie zeigt in vielen Episoden die alltäglichen Ungerechtigkeiten
in einem von Weißen dominierten und bestimmten Land. Trotz der bitteren
Bestandsaufnahme eines weit verbreiteten Rassismus, hat Farelly seinen
Film auch als Feel Good Movie angelegt, denn die Freundschaft wird über
diese Alltagswidrigkeiten gestellt. Durch diese Machart ist auch eine
Ähnlichkeit zum französischen Blockbuster "Ziemlich beste Freunde"
gegeben. Als Buddy Movie scheint dieser Oscarsieger wie "Driving Miss
Daisy" zu sein, denn die etwas naive, aber dennoch effektive Prämisse,
dass alles Übel in der Welt schon überwunden werden kann, solange sich
Schwarz und Weiß über gesellschaftliche Hürden hinweg persönlich
näherkommen und verstehen lernen, führt auch hier zum Erfolg.
In den letzten Jahren hat sich Hollywood durch die Siege von Filmen
wie "12 Years a Slave", "Moonlight" und sogar "Shape of Water" redlich
bemüht den Blick auf gegenwärtige Rassismen in der amerikanischen
Gesellschaft ein Spiegelbild vorzuhalten. In "12 Years a Slave" ist eine
zivilisatorische Verwahrlosung angezeigt. In "Moonlight" wird die
schwarze Gemeinde selbst animiert aus sich selbst einen Heilungsprozess
zu erwirken, indem sie die Fesseln verordneter Rollenmuster und
Identitäten überprüft und sich denen sogar entledigt. Selbst "Shape of
Water" getarnt als Horrormovie vom Monster aus der schwarzen Lagune ist
wie "Green Book" ein starkes Plädoyer in der Toleranz gegenüber anderen
Rassen oder Nationalitäten.
Bevor Viggo Mortensen, der zu Recht ebenfalls oscarnominiert war,
mit seiner Familie das Weihnachtsfest in New York feiern kann und seiner
Familie auch den hochintelligenten Musiker vorstellen kann, müssen sie
aber noch in Birmingham im US-Staat Alabama so weit von den ganz
normalen Rassisten getrieben werden, dass sie das geplante Konzert
platzen lassen. Statdessen hat der klasse Pianist einen spontanen
Auftritt im Orange Bird Club, einem Schuppen mit ausschließlich
schwarzem Publikum.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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