Dienstag, 2. Juli 2019

Fellinis Roma

























 Regie: Federico Fellini

Erinnerungen und Momente...

"Roma" ist eine Hommage an die ewige Stadt, die Federico Fellini im Jahr 1972 drehte. Der Film ging als italienischer Beitrag ins Rennen um den besten ausländischen Film, doch er schaffte es nicht unter die fünf erfolgreichen Nominierungen zu kommen. Am Ende gewann Luis Bunuels "Der diskrete Charme der Bourgeousie" für Frankreich den Preis. Fellinis Film ist stark autobiographisch gefärbt und hat keine durchgängige Handlung, sondern präsentiert eine Reihe lose miteinander verbundener Episoden aus Roms Vergangenheit und Gegenwart.
Eine der Episoden zeigt den jungen Fellini, der von Peter Gonzales gespielt wird. Er verlässt Rimini, um in der brodelnden Hauptstadt sein Glück zu versuchen. Er kommt am Bahnhof an und lebt in einem gemieteten Zimmer, um zu studieren. In dieser Wohnung leben viele Menschen dicht zusammen und der junge Fellini wird in die Gepflogenheiten eingewiesen. Gemeinschaft wird dort groß geschrieben, am Abend geht man in die Stadt um zu Essen, trinken und sich über die wichtigen Dinge des Lebens zu unterhalten. Es ist das Jahr 1939 und gerade hat der zweite Weltkrieg begonnen und viele Italiener sind vom Duce begeistert.
Eine schillernde Stadt braucht opulente Bilder (Giuseppe Rotunno) und einen markanten Soundtrack (Nino Rota) und wie später Paolo Sorrentino in seinem preisgekrönten "La Grande Belezza" zeigt Fellini Exzesse und eine starke Dekadenz. Dabei sind die Hauptthemen in Rom Chaos, Mode, Sex und Religion. Der italienische Meisterregisseur schafft es sogar in einer ausufernden Sequenz über eine Modenschau der Geistlichkeit alle Themen zu einer grotesken Einheit werden zu lassen. Eine von Fellinis genialen Kabinettstückchen. Fellinis spätere Filme wurden in Punkto Sets immer verschwenderischer und extravaganter, die Darstellungen der Figuren neigten hin zur Groteske und zur Verzerrung. Immer wieder verabeitete Fellini darin auch Kinheitserlebnisse, dies gibt seinen Filmen auch immer einen sehr persönlichen, unnachahmlichen Charakter. Beinahe könnte man sagen, dass Fellinis Geschichten durch die Augen eines Kindes präsentiert werden. Der alltägliche Zirkus des Lebens wird nicht negativ gesehen, sondern immer auch mit einem faszinierenden, ungläubigen Eindruck oder Aspekt.





"Roma" ist ein Bilderbogen, der Szenen aus dem faschistischen Italien zeigt, aber auch mit Szenen der Gegenwart der frühen 70er zeigt. Die Szenen sind ausufernd gestaltet - man zeigt den täglichen Straßenverkehr in Richtung Stadt, der vom Chaos geprägt ist. Danach gibt es einen langen Komplex, der sich dem italienischen "Rivista" widmet - eine Art Variete mit vulgärem und sexistischem Einschlag. In einer weiteren Szene werden bei Ausgrabungsarbeiten ein altes römisches Haus voller prachtvoller Fresken freigelegt, doch die hereinströmende Luft vernichtet in Sekundenschnelle die freigelegten Kunstwerke. Der junge Fellini lernt in seiner Studentenzeit auch die Hurenhäuser der Stadt kennen - von gehoben, bis ganz primitiv. Danach gehts mit der genialen kirchlichen Modenschau, die auch Priester auf Rollschuhen präsentiert und weitere originelle Ideen, die extrem komisch sind. Aber dennoch sehr passend zu den vorher gezeigten Szenen abends in den vielen Restaurants der Stadt. Dazu gibt es Cameoauftritte von Anna Magnani, die kurz danach starb und von Gore Vidal. Der Film endet mit einer Vielzahl von Motorradfahrern, die durchs nächtliche Rom fahren und sich die Sehenswürdigkeiten ansehen, da kommt ein Hauch von Melancholie und Vergänglichkeit auf. Es ist eine Momentaufnahme, dann verschwindet die Gruppe im Dunkel der Nacht.
Als die vielen an den Wänden hängenden Gemälde von Kirchenfürsten abgestaubt sind, führt eine Principessa einen Kardinal in den Saal, in dem sie mit ihm als Ehrengast eine Modenschau mit extravaganten Modellen für Nonnen, Messdiener, Geistliche und Päpste veranstaltet. Zwei Landpfarrer fahren mit Fahrrädern über den Laufsteg, zwei städtische Priester tun es mit Rollschuhen. Vollends in Ekstase gerät das begeisterte Publikum, als der Papst persönlich erscheint.

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Fellini_roma.htm#cont (c) Dieter Wunderlich






Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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