Mittwoch, 10. Juli 2019

Der verlorene Sohn

























Regie: Joel Edgerton

Sexuelle Umerziehung...

"Der verlorene Sohn" ist ein sehr ambitonierter und äusserst interessanter Film des Regisseurs und Schauspielers Joel Edgerton. Der australische Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur und Filmproduzent spielt in seinem Film die Rolle des Therapeuten Victor Sykes, der junge homosexuelle Christen mittels einer Konversionstherapie in zwölf Schritten umpolen wird. Eine Rolle, für die er sicherlich eine Oscarnominierung verdient hätte - leider ignorierte die Academy "Boy Erased" weitestgehend. Lediglich für zwei Golden Globes war Edgertons zweite Regiearbeit im Gespräch: Lucas Hedges als bester Hauptdarsteller und für den Filmsong "Relevation", der von Troye Sivan und Jonsi geschrieben wurde.
Die Filmbiografie basiert auf den Memoiren von Garrad Conley. In den USA ist diese extrem umstrittene Therapie leider immer noch weit verbreitet, bowohl sie von allen führenden internationalen psychiatrischen und psychologischen Fachgesellschaften abgelehnt wird. Diese weisen auch auf die schädigende Wirkung dieser Therapien hin. Doch evangelikale Glaubengemeinschaften sehen die Homosexualität weiterhin als Sünde. Eine Sünde, vom Teufel herbeigeführt - die aber durch Gebet und Glauben wieder in die richtige Spur kommen wird. Nach der Auffassung der Gläubigen hat der Betreffende jederzeit die Möglichkeit von dieser Sünde zu lassen und so zu funktionieren wie Gott dem Menschen erschaffen hat: Als Mann und Frau und zur Fortplanzung.
Jared Eamons (Lucas Hedges) lebt in einer kleinen US-Stadt. Im Alter von 19 Jahren muss er seinen streng gläubigen Eltern Marshall (Russell Crowe) und Nancy (Nicole Kidman) beichten, dass er schwule Gedanken hat und auch schon gewisse Erfahrungen in diesem Gebiet sammeln konnte. Sein Collegefreund Henry (Joe Alwyn) versuchte ihn zu vergewaltigen und mit einem Xavier (Theodore Pellerin), einem anderen schwulen Jungen hatte er ein Date, das eigentlich sehr harmlos verlief. Beide lagen eine Nacht zusammen im Bett, ohne dass etwas passierte. Obwohl Jared eine Freundin (Madelyn Cline) hatte, waren diese Gedanken an Jungs schon lange da. Marshall Eamons ist ein angesehener Baptistenprediger und ist sehr schockiert als er von den Sünden seines Sohnes erfährt. Denn damit wäre er ja für Gott verloren. So holt er sich Rat bei den Gemeindeältesten. Einer dieser Männer berichtet davon, dass auch sein Sohn in der Pubertät ähnliche Neigungen hatte - aber durch die Hilfe des Herrn und durch die Therapie konnte der junge Mann geheilt werden. Hallelujah...so macht Vater Marshall seinem Sohn ebenfalls etwas Druck. Und der lässt sich tatsächlich auf diese Therapie ein. Seine Mom fährt in ins "Love in Action" Zentrum des Therapeuten Victor Sykes. Dort sollen durchs Gebet die moralischen Verfehlungen offen gelegt und die Sünden kategorisiert werden.  Jeder der Jungs und Mädchen, die dort therapiert werden sollen, gehen etwas anders mit dem Programm um. Die Gehirnwäsche geht sogar soweit, dass es zu einem Suizid kommt....





Aber vorerst wird bei dem armen Cameron, gespielt von Britton Sear, eine Dämonenaustreibung vorgenommen. Nur gut, dass Jared während dieser Sitzungen irgendwann seine eigene Identität erkennen und auch annehmen kann. Aber es ist ein schmerzlicher Entwicklungsprozess. Edgerton hat dieses Thema zwar ungeschönt, aber immer subtil geschildert. Er zeigt die Wirkung dieser Umerziehung, stellt aber weder die Eltern, noch die Gläubigen nicht als Monster dar, sondern er legt auch deren Zwiespalt offen - einerseits im Glauben zu leben, andererseits aber mit einer unabänderlichen Wahrheit konfrontiert zu sein, die unbedingt akzeptiert werden muss. Der Autor des Buchs Conley hat dies selbst erlebt - er wuchs in Arkansas im Bilbel-Belt in einer streng orthodoxen Familie von Baptisten auf. Eltern, Verwandte, das ganze Umfeld und nicht zuletzt er selbst waren schockiert. Darüberhinaus wird man noch von Schuldgefühlen geplagt. Joel Edgerton konnte für seinen Film den bekannten schwulen Teeniestar Troye Sivan sowie den schwulen Regisseur Xavier Dolan für eine Nebenrolle gewinnen. In den USA wurden bisher 700.000 schwule Menschen mit dieser Therapie umerzogen.





Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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