Dienstag, 14. Oktober 2014

Geraubte Küsse




Regie: Francois Truffaut

Antoine wird langsam erwachsen...

Die Filmfigur "Antoine Doinel" trat erstmalig im Jugenddrama "Sie küssten und sie schlugen ihn" im Jahr 1958 auf und ist eine Erfindung des Regisseurs Francois Truffaut. Er entschied sich im Laufe seines Filmschaffens diese Figur immer mal wieder auftauchen zu lassen. 1962 in den Episodenfilm "Liebe mit Zwanzig", danach folgten 1968 "Geraubte Küsse", zwei Jahre später ist Antoine sogar Ehemann in "Tisch und Bett". 1978 endet der "Antoine Doinel Zyklus" mit "Liebe auf der Flucht". Dabei weißt die sympathische, aber etwas labile Figur auch autobiographische Züge des Regisseur auf, Antoine war  offensichtlich sein Alter Ego.  Leider verstarb der Regisseur, der für seine Poesie in den Filmen bekannt wurde, viel zu früh 1984 an einem Gehirntumor.
Während in "Sie küßten und sie schlugen ihn" Antoine als Jügendlicher  kriminelle und dissoziale Tendenzen aufweist, mit der Polizei Ärger bekommt und in einem Heim für Schwererziehbare landet, sieht es 10 Jahre später in "Geraubte Küsse" schon etwas positiver aus. Der junge Mann hat 3 Jahre freiwillig das Militär hinter sich, nun wird aber seinem Antrag auf Entlassung zugestimmt. Doch ohne Führungszeugnis - was man ihm verweigert - scheint die Aussicht auf dem Arbeitsmarkt auch nicht so rosig. Aber Antoine hat Glück, denn die Eltern (Daniel Ceccaldi/Claire Duhamel) seiner Freundin Christine (Claude Jade) haben Beziehungen und so bekommt der junge Mann sogleich einen Job als Nachtportier. Dort wird er von einem Detektiv (Harry-Max) ausgebootet, der mit seinem Klienten, einem gehörnten Ehemann durch Antoines Zutun das Zimmer betreten kann, indem die Frau gerade Ehebruch begeht. Er verliert den Job. Doch der nächste Arbeitgeber wartet: In der Detektei von Monsieur Blady (Andre Falcon) findet man Verwendung für ihn. Für Observationen scheint er zwar wenig geeingnet, aber seine Ermittlungen werden vom Boss gelobt. So muss er einem Zauberkünstler (Jacques Delord) nachstellen, der von seinem ehemaligen Mieter gesucht wird und der Schuhhändler Georges Tabard (Michael Lonsdale) will herausfinden, warum ihn keiner mag - weder Ehefrau Fabienne (Delphine Seyring) noch seine vielen weiblichen Angestellten, die ihn nicht nur hinter seinem Rücken "Dinosaurier" nennen, sondern auch offen Widerreden geben. So wird Antoine als neuer Versandchef in dessen Geschäft eingeschleust, um Informantion in dieser Sache zu sammeln. Doch er wirft ein Auge auf die Frau des Chefs...



und sucht als Aussenseiter den Platz in der Gesellschaft, denn er lehnt sie nicht ab. Aber festlegen auf bestimmte Rollen und Vorgaben will er sich auch nicht. So experimentiert der junge Mann auch im Berufsleben - und darin erinnert er mich auch an mich als ich 25 war. Und das macht die Figur auch so authentisch und sympathisch - man fiebert in der leichten, sehr französischen Komödie immer mit ihm mit. Aber Antoine meistert die Situationen auch immer - wenn auch nicht immer konventionell. Der Filmtitel stammt vom Chanson "Que-rest-it-il.de nos amours" von Charles Trenet, dass am Anfang des Films zu hören ist und somit als Erkennungsmelodie dient. Der Film zeigt Antoine als entlassener Soldat, als Nachtportier, als Detektiv und zuletzt als Fernsehtechniker. In dieser Funktion gibts dann auch den notwendigen Impuls in der Freundschaft zu Christine - bei den beiden liefs nicht rund, sie trennten sich und am Ende frühstücken sie endlich gemeinsam und werden im Park von einem Mann angesprochen, der behauptet für Christine die große Liebe zu empfinden.
"Geraubte Küsse" entstand 1968 - also nach den Meisterwerken "Fahrenheit 451" und "Die Braut trug schwarz". Aber auch dieser leichte, poetische Filmhappen funktioniert prächtig - zum Lohn gabs auch eine Oscarnominierung im Jahr 1969 in der Kategorie "Bester ausländischer Film". Truffaut zog aber gegen Sergej Bondartschuks Version von Tolstois "Krieg und Frieden" den Kürzeren. Fünf Jahre später gelang ihm aber mit "Die amerikanische Nacht" dieser Triumph




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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