Regie: Francois Truffaut
Antoine wird langsam erwachsen...
Die Filmfigur "Antoine Doinel" trat erstmalig im Jugenddrama "Sie
küssten und sie schlugen ihn" im Jahr 1958 auf und ist eine Erfindung
des Regisseurs Francois Truffaut. Er entschied sich im Laufe seines
Filmschaffens diese Figur immer mal wieder auftauchen zu lassen. 1962 in
den Episodenfilm "Liebe mit Zwanzig", danach folgten 1968 "Geraubte
Küsse", zwei Jahre später ist Antoine sogar Ehemann in "Tisch und Bett".
1978 endet der "Antoine Doinel Zyklus" mit "Liebe auf der Flucht".
Dabei weißt die sympathische, aber etwas labile Figur auch
autobiographische Züge des Regisseur auf, Antoine war offensichtlich
sein Alter Ego. Leider verstarb der Regisseur, der für seine Poesie in den Filmen bekannt wurde, viel zu früh 1984 an einem Gehirntumor.
Während in "Sie küßten und sie schlugen ihn" Antoine als Jügendlicher kriminelle und dissoziale Tendenzen
aufweist, mit der Polizei Ärger bekommt und in einem Heim für
Schwererziehbare landet, sieht es 10 Jahre später in "Geraubte Küsse"
schon etwas positiver aus. Der junge Mann hat 3 Jahre freiwillig das
Militär hinter sich, nun wird aber seinem Antrag auf Entlassung
zugestimmt. Doch ohne Führungszeugnis - was man ihm verweigert - scheint
die Aussicht auf dem Arbeitsmarkt auch nicht so rosig. Aber Antoine hat
Glück, denn die Eltern (Daniel Ceccaldi/Claire Duhamel) seiner Freundin Christine (Claude Jade)
haben Beziehungen und so bekommt der junge Mann sogleich einen Job als
Nachtportier. Dort wird er von einem Detektiv (Harry-Max) ausgebootet,
der mit seinem Klienten, einem gehörnten Ehemann durch Antoines Zutun
das Zimmer betreten kann, indem die Frau gerade Ehebruch begeht. Er
verliert den Job. Doch der nächste Arbeitgeber wartet: In der Detektei
von Monsieur Blady (Andre Falcon) findet man Verwendung für ihn. Für
Observationen scheint er zwar wenig geeingnet, aber seine Ermittlungen
werden vom Boss gelobt. So muss er einem Zauberkünstler (Jacques Delord)
nachstellen, der von seinem ehemaligen Mieter gesucht wird und der
Schuhhändler Georges Tabard (Michael Lonsdale) will herausfinden, warum
ihn keiner mag - weder Ehefrau Fabienne (Delphine Seyring) noch seine
vielen weiblichen Angestellten, die ihn nicht nur hinter seinem Rücken
"Dinosaurier" nennen, sondern auch offen Widerreden geben. So wird
Antoine als neuer Versandchef in dessen Geschäft eingeschleust, um
Informantion in dieser Sache zu sammeln. Doch er wirft ein Auge auf die
Frau des Chefs...
und sucht als Aussenseiter den Platz in der
Gesellschaft, denn er lehnt sie nicht ab. Aber festlegen auf bestimmte
Rollen und Vorgaben will er sich auch nicht. So experimentiert der junge
Mann auch im Berufsleben - und darin erinnert er mich auch an mich als
ich 25 war. Und das macht die Figur auch so authentisch und sympathisch -
man fiebert in der leichten, sehr französischen Komödie immer mit ihm
mit. Aber Antoine meistert die Situationen auch immer - wenn auch nicht
immer konventionell. Der Filmtitel stammt vom Chanson "Que-rest-it-il.de
nos amours" von Charles Trenet, dass am Anfang des Films zu hören ist
und somit als Erkennungsmelodie dient. Der Film zeigt Antoine als
entlassener Soldat, als Nachtportier, als Detektiv und zuletzt als
Fernsehtechniker. In dieser Funktion gibts dann auch den notwendigen
Impuls in der Freundschaft zu Christine - bei den beiden liefs nicht
rund, sie trennten sich und am Ende frühstücken sie endlich gemeinsam
und werden im Park von einem Mann angesprochen, der behauptet für
Christine die große Liebe zu empfinden.
"Geraubte Küsse"
entstand 1968 - also nach den Meisterwerken "Fahrenheit 451" und "Die
Braut trug schwarz". Aber auch dieser leichte, poetische Filmhappen
funktioniert prächtig - zum Lohn gabs auch eine Oscarnominierung im Jahr
1969 in der Kategorie "Bester ausländischer Film". Truffaut zog aber
gegen Sergej Bondartschuks Version von Tolstois "Krieg und Frieden" den
Kürzeren. Fünf Jahre später gelang ihm aber mit "Die amerikanische
Nacht" dieser Triumph
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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