Montag, 13. Oktober 2014
Die Zeugen (Wir waren Zeugen)
Regie: Andre Techine
Aids in den Anfängen...
Andre Techine ist ein sehr interessanter, experimentierfreudiger französischer Filmregisseur, der mit Filmen wie "Die Geschwister Bronte", "Diebe der Nacht" oder dem mehrfach preisgekrönten Coming of Age Film "Wilde Herzen" (leider immer noch nicht in Deutschland als DVD erschienen) bekannt wurde. Sein Film "Wir waren Zeugen" (Alternativtitel: Die Zeugen/Originaltitel: Les Temoins) führt den Zuschauer zurück in eine fast schon vergessene Zeit der frühen 80er Jahre als man plötzlich in den Medien von einem neuen Virus hörte, der vor allem bei Drogensüchtigen und Homosexuellen zum Tod führen kann, weil er extrem ansteckend ist. Diese Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus führt zur einer spezifischen Kombination von Symptomen, die man dann als "Aids" (erworbenes Immundefektsyndrom) zusammenfasste und den Körper irgendwann durch lebensbedrohliche Infektionen und Tumoren zerstört. Heute ist "Aids" - obwohl im Jahre 2012 weltweit etwa 35,3 Millionen Hiv Positive Menschen gezählt wurden und seit dem Beginn der Epidemie bereits 36 Millionen Menschen an der Krankheit starben - eher aus den Medien verschwunden. Man hört noch gelegentlich davon, wenn es um die Gesundheitsversorgung in Afrika geht, wo das Problem eklatant höher ist und sich nicht wie in den Industrienationen durch bessere Medizin und Prävention merklich verbessert hat. Techines Film "Die Zeugen" zeigt Einzelschicksale, die sich als Betroffene wohl oder übel mit dem Thema auseinandersetzen müssen und dies in einer Zeit in der AIDS meist ein Todesurteil bedeutete. Sein Film "Die Zeugen" wurde zwar bei den Berliner Filmfestspielen 2007 hoch gelobt, fand aber nie einen Verleih in Deutschland. Daher hat es 6 Jahre gedauert, bis dieser sehr interessante Film immerhin auf DVD veröffentlicht wurde. Dank an die Edition Salzgeber - vielleicht gibts ja noch Hoffnung für Techines Meisterwerk "Wilde Herzen". Zur Story: Es ist Sommer 1984. Der junge, attraktive Manu (Johan Libereau) kommt aus der Provinz zu seiner Schwester Julie (Julie Depardieu) nach Paris. Der junge Mann ist sehr kontaktfreundig und liebt das Leben und die Liebe. Dort lernt er nachts in einem Park beim Cruisen den älteren Arzt Adrien (Michel Blanc) kennen. Während sich der Ältere in den Jüngeren verliebt, ist dieser unentschlossen und zögert eine beziehungsähnliche Liebschaft mit Adrien einzugehen. Adrien ist befreundet mit der Schriftstellerin Sarah (Emmanuele Beart), die mit Medhi (Sami Bouajila) einem Bullen bei der Pariser Sittenpolzei verheiratet ist. Medhi ist ein Schürzenjäger, doch Sarah toleriert das öftere Fremdgehen ihres Mannes. Während eines gemeinsamen Sommerausflugs am Wochenende, stellt Adrien dem Ehepaar seinen jungen Lover vor. Und auch Manu und Medhi kommen sich näher...
mit einer sehr eleganten Leichtigkeit ist der Film inszeniert und man hat das Gefühl bei diesen schönen Sommerbildern mittendrin in schönen Sommertagen zu sein. Doch der Schein trügt oder die Sonne täüscht: Die Geschichte geht weiter mit der Entdeckung einer Krankheit, die alle Figuren der Geschichte merklich beeinflusst und zu einem erlebten schmerzlichen Teil ihres Lebens werden lässt. Die Geschichte bleibt immer in Bewegung, weil die Verhältnisse der Figuren sich schicksalhaft verschieben, verändern- dadurch hat dieser Film kein wirkliches Zentrum, aber er hat dafür ein perfektes Gespür für die feinen Zwischentöne und gleichzeitig für Toleranz plädiert. Am Ende steht die Trauer und die Gewissheit, dass das Leben immer weitergeht. Sami Bouajila gewann 2008 für seine Rolle sogar den begehrten Cesar als bester Nebendarsteller. Nominiert waren auch Michel Blanc, Nachwuchsstar John Libereau und Regisseur Andre Techine.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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