Sonntag, 12. Januar 2014

Liebe

























Regie: Michael Haneke

Am  Ende des Weges...

In "Liebe" zeigt uns Michael Haneke den letzten Abschnitt eines alten, kultivierten Ehepaares. In Form eines kammerspielartiges Spiels, dass sich dramatisch immer weiter steigert, macht der Zuschauer Bekanntschaft mit Georges (Jean-Louis Trintignant) und Anne (Emmanuelle Riva), die betagten und gutsituierten Mieter einer Pariser Altbauwohnung mit holzvertäfelten Wänden und Flügeltüren. Im Wohzimmer steht ein Konzertflügel, dort hat Anne gespielt und als Lehrerin viele Schüler ausgebildet. Als sie eines Abend nach einem Schubert-Konzert in die Wohnung zurückkehren, bemerken sie, dass man in die Wohnung einbrechen wollte. Den richtigen Einbruch im Leben des Paares erleben sie einige Tage später, als sie gemeinsam am Frühstückstisch sitzen und Anne plötzlich wie weggetreten ist und auch nicht auf Georges Fragen antwortet. Sie sitzt nur regungslos im ihrem Stuhl. Einige Minuten später ist sie wieder da und kann sich an ihre geistige Abwesenheit überhaupt nicht mehr erinnern. Ein Besuch beim Arzt bringt Klarheit über diesen katatonischen Zustand, doch die Operation an der verengten Halsschladader misslingt und Anne ist nun halbseitig gelähmt. Ein Handicap mit dem sie nur schwer umgehen kann, zumindest schwerer als ihr Mann, der sie versucht liebevoll zu Umsorgen. Der Zustand verschlechtert sich auch zunehmend, bald ist Anne auch nicht mehr in der Lage sich adäquat zu artikulieren, sehr lange und quälend schreit sie um Hilfe. Die Tochter (Isabelle Huppert) ist für eine Verlegung ins Pflegeheim, doch Georges hat seiner Anne versprochen, sie zuhause zu lassen...

 Der Film heißt zwar "Liebe" und wurde von der Filmkritik einhellig als Hanekes bislang sanftester Film bejübelt, aber das Hauptthema ist eher das Sterben und der Tod. Denn mit einem radikalen Bild entlässt Haneke den Zuschauer, ein Bild, dass jede Hoffnung untergräbt, dass irgendetwas übrig bleiben könnte...vom Leben, von der Liebe. Angedeutet wird dies im gezeigten Prozess des Alterns, der mehrere Entwicklungen durchläuft. Zuerst löst diese körperliche Schwäche bei Anne eine Art Hilfslosigkeit aus, denn sie möchte, dass die Beziehung im Geben und Nehmen ausgeglichen bleibt. Was zuerst eher ein Jammern auf höherem Niveau sein könnte, wird bald elementar - aber zu diesem Zeitpunkt kann man nur noch deuten, was Annes "Hilfe" nun wirklich bedeuten soll. Schauspielerisch ist der Film sehr stark, er lebt vom sehr starken Spiel der Darsteller Trintignant und Riva, die zu Recht auch zahlreiche Preise bekamen und sogar oscar nominiert waren. Ob der Film wirklich gefällt, ist wohl eine Frage der Emotion. Ich mochte seine Aussage nicht. Auch die Nebenhandlung, in dem der Filmemacher aufgrund der gestörten Sprachmotorik, den Lähmungen und dem damit verbundenen sichtbaren geistigen Verfall das Thema Euthanasie in den Vordergrund rückt, wird von Haneke meines Erachtens sehr plakativ und etwas plump angegangen. Die offensiv dargestellte Kultiviertheit und Belesenheit der beiden Protagonisten wird einige Male von Haneke sehr überbetont und wirkt durch den Einsatz einer gewissen Symbolik manchmal arg gekünstelt. Aber gut, das ist jetzt eher Kritik auf hohem Niveau. Hanekes Rechnung ging ja auf, der Film wurde beinahe einhellig als neues Meisterwerk bejübelt und wer wenn nicht Haneke könnte die unbeliebten Themen Alter und Krankheit, die von der Gesellschaft gerne mal evakuiert werden, so erfolgreich ins Kino bringen. Möglicherweise hat Haneke mit "Liebe" auch meinen Kopf erreicht, aber leider nicht das Herz. Denn ohne Hoffnung ein Schlussbild mit viel Leere zu machen, ist schon sehr herzlos und auch hinterhältig. Am Ende bleibt nämlich von der großen Liebe "nichts" übrig. 

Bewertung: 6,5 von 10 Punkten. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen