Samstag, 16. Januar 2016

Ein Quantum Trost




















Regie: Marc Forster

Bond läuft Amok...

Wer hätte das gedacht ? 2006 kam mit dem neuen "blonden" James Bond und seinem Einstand in "Casino Royale" ein phänomenaler Beitrag der langlebigen Reihe in die Kinos. Ein klasse Film, der neben "Im Geheimdienst ihrer Majestät" und "Feuerball" zu den besten Bond gehört. Umso erstaunlicher ist es aber, dass der unmittelbare Nachfolger "Ein Quantum Trost" auch ein Top 3 Kandidat ist - allerdings bei der Frage welcher Bond-Film nun der schwächste ist. Schade eigentlich, denn auch der vom Deutschschweizer Mark Forster (Monsters Ball, Wenn Träume fliegen lernen, Stay, Drachenläufer) hat tolle Momente. Er enttäuscht aber in der Gesamtheit und scheitert vielleicht auch am Vergleich mit dem genialen "Casino Royale".Es gibt aber zwei ganz konkrete, gravierende Punkte, die bei mir diese Enttäuschung hervorgerufen haben: Zum einen sind die Handlungsstränge so kompliziert, undurchsichtig und verworren angelegt und für einen Zuschauer, der den Vorgänger, an dem "Ein Quantum Trost" storymässig anknüpft, nicht kennt oder ihn vielleicht schon länger nicht mehr gesehen hat, gar nicht so leicht zu durchschauen - zumindest in der ersten halben Stunde, die von den Machern mit einer ganz starken "Action" überfrachtet wurde. Diese Actionszenen - und dies ist der zweite Hauptpunkt meiner Kritik - sind extrem rasant und wer gedacht hat, dass ein etwas nerviger Stakkatoschnitt nur im Intro und in den ersten 20 Minuten vom Regisseur gepflegt wird, der irrt leider. Irgendwann ist zwar dann mal Zeit sich der Geschichte zuzuwenden, aber da bleiben die Macher nie so lange. Der Abspann kommt dann auch schon nach nicht mal 100 Minuten Laufzeit, enttäuschtes Seufzen, denn ab diesem Zeitpunkt wurde bei den anderen Bond Abenteuern erst das Finish langsam eingeleitet. Kurz und knackig - aber man fühlt auch, dass irgendwas fehlt oder gefehlt hat.Die Art, wie der Schnitt in "Ein Quantum Trost" konzipiert ist, gehört zwar zum neuen Filmstandart und ich frage mich aber immer wieder, ob der Zuschauer diese sekundenhaften Wechsel des Bildes wirklich so sehr schätzt. Ich selbst bekomme das Geschehen, durch genau diese ADHS Schnitt-Technik und dem hohen Tempo, nur noch bruchstückhaft mit. Es raubt auch genau diesen spannenden Szenen die Tiefe. Man bekommt zwar viele Bilder geliefert, aber die Tiefenschärfe bleibt aus.
Weltweit nahm "Ein Quantum Trost" aber insgesamt 575 Millionen US-Dollar an den Kassen ein und etablierte sich durch diese eindrucksvollen Zahlen auch in die Riege der besonders erfolgreichen Filme der Serie. Das weltweite Einspielergebnis liegt damit nur knapp unter "Casino Royale" und gemäss dem Motto "Aller guten Dinge sind Drei" hat Daniel Craig mit "Skyfall" dann die 1 Milliarden Dollar Umsatzhürde überschritten und wurde zu einem der größten Blockbuster aller Zeiten.
Kein Geringerer wie Paul Haggis (Regie in "L.A. Crash") schrieb das Drehbuch und man merkt, dass er auch das Konzept der Bourne Filme im Kopf hatte bei seiner Story, die die Figur des Bond weiter entfernt von seinen Vorgängern Brosnan oder Moore, bei denen vieles auch als Happening angelegt war und der Zuschauer das Gefühl nich loswurde, dass das Agentenleben vergnüglich sei und eine Menge Spass macht. Ganz nebenbei werden dann noch die Schurken aus dem Weg geräumt, die die Welt zerstören wollten. Craigs Bond ist in der kalten Realität angekommen, das Agentenleben ist hart, Bond ist eine Killermaschine und er findet viel weniger Zeit ein Bond Girl zu erobern. Der Umgang mit dem Boss (Judi Dench als M) ist auch immer auf Konfrontationskurs angelegt. Und Haggis war dann auch sichtlich davon angetan von der Rächerfigur Bond, die man schon mal in "Lizenz zum Töten" ausprobiert hat - mit wenig Resonanz beim Zuschauer.Dennoch: Schauspielerisch ist Daniel Craig gerade auch in "Ein Quantum Trost" auf der Höhe. Die Rolle des Rächers, der Amok läuft, aber es selbst gar nicht unbedingt so sicher weiß, ist ihm sehr gut gelungen. Daneben gibts auch einige geniale Szenen, die dann doch wieder etwas versöhnen. Angefangen von der brillianten Sequenz in der Oper, wo Tosca aufgeführt wird und Bond der erste Schlag gegen die ominöse Verbrecherbande "Quantum" gelingen soll. Hier wird man an Brian de Palmas grandiose Bildsprache erinnert.
Im Grunde geht es nicht nur um Rache, sondern einmal mehr um gierige Verbrecher, die mit einer miesen, aber extrem lukrativen Geschäftsidee reich werden wollen und dabei Null Skrupel wegen schwerwiegenden Auswirkungen auf die Lebensqualität anderer zeigen. Dabei schrecken sie vor Mord nicht zurück. Dieser Dominic Greene (Mathie Amalric) will mit unterirdischen Wasservorräten in Bolivien das große Geschäft machen. Es ist ihm egal, ob die arme Landbevölkerung dabei verdurstet. Daher macht er gemeinsame Sache mit der Politik und forciert die Machtübernahme des Diktators Medrano (Joaquin Medrano). Dieser hat viele Leichen im Keller, unter anderen hat er die Mutter und die Schwester der bolivianischen Agentin Camille (Olga Kurylenko) zuerst vergewaltigt und dann ermordet. Sie war damals noch ein kleines Kind und musste dabei zusehen. Ihre Rachegedanken sind genauso stark wie die von James Bond, der seine Trauerarbeit über Vesper (Bondgirl Eva Green aus "Casino Royale) mit eiskaltem Töten seiner Feinde kompensiert. Eine kleine Verschnaufspause verschafft ihm die MI6 Mitarbeiterin Strawberry Fields (Gemma Atherton), die ihn zurück nach London holen soll, da nicht nur M befürchtet Bond würde langsam Amok laufen...


Das Bild als Craig und Kurylenko in Abendgarderobe durch die Wüste laufen hat jetzt schon ein bissel Kultstatus. Mir gefiel auch die von vielen stark kritisierte Rolle des Schurken. Dieser Dominc Greene ist eher ein hinterhältiger, unsicherer Schreibtischtäter im Hintergrund, der andere die Drecksarbeit machen lässt und ich finde dies macht ihn auch so wenig greifbar. Ein Schurke der neuen Zeit, der seine Machenschaften bequem am Schreibtischsessel und am PC ausdenkt. Für mich ist Mathieu Amalric ein glaubwürdiger Gegenspieler, der gerade mit seiner wenig selbsicheren Art als guter Schurke punkten kann.
Dieser Schurke mit dem schwachen Ich wird dann in einer denkwürdigen Szene von Bond zwar besiegt, aber es sind ihm sowohl Kugel als auch Zweikampf zu schade. Er lässt den Schurken einfach in der Wüste zurück.
Auch gefällt mir der Bondsong "Another Way to Die" von Jack White und Alicia Keys - der ist zwar auch in einem rotzigen Stakkatostil gesungen, passend zur Schnitt-Technik, aber schafft es die klassische typische Atmosphäre des Bond-Songs mit sehr modernen Zutaten zu ergänzen. Wobei es dennoch schade ist, dass es nicht dazu kam Amy Winehouse für den Bond Song zu verpflichten, obwohl sie lange Zeit im Gespräch war.


Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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