Montag, 25. Januar 2016
Das Ende des Regenbogens
Regie: Uwe Friesner
Kein Ausweg aus dem Teufelskreis ?
Der 17jährige Jimmi (Thomas Kufahl) lebt schon seit einger Zeit auf der Straße und geht in West-Berlin auf den Strich. Um zu überleben, muss er sich auch mal durchschnorren, denn soviel Kohle verdient er nicht, wenn er seinen Körper verkauft. Immer wieder gibts dort an den Ecken, wo sich Jimmi aufhält und seine Freier sucht, auch Polizeirazzien und er muss ständig die Festnahme und die Überstellung ans Jugendamt fürchten. Von zu Hause ist er abgehauen. Der Vater ist ein aggressiver Schläger, das Milieu war asozial. Doch das Leben vom Strich und vom Kleinklau ist mager, Jimmi redet öfters davon sich Arbeit zu suchen. Aber zwischen der theoretischen Willenserklärung und der Praxis liegen Welten.
Es fehlen dafür sämtliche Voraussetzungen. Nicht mal einen Pass besitzt der junge Herumtreiber. Ohne Lehre und ohne Arbeit befindet er sich weit von den Spielregeln entfernt, nach denen ein bürgerliches Leben funktionieren würde.
Als er nur durch Zufall einer Polizeirazzia entkommt, trifft er in der Stadt die flüchtige Bekannte Monika (Sabine Beck-Baruth). Er weiß, dass Monika in einer Studenten-Wohngemeinschaft lebt und fragt ob er dort übernachten kann. Aus der einen Nacht wird ein längerer Aufenthalt - mehr und mehr hat sich Jimmy in die WG engenistet. Dabei ist Jörg (Heinz Hoenig) eher misstrauisch und von den ständig wiederholten Sprüchen wie "Geil wa" oder "Scheiße" genervt, der gutmütige Dieter (Udo Samel) empfindet aber etwas für Jimmy und übernimmt ein bisschen die Vater- und Mutterrolle. Er versucht ihm beizubringen wie man sich auf Stellenangebot bewirbt. Jimmy nimmt die Bemühungen aber nicht so ernst, wie er sollte. Immer wieder streift er durch die nächtlichen Straßen von Berlin, geht in Musikkneipen, schlägert sich und lebt so in den Tag hinein. Eines Nachts lernt er die junge Gabi (Slavica Rancovi) kennen, die ebenfalls problembeladen ist und bei ihrer Großmutter wohnt. Gemeinsam keimt ein bisschen Hoffnung auf. Für kurze Zeit bekommt Jimmi sogar einen Job, den er aber schon nach wenigen Tagen wieder verliert, weil er unfähig ist sich dort anzupassen. Was bleibt ist die Rückkehr in die Gosse. Gemeinsam mit seinem Kumpel Bernie (Henry Lutze) fängt er wieder an zu klauen...mit katastrophalen Folgen...
Uwe Friesners Jugendportrait "Das Ende des Regenbogens" ist die Geschichte eines jungen Verlierers in unserer Gesellschaft. Der Regisseur nimmt dabei Bezug auf einen gewissen Andy, der 1976 in der WG des Regisseurs wohnte und irgendwann freiwillig aus dem Leben schied. Der atmosphärisch dichte Coming of Age Film kann auch heute noch genauso wie damals überzeugen. 1980 gewann "Das Ende des Regenbogens" den deutschen Filmpreis in Silber (der Hauptpreis in Gold ging ebenfalls an einen Jugendfilm - ab Norbert Kückelmanns "Die letzten Jahre der Kindheit"). Der junge Laiendarsteller Thomas Kufahl gewann sogar für seine Rolle als Jimmi den Deutschen Filmpreis in Gold als bester Darsteller. Der Film ist durchweg intensiv und erinnert nicht nur wegen seiner starken Melancholie auch sehr stark an die Geschichten der 70er Kino-Klassiker des neuen deutschen Films wie etwa "Nordsee ist Mordsee" oder "Supermarkt". Ausserdem kann man "Das Ende des Regenbogens" auch als eine Art Vorläuferfilm des populären Kinoerfolgs "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" begreifen. Er funktioniert aber besser, weil er die Tristesse niemals faszinierend einfängt, sondern kalt und ernüchternd. Am Ende des Regenbogens stehen nämlich die Hochhäuser der Trabantenstadt und jede Einstellung von Friesners Film hat eine destruktive Aura. Dabei gelingt ihm ein total gutes Portrait dieses Jugendlichen, der keine Moral kennt, ungebildet ist und im Grunde keine Lust hat sich bürgerlichen Normen zu unterwerfen. Er trödelt lieber herum, lebt in den Tag hinein und ist auch gewissen Launen unterworfen, die er selbst nicht erklären kann. Jimmi ist regelrecht entwurzelt, eine Zukunft gibt es nicht. Der Blick in die Welt eines Jugendlichen, der durch das soziale Netz der Gesellschaft fällt, ist heute so aktuell wie nie. Eine Integration ist utopisch...zu sehr hat der Alltag von Gewalt und Alkohol der Unterschichtfamilie den Jungen geprägt, er kann kaum lesen und schreiben. Ein schonungsloser Blick auf eine kalte, unwirtliche Gesellschaft, in der sich die Kälte irgendwie auch in den Menschen festgesetzt zu haben scheint. Ein echter Glücksgriff ist Laiendarsteller Kufahl, der mit seiner Berliner Gossensprache und seinem ganzen Verhalten sehr authentisch ist. Die Bildästhetik ist typisch 70er Jahre, beim Soundtrack dominiert New Wave wie etwa Lene Lovichs damals populärer Indenpendent- Hit "Home". Ein radikaler, ungehobelter Film aus den ausgehenden 70er Jahren, der durch Vitalität und authentische Dichte überzeugt. Gedreht an Originalschauplätzen mit Laiendarstellern direkt aus der Szene.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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