Regie: Pier Paolo Pasolini
The Canterbury Tales...
"The Canterbury Tales" sind Erzählungen aus dem 14. Jahrhundert, sie wurden von Geoffrey Chaucer im Jahr 1387 festgehalten. Diese episodenhaften Geschichten sind in eine Rahmenhandlung eingebunden, die von einer Pilgergruppe auf ihrem Weg von Southwark, einem Vorort von London, nach Canterbury handelt. wo die Reisenden das Grabmal des Thomas Becket in der Kathedrale besichtigen wollen. Der Wirt des Tabard Inn, wo die Leute Rast machen, schlägt den etwa 30 Pilgern vor, auf dem Hin- und Rückweg Geschichten zu erzählen. Dem besten Erzähler soll ein schöner Preis, eine Gratismahlzeit, zukommen.
Nachdem schon
"Decamerone" im Jahr 1970 sehr erfolgreich war, wagte sich der
italienische Regisseur und Schriftsteller Pier Paolo Pasolini erneut an
einen erotischen Klassiker der Literatur. "Pasolinis tolldreiste
Geschichten" entstand 1971 und "Erotische Geschichten aus 1001 Nacht"
sollte 3 Jahre später sogar die Trilogie komplettieren. Das Rezept blieb
das Gleiche wie beim Vorgänger. Mit dem Einsatz von Laiendarstellern
reihte der Filmemacher insgesamt 8 Geschichten zu einer erotischen
Komödie. Nur wenige bekannte Gesichter wurden verpflichtet: Hugh
Griffith, der Oscarpreisträger für "Ben Hur", Josephine Chaplin -
Tochter des berühmten Charlie Chaplin sowie der bereits aus "Decamerone"
bekannte Ninetto Davoli, der als Taugenichts in einer der Geschichten
eine sehr gelungene Hommage an Charlie Chaplin abliefert. Die
Laiendarsteller wirken allesamt sehr glaubwürdig und am Ende fügt sich
das bunte Kaleidoskop der Lüste zu einer Einheit zusammen. Die
Geschichten kreisen um Sex, Ehebruch, Familienstreit, Wünsche, Streit
zwischen Priestern und Klosterschwestern. De Humor ist derb, die Szenen
vermitteln aber allesamt eine große Authentiztät und man hat sehr
schnell das Gefühl wirklich im Mittelalter zu sein. Der Reigen der
erotischen Gesichten beginnt mit Sir January (Hugh Grifftih), dessen
junge Frau (Jospehine Chaplin) einen viel jüngeren Verehrer (Oscar
Fochetti) hat. Pluto (Giuseppe Arigio) und Prosperine (Elisabetta
Genovese) nehmen dabei Einfluss auf die Entwicklung dieser Geschichte.
Eine andere Geschichte zeigt den Studenten Nicholas (Dan Thomas), der
mit Alison (Jenny Runacre), der Frau des Zimmermanns (Michael Balfour)
schlafen will, aber noch einen weiteren jungen und attraktiven
Konkurrenten (Peter Cain) überlisten muss. Eine weitere Geschichte führt
zwei Studenten (Patrick Duffett, Eamann Howell) zur Mühle und zum
betrügerischen Müller (Tiziano Longo). Ja, selbst der Teufel (Franco
Citti) ist als wandernder Reiter unterwegs und geht auf Seelenjagd. Auch
die Habgier wird in einer Episode thematisiert. Drei junge Männer
finden einen Goldschatz - während sie den Jüngsten (Edward Monteith)
beauftragen in der Stadt Speis und Trank zu besorgen, planen sie bereits
dessen Tod. Doch auch das potentielle Opfer hat die Idee die beiden
anderen zu meucheln...
Der Film wurde zwar an der Kasse ein
Erfolg - in den 70ern war man ja eh offen für freizügige Stoffe und auch
künstlerische Filme wie die von Pasolini profitierten vom Interesse des
Publikums an "Auf der Alm gibts koa Sünd" oder "Schulmädchenreport".
Der Kritiker fanden den Film zu uneinheitlich - was ich aber anders
sehe. Trotz des etwas derben Charakters des Films gelingt es dem
Regisseur die Zeit um 1400 wunderbar einzufangen. Die pralle
Lebensfreude steht dann auch immer wieder im Widerspruch mit dem
Gottesglauben dieser Zeit und somit damit, dass die Religion immer
wieder von Kirche und Staat für unlautere Zwecke missbraucht wurde. So
gibt es eine Szene, die Gottesmänner auf der Jagd nach unzüchtigen
Sündern zeigt. Mit einer Ablaßzahlung kann sich einer freikaufen, der
arme Homosexuelle muss aber am Scheiterhaufen sterben. Derlei
Zeitkolorit hat Pasolin perfekt in die Geschichte eingebettet und
gesamthaft wirkt das Panorama genauso wie bei "Decamerone" sehr
gelungen.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen