Freitag, 19. Juni 2015

Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach


























Regie: Volker Schlöndorff

Ein Verbrecher wegen Hunger und Armut...

Für seinen 1971 entstandenen Historienfilm "Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach" erhielt Regisseur Volker Schlöndorff das Filmband in Gold für die beste Regiearbeit.
Leider ist dieser etwas spröde, aber dennoch extrem faszinierende Film im Laufe der Jahre etwas in Vergessenheit geraten. Er zählt nicht ganz zu
Schlöndorffs erfolgreichsten Filmen wie "Der junge Törless" (1966), "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (1975) und "Die Blechtrommel" (1979), für den er sogar den begehrten Oscar als bester ausländischer Film gewinnen konnte. Dennoch ist der in schwarz weiß gedrehte Kriminalfall ein kleines feines Meisterwerk, wertvoll genug um wieder neu entdeckt zu werden.
Der Film ist aufgrund der Zeit, in der er spielt,  thematisch verwandt mit dem neuen Meisterwerk von Edgar Reitz  "Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht", aber auch mit dem guten alten "Schinderhannes" von Helmut Käutner, der zwar zeitlich etwas früher (Napoleonische Besatzung) angesiedelt, aber ebenfalls wie die beiden anderen Geschichten in Hessen spielt. Überall herrscht Hunger und Armut. So auch in Schlöndorffs schwermütiger Volks- und Räuberballade, die ein Bild voll Unterdrückung und sozialer Not offenlegt.
Obwohl das alles gut gläubige und fromme Bauern sind, sind sie sehr schnell zu haben für die Idee, die der Strumpfhändler David Briel (Wolfgang Bächler) den Männern im Dorf unterbreitet. Mit dabei sind Vater Hans Jacob Geiz aus Kombach (Georg Lehn) und seine beiden Söhne Heinrich (Reinhard Hauff) und Jacob (Karl Joseph Kramer) sowie Jost Wege, Johannes Soldan (Harald Müller), Ludwig Acker (Harry Owen) und der Landschütz Volk (Karl Heinz Merz). Gelingen sollte das räuberische Unterfangen aber erst nach sechs abgebrochenen Versuchen. Am 19. Mai 1822 war es dann soweit. Die Räüber erbeuteten 10.466 Gulden., dass das "Geldkärrchen" dabei hatte, als es von Gladenbach nach Gießen fuhr.
Doch alles weitere endet tragisch: Richter Danz (Wilhelm Grasshoff) kann die Täter ermitteln, weil die armen Bauern durch ihre Ausgaben auffällig wurden.  1824 wurden sie in einem Gerichtsverfahren in Gießen zum Tode durch das Schwert verurteilt.


 Der Überfall ging in die Kriminalgeschichte als der "Postraub in der Subach" ein. Schlöndorff setzt bei seiner Inszenierung auf eine gute Atmosphäre, das nüchterne Drehbuch, dass er gemeinsam mit späteren Ehefrau Margarethe von Trotta schrieb, sorgt zwar für ein etwas sprödes Fundament, aber es gelingt vortrefflich einen Kriminalfall aus einer vergangenen Epoche zum Leben zu erwecken. In diesem Punkt erinnerte mich Schlöndorffs Film auch an den wunderbaren "Die Wiederkehr des Martin Guerre" von Daniel Vigne aus dem Jahr 1982. Ebenfalls ein tatsächlich geschehener Kriminalfall aus dem bäuerlichen Milieu, dieser allerdings zwei Jahrhunderte früher - in Frankreich - angesiedelt.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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