Regie: Volker Schlöndorff
Ein Verbrecher wegen Hunger und Armut...
Für seinen 1971 entstandenen Historienfilm "Der plötzliche Reichtum
der armen Leute von Kombach" erhielt Regisseur Volker Schlöndorff das
Filmband in Gold für die beste Regiearbeit.
Leider ist
dieser etwas spröde, aber dennoch extrem faszinierende Film im Laufe der
Jahre etwas in Vergessenheit geraten. Er zählt nicht ganz zu
Schlöndorffs
erfolgreichsten Filmen wie "Der junge Törless" (1966), "Die verlorene
Ehre der Katharina Blum" (1975) und "Die Blechtrommel" (1979), für den
er sogar den begehrten Oscar als bester ausländischer Film gewinnen
konnte. Dennoch ist der in schwarz weiß gedrehte Kriminalfall ein
kleines feines Meisterwerk, wertvoll genug um wieder neu entdeckt zu
werden.
Der Film ist aufgrund der Zeit, in der er spielt,
thematisch verwandt mit dem neuen Meisterwerk von Edgar Reitz "Die
andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht", aber auch mit dem guten alten
"Schinderhannes" von Helmut Käutner, der zwar zeitlich etwas früher
(Napoleonische Besatzung) angesiedelt, aber ebenfalls wie die beiden
anderen Geschichten in Hessen spielt. Überall herrscht Hunger und Armut.
So auch in Schlöndorffs schwermütiger Volks- und Räuberballade, die ein
Bild voll Unterdrückung und sozialer Not offenlegt.
Obwohl
das alles gut gläubige und fromme Bauern sind, sind sie sehr schnell zu
haben für die Idee, die der Strumpfhändler David Briel (Wolfgang
Bächler) den Männern im Dorf unterbreitet. Mit dabei sind Vater Hans
Jacob Geiz aus Kombach (Georg Lehn) und seine beiden Söhne Heinrich
(Reinhard Hauff) und Jacob (Karl Joseph Kramer) sowie Jost Wege,
Johannes Soldan (Harald Müller), Ludwig Acker (Harry Owen) und der
Landschütz Volk (Karl Heinz Merz). Gelingen sollte das räuberische
Unterfangen aber erst nach sechs abgebrochenen Versuchen. Am 19. Mai
1822 war es dann soweit. Die Räüber erbeuteten 10.466 Gulden., dass das
"Geldkärrchen" dabei hatte, als es von Gladenbach nach Gießen fuhr.
Doch
alles weitere endet tragisch: Richter Danz (Wilhelm Grasshoff) kann die
Täter ermitteln, weil die armen Bauern durch ihre Ausgaben auffällig
wurden. 1824 wurden sie in einem Gerichtsverfahren in Gießen zum Tode
durch das Schwert verurteilt.
Der Überfall ging in die
Kriminalgeschichte als der "Postraub in der Subach" ein. Schlöndorff
setzt bei seiner Inszenierung auf eine gute Atmosphäre, das nüchterne
Drehbuch, dass er gemeinsam mit späteren Ehefrau Margarethe von Trotta
schrieb, sorgt zwar für ein etwas sprödes Fundament, aber es gelingt
vortrefflich einen Kriminalfall aus einer vergangenen Epoche zum Leben
zu erwecken. In diesem Punkt erinnerte mich Schlöndorffs Film auch an
den wunderbaren "Die Wiederkehr des Martin Guerre" von Daniel Vigne aus
dem Jahr 1982. Ebenfalls ein tatsächlich geschehener Kriminalfall aus
dem bäuerlichen Milieu, dieser allerdings zwei Jahrhunderte früher - in
Frankreich - angesiedelt.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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