Montag, 29. Juni 2015

The Good Kill




















Regie: Andrew Niccol

Der moderne Krieg...

 Die bislang beste Arbeit des neuseeländischen Regisseurs Andrew Niccol dürfte der 1997 entstandene Science Fiction Film "Gattaca" sein. Auch sein "Lord of War" wurde ein Erfolg. Mit "Seelen" verfilmte er einen Roman von Stephenie Meyer (The Twilight Series). Immer wieder schreibt er auch gute Drehbücher. So überzeugte sein Script für "Truman Show" von Peter Weir so sehr, dass er dafür sogar eine Oscarnominuerung erhielt. Sein neuer Film "Good Kill" führte ihn wieder mit Ethan Hawke zusammen, mit dem er schon in "Gattaca" sehr gut funktionierte. So überzeugt auch der Antikriegsfilm und definitiver Drohnen-Film als bitterer Zustandsbericht über die moderne Kriegsführung. Man sollte allerdings kein spannungsgeladenes Adrenalinkino erwarten, denn Niccol wählte eine sehr ruhige Machart und setzt auf die starke Wirkung seiner Bilder. Im Grunde ist "Good Kill" auch ein bisschen mit "Gattaca" verwandt, weil in beiden Fällen der Mensch inmitten dem Fortschritt der Technik und somit in einem schweren Dilemma steckt. Hinzu kommt ein weiteres bevorzugtes Thema des Filmmachers, denn die Schattenseiten in den Zeiten der vielen Kriegsschauplätzen auf der Welt, skizzierte er schon 2005 mit "Lord of War" eindringlich und intensiv.
Ethan Hawke liefert als Major Thomas Egan eine starke Darstellerleistung. Es gelingt ihm vortrefflich die Veränderung seines Charakters aufzuzeigen. Der ExPilot neigt immer mehr dazu sich ganz und gar dem Alkohol hinzugeben. Schuld sind die Geschehnisse und Erlebnisse an seinem jetzigen Arbeitsplatz. Er befindet sich zwar nicht im Ausseneinsatz an einem der Krisenherde dieser Welt und bekämpft dort den Terror, sondern kann jeden Abend nach Feierabend zu seiner Frau Molly (January Jones) und den beiden Kids (Zion Rain Layba/Sachie Capitani) zurückkehren. Dennoch metzelt er jeden Tag - bequem vom Schreibisch und vom Computer aus - böse Terroristen und andere Verdächtige mittels seiner Drone nieder. In seinem Steuerungscontainer führt und steuert er seine Drone tagtäglich bequem durch die Krisenherde dieser Welt. Bei einem Erfolgreichen Abschuß wird dieser "Good Kill" auch dementsprechend vom Team bejubelt.
Tagsüber den Feind töten, abends die Ehefrau küssen und die Kinder ins Bett bringen. Drohnenpilot Tommy Egans Leben spielt sich zwischen extremen Gegensätzen ab. Gerade die eigene Sicherheit, während er wie in einem Videospiel das todbringende Knöpfchen drückt, macht dem Ex-Kampfpiloten schwer zu schaffen. Der wortkarge Mann, der nach Aussagen seiner Frau stiller wird, wenn er wütend ist, zieht sich immer weiter zurück. Die Grenzen zwischen Kriegseinsatz und Privatleben verschwimmen. Es komt zuhause zu Spannungen und auch im Team selbst. Dabei erwartet sein Vorgesetzter Colonel Jack Jones (Bruce Greenwood) eine gute Trefferquote in der Feindzerstörung. Die Kollegen (Jake Abel(Dylan Kanin) scheinen mit dem Töten per Knopdruck mental irgendwie besser zurecht zu kommen. Lediglich die neue Kollegin Vera Suarez (Zoe Gravitz) scheint die Tätigkeit immer wieder auch zu hinterfragen. Doch es soll noch dicker kommen. Das Militär wird zum Handlanger der CIA, die nun die Spielregeln erweitert und ändert. Menschen werden nicht mehr als überführte Terroristen getötet, sondern weil ihr Verhalten einem errechneten Schema enspricht. Klare Beweise sind nicht mehr erforderlich, es genügt die Wahrscheinlichkeit und die Nähe zu Verdächtigen. Kollateralschäden ? Bedauerlich, aber immer wiede unvermeidbar....


Die Szenen wirken bizarr und alptraumhaft. "Wir haben heute mal wieder 6 Taliban in Afghanistan getöet und jetzt gehe ich aber nach Hause zum Grillen"...in diesem makabren Umfeld, dass gleichzeitig aus der Alltag des Drohnenpiloten Tommy Egan dargestellt wird, ist natürlich ein Film voller gegensätzlicher Kontraste machbar. So versteht sich Niccols intensives Werk auch als Plädoyer gegen den umstrittenen Drohnenkrieg und präsentiert dem Zuschauer den ganz Schrecken ziemlich ungeschminkt. Niccols intensivster Partner ist die Kamera und damit auch der Blick, den er uns gestattet auf irgendeinen Platz in dieser Welt. Dort - sei es im Irak, in Afghanistan oder sonstwo auf dieser Welt - werden Verdächtige mit neuester Technik von oben beobachtet und dann auch von Oben abgeschossen. Die Kamera zeigt Häuser, ein Auto fährt vor, der mutmaßliche Feind Amerikas steigt aus und betritt das Gebäude, in dem auch Frauen und Kinder sein könnten. 10 Sekunden hat nun der Soldat Zeit seiner Drohne den Schießbefehl zu geben und dann zeigt die Kamera das in Schutt und Asche liegende Gebäude, zerstört durch die abgeschossene Rakete. Der klassische Krieg ist tot, es lebe der neue Kampf gegen den Terror der Welt. Ein Gefühl der Fassungslosigkeit angesichts dieser Schreibtischtätigkeit des Todes macht sich breit. Egan bittet immer wieder darum mit seiner Maschine in "echt" in den Himmel zu steigen und auch um echte Kämpfe. Das Gefühl der Angst vor dem Feind ist ihm völlig abhanden gekommen. "Good Kill" setzt bis zum Schluß auf seinen extrem kühlen und ruhigen Erzählstil, die Location etwas ausserhalb der Glitzerstadt Las Vegas auf dieser Miltärbasis erinnert für einige Sekunden wirklich an eine Wüstenlandschaft fern der Heimat. Aber sehr schnell wird klar, dass hier von 9 bis 5 mit einem Joystick bewaffnet ausgesuchte menschliche Ziele zu elimieren sind, die nicht viel anders funktioniert als das gemütliche Spielen mit der Playstation.
Schon ein Blick in die Augen von Ethan Hawke lässt erkennen, das die Zweifel an der Richtigkeit seiner Arbeit immer größer werden, was sich mit zunehmender Laufzeit auch immer mehr auf sein Privatleben auswirkt.Das Erstaunlichste an diesem Film ist aber meiner Meinung nach die Tatsache das es sich hier um einen amerikanischen Film handelt. "Good Kill" funktioniert sehr gut auf beiden Ebenen, einerseits diese sehr kritische Auseinandersetzung mit der neuen amerikanischen Kriegsführung und andererseits aber auch als eindringliches Psychogramm eines Mannes, dessen gesamtes Leben durch seine Tätigkeit aus dem Fugen gerät. Er akzeptierte zunächst alles, dann schleichen sich immer mehr Zweifel ein. Das beklemmende daran ist die Tatsache, dass er dies keinem so richtig plausibel machen kann. Die Frau ist sogar froh, dass er eben einen Arbeitspöatz beim Miltär gefunden hat, der sie nicht in Angst versetzt es könnte jeden Tag sein letzter Tag sein, da er irgendwo im Feindesland gefallen ist. Die Schlußszene ist gleichzeitig irrtierend, lässt viel offen und deutet an, dass wir in Punkto Zukunfts Überwachung und kriegsführung  erst am Anfang stehen.     .

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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