Regie: Jeremy Saulnier
Eine alte Rechnung...
Jeremy Saulnier ist mit seinem ungewöhnlichen Rachethriller
"Blue Ruin" ein kleines Meisterwerk geglückt, das nicht nur an den
frühen Coen-Film "Blood Simple" erinnert, sondern ähnlich geglückt ist
wie das Vorbild. Das Geheimnis des Erfolgs dürfte vor allem bei der
ungewöhnlichen Besetzung liegen. Macon Blair als Rächer entspricht so
gar nicht dem bisherigen Bild dieser Species und auch seine Helfer wie
Devin Ratray als Ben Gaffney sind famos besetzt und sorgen dafür, dass
aus einem ganz normalen Rachethriller etwas ganz besonderes wird. Dabei
setzt der Film am Anfang auf ein sehr gemächliches Tempo und man ist
beinahe ein bisschen gelangweilt von den Impressionen, die man da zu
sehen bekommt. Dwight Evans (Macon Blair) ist ein Landstreicher, der
manchmal in seinem alten Auto haust und manchmal in leerstehende Häuser
einbricht, nur um mal ein Bad zu nehmen. Er sucht im Müll nach essbaren
Lebensmitteln und lebt in den Tag hinein. Ein echter Verlierer, der
keine Freunde hat. Eines Morgens wird er von einer Polizistin geweckt,
die ihm eine wichtige Nachricht lieber persönlich mitteilen möchte und
deshalb nimmt sie ihn mit ins Revier. Dort teilt sie ihm mit, dass ein
gewisser Wade Cleland aus dem Gefängnis entlassen wurde. Es stellt sich
bald heraus, dass dieser gewisse Wade der Mörder von Dwights Eltern war
und für diesen Doppelmord im Knast saß. Die Nachricht scheint so als
würde sie die Lebensgeister von Dwight Evans neu erwecken und ihn aus
seiner jahrelangen Lethargie herauszuholen. Er macht den Wagen
fahrtüchtig und kehrte in seine Heimatstadt in Virginia zurück. Dort
beobachtet er den Entlassenen und folgt dessen Auto. In einem Club legt
er sich auf der Toilette auf der Lauer. Nach einem Kampf mit dem Mörder
bleibt dieser am Boden liegen und stirbt an der Stichwunde, die Dwight
ihm zugefügt hat. Er flüchtet mit seinem Wagen und merkt nicht mal,
dass eine Person im Auto sitzt. Er lässt den jungen William (David W
Thompson) aber laufen, obwohl er zum Clan der Clealands gehört. Danach
rasiert sich Dwight seinen ungepflegten Bad und erscheint als völlig
anderer Mensch bei seiner Schwester Sam (Amy Hargreaves), die inzwischen
zwei Kinder hat und erzählt ihr von seiner Tat. Sam hält ihren Bruder
für schwach, ist aber froh, dass der Mörder seine gerechte Strafe
erhalten hat. Dennoch muss sie ab sofort auch um ihr Leben und um das
Leben ihrer Kinder fürchten, denn die Clealands gehen nicht zur Polizei
sondern regeln ihre Angelegenheiten immer als Rächer. Nun wird erstma
Dwight, der Jäger zum Gejagten. Er bringt Sam in Sicherheit und wartet
im Haus auf den ersten Angriff der Clealands...
"Blue Ruin" ist mit
seinen 94 Minuten Laufzeit zwar knackig kurz, aber dennoch vermittelt
das Gesamtwerk eine sehr eindrucksvolle Geschlossenheit. Es wird im
Laufe der Geschichte einige Wendungen geben und man fiebert sehr schnell
mit diesem Antihelden mit, der im Grunde wirklich nicht zum Mämpfen
geboren ist - aber in dieser Sache völlig über sich hinauswächst. Selten
wurde Rache so konsequent durchgeführt wie von diesem unscheinbaren Typ
von Nebenan.
Mehr noch: "Blue Ruin" ist ein lupenreiner Film Noir der neuen Generation und ebenso Tragödie von geradezu antikem Zuschnitt.
In
den Konstellationen der Figuren, in ihren Dialogen und dem Hin und Her
von Freund und Feind ist der Film sogar phasenweise klassizistisch.
"Blue Ruin" kostete im Gegensatz zu seinen Genreverwandten wie "Gangster
Squad" oder "A Dame to kill for" keine 60 Millionen Dollar, sondern nur
schlappe 425.000 Dollar. Ein Beweis dafür, dass gute Filme nicht viel
Geld kosten müssen, wenn man weiß wie man alte Geschichten neu,
innovativ und ungewöhnlich erzählen kann. Sicherlich eines der
Highlights des Filmjahres mit großartigen Vorstellungen dieser
unverbrauchten, neuen Gesichtern wie Macon Blair und Devin Ratray.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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