Regie: Morten Tyldum
Die Entzifferung der Enigma...
Die diesjährige Oscarsaison stand auch unter dem Motto "Die klugen
Köpfe Großbritanniens". Neben dem Werdegang des Physikers und
Astrophysikers Stephen Hawkins in "Die Entdeckung der Unendlichkeit",
der von James Marsh verfilmt wurde, gedachte die Filmwelt auch an den
britischen Logiker, Mathematiker, Kryptoanalytiker und Informatiker Alan
Mathison Turing, der heute als einer der einflussreichsten Theoretiker
der frühen Computerentwicklung angesehen wird. Das von ihm entwickelte
Berechenbarkeitsmodell der sogenannten Turingmaschine bildet eines der
Fundamente der theoretischen Informatik. Lange wurde auch
geheimgehalten, dass Turing während des 2. Weltkrieges maßgeblich an der
Entzifferung der mit der Enigma verschlüsselten deutschen Funksprüche
beteiligt war. Die Enigma war eine Rotor-Schlüsselmaschine, die im 2.
Weltkrieg zur Verschlüsselung des Nachrichtenverkehrs des deutschen
Militärs verwendet wurde. Auch andere Dienste wie Polizei, Geheimdienst,
diplomatische Dienste, SS, Reichspost und Reichbahn setzten sie zur
geheimen Kommunikation ein. Dank Turing gelang es den Alliierten durch
die Entzifferung der deutschen Funksprüche ein entscheidender Vorteil in
den Kriegsführungsstrategien in der zweiten Hälfte des 2. Weltkriegs.
Man schätzt, dass durch die Entzifferung der Enigma der Krieg um ca. 2
Jahre verkürzt wurde und 14 Millionen weniger Todesopfer zu beklagen
waren.
Regie führte der Norweger Morten Tyldum, der
bereits 2011 mit seinem dritten Film "Headhunters", einer
Romanverfilmung von Jo Nesbo nicht nur ein riesiger Kassenerfolg in der
Heimat gelang, sondern auch international gefeiert wurde. "The Imitation
Game" ist sein erster englischsprachiger Film, der ihm gleich eine
Oscar-Nominierung als bester Regisseur einbrachte. Desweiteren konnte
der spannende Film über das tragische Leben des Mathematikers 7 weitere
Nominierungen erringen. In der Kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch"
wurde die begehrte Trophäe auch gewonnen.
Tyldum hat sich
dafür entschieden seine Geschichte auf drei Zeitebenen zu erzählen.
Diese Zeitfenster öffnen Episoden aus dem Leben von Turing. 1927 ist
Alan (Alex Lawther) noch Schüler. Aufgrund seiner Andersartigkeit wird
er von seinen Mitschülern immer wieder gemobbt. Er findet aber in dem
gleichaltrigen Christopher Morcom (Jack Bannon) einen Freund. Sie
tauschen im Mathematikunterricht verschlüsselte Botschaften aus und Alan
beginnt sich in Christopher zu verlieben.
Das zweite
Zeitfenster beginnt 1939 mit dem Ausbruch der Kriegshandlungen zwischen
Deutschland und Großbritannien. aufgrund seines Könnens und seiner
Intelligenz bekommt Turing (Benedict Cumberbatch) eine Stelle bei der
Government Code und Cypher School in Bletchley Parik. Mit seinem
Vorgesetzten Alastair Denniston (Charles Dance) kommt er zwar aufgrund
seiner Arroganz und Introvertiertheit nicht immer zurecht. Auch die
Kollegen Hugh Alexander (Matthew Goode), John Calmcross (Allen Leech)
und Peter Hilton (Matthew Beard) bleiben distanziert und sind immer mal
wieder sehr irritiert über das Verhalten von Alan. Als die junge Joan
Clarke (Keira Knightley) ins Team kommt, ändert sich das eisige Klima
der Gruppe etwas. Da Joans Eltern die junge Frau daran erinnern, dass
sie sich langsam binden müsse, macht Alan Turing Joan einen
Heiratsantrag, damit sie weiter am kriegswichtigen Projekt arbeiten
kann. Turing entwickelt seine elektromechanische Maschine, die er
"Christopher" nennt. Doch die Zeit drängt.
Im Jahr 1951 wird
bei Turing zuhause eingebrochen. Der Polizei gibt er an, dass nichts
gestohlen wurde. Doch der ermittelnde Beamte schöpft bei dieser Aussage
Verdacht. Die Vermutung steht im Raum, dass er für den russischen
Geheimdienst arbeitet. Doch die Wahrheit ist viel simpler. Turing ist
homosexuell und wurde von einem Stricher ausgeraubt. Diese Enthüllung
führt dazu, dass er eine Anklage wegen "Unzucht und sexueller
Perversion" am Hals hat. Zu dieser Zeit heißt das für ca. 2 Jahre in den
Knast zu wandern. Es sei denn er lässt sich auf eine stark
nebenwirkungsbehaftete Hormontherapie ein, die seinen unnatürlichen
Trieb dämpfen soll. Im Abspann erfährt der Zuschauer, dass sich der
geniale Mathematiker ein Jahr nach diesem Vorfall am 7. Juni 1954 das
Leben nahm...
Der Film von Morten Tyldum erweist sich als
starkes Biopic eines genialen Wissenschaftlers, der am Ende durch die
staatlich verordnete Chemische Kastration in die tiefste Depression ohne
Ausweg geführt wird.
Im Jahr 2009 sprach der damalige
britische Premier Gordon Brown eine offizielle Entschuldigung im Namen
der Regierung für diese entsetzuliche Behandlung aus und endlich wurden
auch seine außergewöhnlichen Verdienste während des 2. Weltkriegs
gewürdigt, Am 24. Dezember 2013 folgte eine Königliche Begnadigung durch
Königin Elisabeth II.
Die 3 Zeitebenen vermitteln ein
interessantes Bild dieser Persönlichkeit. "Sherlock Holmes" Star
Benedict Cumberbatsch überzeugt und spielt die historische Figur
perfekt. Auch die Geschichte der Entzifferung erweist sich als ungeheuer
spannend und wird von Tyldum als Wettlauf mit der Zeit in Szene
gesetzt. Einerseits durch die deutschen Erfolge, andererseits durch die
Prügel, die ihm vom Vorgesetzten in den Weg gelegt werden, muss sich
Alan Turing einer fast unlösbaren Aufgabe stellen. Es gibt Milliarden
von Möglichkeiten. Der deutsche Filmzusatz "Ein streng geheimes Leben"
bezieht sich sowohl auf Turings Tätigkeit im Krieg als auch auf seine
versteckte sexuelle Orientierung.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen