Regie: Romuald Karmakar
Die Befragung der Bestie....
Romuald Karmakars 1995 inszenierter Film "Der Totmacher" basiert
auf den Aufzeichungen des Psychiaters Ernst Schultze, der im Jahr 1924
im Rahmen der Ermittlungen gegen Friedrich "Fritz" Heinrich Karl
Haarmann den richterlichen Auftrag hatte ein Gutachten über dessen
Schuldunfähigkeit zu erstellen.
Fritz Haarmann ist einer
der bekanntesten Serienmörder, er wurde wegen Mordes an 24 Jungen und
jungen Männern im Alter von 10 bis 22 Jahren vom Schwurgericht Hannover
am 19. Dezember 1924 zum Tod verurteilt. Am 15. April 1925 wurde das
Urteil im Gerichtsgefängnis von Hannover durch Enthaupten mit dem
Fallbeil ausgeführt.
Er wurde auch "Der Vampir", "Der Schlächter" oder "Werwolf von Hannover" genannt.
Da
Haarmann mit Fleischkonserven handelte, wurde spekuliert, dass er die
Leichen zu Wurst verarbeitet hätte. Haarmann hat dies jedenfalls stets
bestritten, konnte aber auch keine nachprüfbare Quelle für das von ihm
verkaufte Fleisch benennen. Bekannt ist aber, dass seine Nachbarin ein
Restaurant besaß und von ihm Fleisch kaufte, auch handelte Haarmann mit
so ziemlich allem, was an Kleidung und persönlichen Gegenständen von
seinen Opfern geblieben war.
Karmakars Film ist fast
durchgehend in der Form eines Kammerspiels gehalten, im Mittelpunkt
steht die Befragung von Haarmann (Götz George) durch den erfahrenen
Forensik-Gutachters Prof. Dr. Ernst Schultze (Jürgen Hentsch) in einem
spartanisch eingerichteten Verhörzimmer in Göttingen. Ein Stenograph
(Pierre Franckh), der an einem Nebentisch im Hintergrund sitzt,
protokolliert die Aussagen. Einmal taucht Kommissar Rätz (Hans-Michael
Rehberg) auf, ein anderes Mal wird Haarmann mit einem Zeugen (Marek
Harloff) konfrontiert, der beinahe ebenfalls Opfer des Mörders geworden
wäre. Während dieser Befragung, die harmlos mit einer Intelligenztestung
beginnt, spricht Haarmann auch über seine Motive und seine Methoden.
Aufgrund der überwältigenden Darstellung von Götz George wird der 110
Minuten lange Film immer intensiver. Die Taten, über die nur geredet
wird, erlebt der Zuschauer immer dichter, immer näher und immer mehr
bedrückend. Aufgrund des intensiven Spiels entsteht eine
nervenzerreißende Spannung, denn alles spielt sich irgendwann im Kopf
des Zuschauers ab. Es gibt nicht viele Filme, die in einem einzigen Raum
spielen. Hitchcock hat es in "Cocktail für eine Leiche" vorgemacht und
nur wenige Filmemacher lieferten mit diesem sehr begrenzten Sujet ein
Meisterwerk ab. Spontan fällt mir Claude Millers "Das Verhör" ein, der
sicherlich auch einige Parallelen zu Karamakars sehr gutem, in einem
Raum spielenden Serienkillerfilm, aufweist. Kameramann Fred Schuler ist
ganz nah bei den Figuren, der Münchner hat bereits 1983 in "King of
Comedy" mit Martin Scorsese zusammengearbeitet. Ein Tisch, zwei Stühle,
immer wieder Gesichter, Blickwechsel und ein intensiver Dialog.
Aus
diesen simplen Dialogen zwischen dem Psychatrieprofessor und dem
Menschenschlächter klingt auch ein Echo der frühen 20er Jahre, der
Expressionismus ist allgegenwärtig.
Es zeigt auch, zu was gute Schauspieler in einem kammerspielartigen Dialog an Atmosphäre schaffen können.
Keine Action - der Mensch in allen seinen Facetten. Gut und Böse. Die Bestie mit sensiblen Regungen.
Keine Action - der Mensch in allen seinen Facetten. Gut und Böse. Die Bestie mit sensiblen Regungen.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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