Regie: John Woo
Cowboys und Indianer...
Die Kriegsfilme nach dem 11. September sahen wieder anders als ihre
Vorgänger aus - es war wieder ein hoher Hurra-Patriotismus zu spüren,
man stellte auch den überlebensgroßen Helden dar. Randall Wallaces "Wir
waren Helden" mit einem in allen Belangen, selbstlosen wie perfekten
Kommandeur, der als erster die Schlacht betritt und als Letzter wieder
verlässt war nach diesem Konzept gemacht und auch John Woos
"Windtalkers" stand dem in nichts nach. Der Film handelt von der
US-Invasion auf die japanische Insel Saipan, die mit 34.000 Mann vom
Feind gesichert wird. Es ist der 16. Januar 1944 und die Insel ist ein
strategisch wichtiges Ziel. Mit dem Gewinn dieser Insel ist die
Beherrschung des pazifischen Kriegsraum möglich.
Wie
Generalleutnant Harold G. Moore in "Wir waren Helden" agiert auch hier
in "Windtalkers" ein überlebensgroßer Held auf dem Schlachtfeld. In der
ersten Szene heißt sein Befehl "Stellung halten" und das tut der Mann.
Damit schickt er 14 seiner untergebenen Kameraden in den Heldentot,
alles nur um "am Arsch der Welt ein paar Quatratmeter Sumpf zu erobern"
wie er später seinem Schutzbefohlenen, dem Navajo Indianer Private Ben
Yahzee (Adam Beach) gesteht. Er wird aber gerettet und kommt mit
schwerer Trommelfell-Verletzung ins Krankenhaus, wo er von gütigen
Schwester Rita (Frances O´Connor) gesund gepflegt werden soll. Natürlich
ist sein Gleichgewicht massiv gestört, aber er will sofort wieder an
die Front. Dies macht dann vielleicht den Unterschied zum zeitgleich in
die Kinos startenden Mel Gibson Film aus: Nicholas Cage ist natürlich
ein gebrochener Held, geplagt von einer starken Todessehnsucht. Dieser
Mangel an Furcht, der Mangel an Angst vor dem Sterben ist es die den
Mann für seinen Vorgesetzten (Peter Stormare) zum perfekten Marine
machen, der zum Heldentum geboren ist.
Mit einer List
gelingt es Sergeant Joe Enders seine starke Schädigung des Ohrs bei
einem Test zu verheimlichen und schon befindet er sich wieder im
Kriegsgetümmel. Diesmal mit enem Sonderauftrag im Gepäck. Er muss den
wichtigen Funker, den Navajo Indianer, unter allen Umständen beschützen.
Unter allen Umständen heißt dann aber auch, dass der Code noch
wichtiger ist als der Codesprecher selbst. Dieser darf also unter keinen
Umständen in feindliche Hände fallen. Neben dem noch jungen Vater Ben
Yahzee, der Enders zugeordnet wurde, gibts in der Einheit den etwas
älteren Charlie Whitehorse (Roger Willie), der ebenfalls diesen
Nachrichtencode basierend auf der Muttersprache der Indianer beherrscht
und von Sergeant Ox Henderson (Christian Slater) beschützt wird. Dieser
Code, der seit 1942 von den Amis eingesetzt wurde, ist
kriegsentscheidend. Denn die Japaner verstehen diese verschlüsselten
Worte nicht - "es hört sich an, als würden Sie unter Wasser reden"....
nach
einer ca. 30 minütigen eher noch ruhigen Einführung der Figuren - es
gibt auch einen Rassisten (Noah Emmerich), der im Laufe der Handlung
seine Gesinnung noch revidiert "Großvater hat früher von den
Heldengeschichten und den Kämpfen mit den Indianern erzählt und man
bekam für jedes Comanchenohr 3 Dollar", ausserdem einen jungen Vater
(Martin Henderson), der seinen nahen Tod ahnt und vom Griechen Private
Pappas (Mark Ruffalo) beschwichtigt wird. Leider hatte er Recht, aber
Enders, der für diesen Einsatz von den Vorgesetzten den Silberstern
verliehen bekommt, veranlasst, dass die Braut zuhause die
Taperkeitsmedaille erhalten wird.
Auch hier wieder ganz
starke Hinwendung zum verklärten Heldentot. Der Frau zuhause - so geht
man davon aus - ist es ein Trost, dass ihr Geliebter den Heldentod
gestorben ist.
John Woos Geschichte ist trotz diesem
Patriotismus auch die Geschichte eines wahnsinnigen Mannes, der zwar auf
dem Schlachtfeld in einen Blutrausch gerät, aber im Grunde den Konflikt
zwischen Befehl und eigenem Gewissen austragen muss. In einem Dorf
kommt es zu einem japanischen Angriff, wo es dann tatsächlich erstmalig
zu diesem Konflikt "Unversehrtheit des Schutzbefohlenen vs. Schutz des
kriegswichtigen Geheimcodes" kommt. Die Frage aber, ob Cowboys
tatsächlich Indianer beschützen, wird aber erst in einer weiteren Etappe
geklärt sein. In dem etwas wenig logischen Finale wird uns Nicholas
Cage nach einem zünftigen Amoklauf in den feindlichen Linien die Frage
beantworten.
In den technischen Belangen ist "Windtalkers"
natürlich perfekt gemacht, eine Tatsache, die auch auf "Wir waren
Helden" im gleichen Maße zutraf. Dennoch muss man in der künstlerischen
B-Note Abzüge machen, der unkritische Umgang mit Krieg, mit der Armee
und mit dem Wahnsinn, der auf diesen tödlichen Schlachtfeldern
zelebriert wird, ist ein Rückschritt für das Genre, das schon grandiose
und aussagekräftige Meisterwerke wie "Apocalypse Now", "Deer Hunter"
oder "Der schmale Grat" hervorgebracht hat. Ein ganz wichtiger
Unterschied ist die Ausrichtung der Figuren. In den drei erwähnten
Filmen sind die Helden vor allem auch Antihelden, also innerlich und
äusserlich Gezeichnete, die dem Wahnsinn Krieg gerne aus dem Weg gehen
würden, wenn sie nur könnten. Dieser sich wenig reflektierende Superheld
(wenn auch hier in Windtalkers mit Nicholas Cage ebenfalls ein
traumatiertes Opfer seiner Erlebnisse) , der sich auf dem Schlachtfeld
als besonders treffsicher bewährt und selbst eine Überzahl von Feinden
mit Links aufs Korn nimmt, wirkt reichlich unglaubwürdig und tendiert in
Richtung "Rambo 2". So lässt sich vielleicht ein Actionfilm machen, der
es krachen lässt - ein Meisterwerk mit Aussagekraft ist da nicht drin.
Obwohl ja die Geschichte mit einem indianischen Funker sicherlich
interessant ist, sie ist es auch, die "Windtalkers" erinnerungswürdig
macht.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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