Regie: Larry Clark
Einfach nur rumhängen...
Larry Clarks Erstling "Kids" aus dem Jahr 1995 ist wie die
Nachfolgefilme des Regisseurs Portrait, Bestands- und Momentaufnahme der
heutigen Jugend, aber vielleicht in seiner Aussage der politischste von
Ihnen. Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Aber die Jugendsprache und
auch das Abhängen der Kids scheint sich nicht groß verändert zu haben.
Clark porträtiert eine Jugendclique im New York der 90er Jahre.
Angesagte Themen sind Partys, Drogen, Alkohol und Sex. Die Teenies
fahren auf Hip-Hop und Rave ab, Trendsportart ist das Skateboardfahren,
das einen großen Teil der Freizeit einnimmt. Ganz nebenbei hat Larry
Clark das AIDS Thema mit eingeflochten und vor allem wie die
Jugendlichen mit dieser Gefahr umgehen.
"Kids" skizziert
einen Tag im Leben des 16jährigen Telly (Leo Fitzpatrick), der mit
seinem besten Freund Casper (Justin Pierce) rumhängt. Telly steht darauf
möglichst junge Mädchen zu entjungfern. In der ersten Szene hat er es
wieder einmal geschafft und ein Mädchen (Sarah Henderson) mit den
üblichen Sprüchen von Vertrauen und Liebe rumgekriegt. Nun auf zu neuen
Taten, es warten noch andere Mädels darauf von dem Casanova flachgelegt
zu werden. Nächstes anvisiertes Opfer ist die 13jährige Darcy (Yakira
Pequero), die sich auch etwas in ihn verknallt hat. Aber vorher cruisen
die beiden Freunde durch die Straßen von New York, pissen mal ungeniert
an eine Mauer und besuchen einen Kumpel, bei dem es immer Drogen für die
Gäste gibt. Wenn der Durst kommt, dann klaut man eine Flasche Bier im
Drugstore und hängt anschließend im Park beim Skaten ab. Wenn einer blöd
kommt, dann kiregt er von der Clique eine aufs Maul. So bleibt ein
Rivale durch massive Schläge auf den Kopf auf dem Asphalt regungslos
liegen. Im nächsten Moment pöpelt man zwei Schwule an, die
händchenhaltend durch den Park laufen. Es ist ein Leben im Müßiggang.
Chillen, ohne Verantwortung übernehmen zu wollen. Ein Leben der Jugend.
Doch dieses Abhängen ohne Ziel, ausschließlich zur Triebbefriedigung
gedacht und mal die Aggressionen rauslassen, hat auch Schattenseiten.
Dies erfährt die 16jährige Jenny (Chloe Sevigny), die vor einiger Zeit
noch Jungfrau und in Telly verliebt war. Es kam zum ersten Mal, dann war
der junge Mann plötzlich verschwunden, sein Interesse ging im Nu auf
Null. Sie unterhält sich mit ihren Freundinnen über die Jungs und über
den Sex. Mit ihrer besten Freundin Ruby (Rosario Dawson), die mit
mehreren Boys intim war geht sie zum Aids-Test. Eigentlich nur um diese
zu begleiten, macht den Test aber auch mit. Während Rubys Test negativ
ist, erfährt die schockierte Jennie, dass sie sich durch dieses erste
und eine Mal bereits mit HIV angesteckt hat. Sie versucht in der Stadt
Telly zu finden...
und wird ihn am Ende bei einer Party in
einem Schlafzimmer entdecken, während er Darcy bereits defloriert hat.
Erschöpft schläft sie ein und wird im Schlaf von Casper vergewaltigt.
Der Film wurde von Gus van Sant produziert, Harmony Korine schrieb das
Drehbuch. "Kids" ist ein sehr provozierender Film, Clarks Nachfolgefilme
waren zwar ähnlich konzipiert, aber wurden weit weniger umstritten
aufgenommen als dieses Debüt. Möglicherweise ist der Alltag der Kids
wirklich schon alltäglich geworden. Jedenfalls sorgten einige Szenen in
Kids, zb. Kinder, die schon Drogen nehmen und mit Sexerlebnissen prahlen
oder auch der (fahr)lässsige Umgang mit einer ansteckenden Krankheit
zur Zeit seiner Enstehung für Gesprächsstoff. Im Grunde halten sich
aufklärender realistisch wirkender Zustandsbericht und provokantes
Coming of Age Drama die Waage.
Traurig, aber wahr: Der
Darsteller von Casper, Justin Pierce, beging 2000 Selbstmord. Ähnlich
war auch das Schicksal von Harold Hunter, der zwar als Skater
erfolgreich war, doch 2006 im Alter von 31 Jahren an einer Überdosis
Kokain starb. Auch der am 1. September 1971 geborene Sajan Bhagat
(Darsteller von Paul) starb am 27. Juli 1999 in Atlanta an einer
Überdosis.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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