Donnerstag, 13. August 2015

Wassup Rockers


Regie: Larry Clark

Gefährliche Reise nach Beverly Hills...

Der Filmemacher Larry Clark stammt aus Tulsa und ist auch ein begeisterter Fotograf. 1971 erschien sein Fotoband über seine Stadt Tulsa mit dem Schwerpunkt Drogenmilieu und Subkultur. Gleich sein erster Film "Kids" sorgte bei seinem Erscheinen im Jahr 1995 für Furore. Der Film folgt einer Gruppe von Jugendlichen aus New York mit wenig Perspektive, die einfach mal so in den Tag hinein leben und in der Momentaufnahme auf HipHop, Trendsportarten, Partys, Skaten, Drogen, Alkohol und Sex stehen. Ein Mädchen wird dabei beim ersten Mal mit dem HIV-Virus infiziert. Larry Clarks Filme beinhalten auch oft exzplizite Szenen, so waren in seinem Erstling Minderjährige beim Geschlechtsverkehr zu sehen. Auch "Ken Park" machte da keine Ausnahme. Nur verlegte der Filmemacher die Handlung von der Ostküste in eine kalifornische Kleinstadt. Sein bester Film dürfte der aufwühlende "Bully - Diese Kids schockten Amerika" mit dem leider viel zu früh verstorbenen Brad Renfro sein. Die Story erzählt eindrücklich von einer abgestumpften, geleangweilten Generation von Jugendlichen, die sich dazu entschließen einen Mord zu verüben, nachdem Drogen und Sex nicht mehr flashen. Ein pessimistisches Bild einer Generation, die nicht mehr sehr viel mit sich anfangen kann.
Gegen "Bully" ist Clarks 2005 entstandener "Wassup Rockers" beinahe schon als hoffnungsvoll einzustufen. Denn immerhin endet die Geschichte über eine Jugendclique, die vom Ghetto aus South Central Los Angeles einen Ausflug zum Skaten nach Beverly Hills unternehmen und natürlich irgendwann den noch viel gefährlichen Heimweg antreten müssen, mit sehr schön fotografierten Impressionen eines Los Angeles im Sonnenaufgang.
Der Film ist eine sehr eigenwillige, sehr Clark typische Variante von Walter Hills Straßenwestern "The Warriors", einem meiner Lieblingsfilme aus dem 70ern. Aber Vorsicht: Action und Spannung wird man bei Larry Clark vergeblich suchen, aber dennoch wird man von den ""Wassup Rockers" nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, die der Film braucht, weil er so eigen ist, auch irgendwie fasziniert sein. Wie immer dominiert bei Clark auch das sozialrealistische Potential seines Jugendfilms.
Diese "Wassup Rockers" sind sieben hispanische Kids aus dem Ghetto South Central. Ihre Feinde sind die schwarzen HipHopper, die diese Jungs in engen Hosen und langen Haaren als Aussenseiter ansehen. Aber Jonathan (Jonathan Velasquez) und seine Kumpels Kiko (Francisco Pedrasa), Milton, den alle Spermball nennen (Milton Velasquez), Porky (Yunior Usualdo Panamento), Eddie (Eddie Velasquez), Louie (Luis Rojas-Saldago) und Carlos (Carlos Velasco) stören diese Anfeindungen wenig. Im Grunde sind sie eher friedliche Jungs, die in ihrer Freizeit gerne skaten, als Punkband selbst Musik machen und gerne den alten Garagen-Punk der Ramones hören. Mit Waffen und Drogen haben die Jungs nicht viel am Hut. Die Clique beschließt mit einem alten Wagen nach Beverly Hills zu fahren, denn dort soll man toll skaten können. Unterwegs werden sie aber von der Polizei gestoppt und da keiner einen Führerschein hat, ist die Fahrt mit dem Auto zu Ende. So wird die Fahrt mit dem Bus fortgesetzt. Endlich in Beverly Hills angekommen, gibts gleich wieder Ärger mit nem Bullen. Einer der Jungs wird dabei verhaftet, die anderen hauen ab. Als sie zwei Mädchen beim Skaten kennenlernen werden sie von diesen in eine sehr exklusive Villa im Viertel der Reichen und Schönen eingeladen. Dort haben sie Spass, müssen aber wegen eifersüchtigen weißen Jungs fliehen und landen auf einer Künstlerparty. Auch dort ist die große Flatter angesagt, nachdem der schwule Hausherr aus Versehen die Treppe runterfällt. Nichts wie weg über die Mauern diverser Villen. Dort landen sie in der Villa eines Filmregisseurs, der gerade seine Knarre zur Hand hat. Clark hat sich dabei den perfiden Spass erlaubt, dass der Mann, der nun auf einen der Latinos schießen wird "Notwehr" optisch ganz stark an Clint Eastwood erinnert. Da warens nur noch Fünf. Doch Hilfe naht in der Gestalt der vielen dort beschäftigten hispanischen Haushaltshilfen, die dafür sorgen, dass ein Auto die Jungs in ihr Viertel bringt. Aber vorher gibts noch einen Collateralschaden in den exklusiven Häusern zu beklagen, möglicherweise wird man Tags darauf in der Zeitung von diesen bösen jungen Gangstern lesen, die in Beverly Hills auf Raubzug waren. Dabei einen Künstler verletzten, eine reiche Lady im Badezimmer getötet haben und ein bekannter Filmstar beinahe auch Opfer dieser Kids geworden wäre, wenn er nicht die Waffe gezogen hätte.
Der Film endet mit den letzten Metern ihrer Odyssee, die die ganze Nacht gedauert hat - die fünf Freunde steigen in die U-Bahn, es ist die Zeit, als die Stadt gerade erwacht. Nun nichts wie aussteigen und nach Hause. In der Nacht hat einer der jungen Männer sein Leben verloren, ein zweiter landet im Knast und die übrig gebliebenen werden von den schwarzen HipHoppern im Viertel begrüsst, indem er "Wassup Rockers" ruft, seine Knarre in die Luft hält und abfeuert.


 Clarks Film ist sehr speziell und sicherlich wird eher nur eine Minderheit Zugang zu diesem Film finden. Mich hat er dann tatsächlich nach einer gewissen Zeit gepackt. Es ist wohl diese eigenartige Mischung aus semidokumentarischer Note und der sichtlich sehr großen Nähe zu seinen Figuren. Man merkt, dass Clark seine Jungs sehr gut und mit großer Sympathie beobachtet. Die von ihm festgehaltenen, eindrücklichen Momente, die ständig irgendwie fließen, vermitteln ein gutes, intensives und atmosphärisch dichtes Bild einer benachteiligten Minderheit am sozialen Rand.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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