Gefährliche Reise nach Beverly Hills...
Der Filmemacher Larry Clark stammt aus Tulsa und ist auch ein
begeisterter Fotograf. 1971 erschien sein Fotoband über seine Stadt
Tulsa mit dem Schwerpunkt Drogenmilieu und Subkultur. Gleich sein erster
Film "Kids" sorgte bei seinem Erscheinen im Jahr 1995 für Furore. Der
Film folgt einer Gruppe von Jugendlichen aus New York mit wenig
Perspektive, die einfach mal so in den Tag hinein leben und in der
Momentaufnahme auf HipHop, Trendsportarten, Partys, Skaten, Drogen,
Alkohol und Sex stehen. Ein Mädchen wird dabei beim ersten Mal mit dem
HIV-Virus infiziert. Larry Clarks Filme beinhalten auch oft exzplizite
Szenen, so waren in seinem Erstling Minderjährige beim
Geschlechtsverkehr zu sehen. Auch "Ken Park" machte da keine Ausnahme.
Nur verlegte der Filmemacher die Handlung von der Ostküste in eine
kalifornische Kleinstadt. Sein bester Film dürfte der aufwühlende "Bully
- Diese Kids schockten Amerika" mit dem leider viel zu früh
verstorbenen Brad Renfro sein. Die Story erzählt eindrücklich von einer
abgestumpften, geleangweilten Generation von Jugendlichen, die sich dazu
entschließen einen Mord zu verüben, nachdem Drogen und Sex nicht mehr
flashen. Ein pessimistisches Bild einer Generation, die nicht mehr sehr
viel mit sich anfangen kann.
Gegen "Bully" ist Clarks 2005
entstandener "Wassup Rockers" beinahe schon als hoffnungsvoll
einzustufen. Denn immerhin endet die Geschichte über eine Jugendclique,
die vom Ghetto aus South Central Los Angeles einen Ausflug zum Skaten
nach Beverly Hills unternehmen und natürlich irgendwann den noch viel
gefährlichen Heimweg antreten müssen, mit sehr schön fotografierten
Impressionen eines Los Angeles im Sonnenaufgang.
Der Film ist
eine sehr eigenwillige, sehr Clark typische Variante von Walter Hills
Straßenwestern "The Warriors", einem meiner Lieblingsfilme aus dem
70ern. Aber Vorsicht: Action und Spannung wird man bei Larry Clark
vergeblich suchen, aber dennoch wird man von den ""Wassup Rockers" nach
einer gewissen Eingewöhnungszeit, die der Film braucht, weil er so eigen
ist, auch irgendwie fasziniert sein. Wie immer dominiert bei Clark auch
das sozialrealistische Potential seines Jugendfilms.
Diese
"Wassup Rockers" sind sieben hispanische Kids aus dem Ghetto South
Central. Ihre Feinde sind die schwarzen HipHopper, die diese Jungs in
engen Hosen und langen Haaren als Aussenseiter ansehen. Aber Jonathan
(Jonathan Velasquez) und seine Kumpels Kiko (Francisco Pedrasa), Milton,
den alle Spermball nennen (Milton Velasquez), Porky (Yunior Usualdo
Panamento), Eddie (Eddie Velasquez), Louie (Luis Rojas-Saldago) und
Carlos (Carlos Velasco) stören diese Anfeindungen wenig. Im Grunde sind
sie eher friedliche Jungs, die in ihrer Freizeit gerne skaten, als
Punkband selbst Musik machen und gerne den alten Garagen-Punk der
Ramones hören. Mit Waffen und Drogen haben die Jungs nicht viel am Hut.
Die Clique beschließt mit einem alten Wagen nach Beverly Hills zu
fahren, denn dort soll man toll skaten können. Unterwegs werden sie aber
von der Polizei gestoppt und da keiner einen Führerschein hat, ist die
Fahrt mit dem Auto zu Ende. So wird die Fahrt mit dem Bus fortgesetzt.
Endlich in Beverly Hills angekommen, gibts gleich wieder Ärger mit nem
Bullen. Einer der Jungs wird dabei verhaftet, die anderen hauen ab. Als
sie zwei Mädchen beim Skaten kennenlernen werden sie von diesen in eine
sehr exklusive Villa im Viertel der Reichen und Schönen eingeladen. Dort
haben sie Spass, müssen aber wegen eifersüchtigen weißen Jungs fliehen
und landen auf einer Künstlerparty. Auch dort ist die große Flatter
angesagt, nachdem der schwule Hausherr aus Versehen die Treppe
runterfällt. Nichts wie weg über die Mauern diverser Villen. Dort landen
sie in der Villa eines Filmregisseurs, der gerade seine Knarre zur Hand
hat. Clark hat sich dabei den perfiden Spass erlaubt, dass der Mann,
der nun auf einen der Latinos schießen wird "Notwehr" optisch ganz stark
an Clint Eastwood erinnert. Da warens nur noch Fünf. Doch Hilfe naht in
der Gestalt der vielen dort beschäftigten hispanischen Haushaltshilfen,
die dafür sorgen, dass ein Auto die Jungs in ihr Viertel bringt. Aber
vorher gibts noch einen Collateralschaden in den exklusiven Häusern zu
beklagen, möglicherweise wird man Tags darauf in der Zeitung von diesen
bösen jungen Gangstern lesen, die in Beverly Hills auf Raubzug waren.
Dabei einen Künstler verletzten, eine reiche Lady im Badezimmer getötet
haben und ein bekannter Filmstar beinahe auch Opfer dieser Kids geworden
wäre, wenn er nicht die Waffe gezogen hätte.
Der Film endet
mit den letzten Metern ihrer Odyssee, die die ganze Nacht gedauert hat -
die fünf Freunde steigen in die U-Bahn, es ist die Zeit, als die Stadt
gerade erwacht. Nun nichts wie aussteigen und nach Hause. In der Nacht
hat einer der jungen Männer sein Leben verloren, ein zweiter landet im
Knast und die übrig gebliebenen werden von den schwarzen HipHoppern im
Viertel begrüsst, indem er "Wassup Rockers" ruft, seine Knarre in die
Luft hält und abfeuert.
Clarks Film ist sehr speziell und
sicherlich wird eher nur eine Minderheit Zugang zu diesem Film finden.
Mich hat er dann tatsächlich nach einer gewissen Zeit gepackt. Es ist
wohl diese eigenartige Mischung aus semidokumentarischer Note und der
sichtlich sehr großen Nähe zu seinen Figuren. Man merkt, dass Clark
seine Jungs sehr gut und mit großer Sympathie beobachtet. Die von ihm
festgehaltenen, eindrücklichen Momente, die ständig irgendwie fließen,
vermitteln ein gutes, intensives und atmosphärisch dichtes Bild einer
benachteiligten Minderheit am sozialen Rand.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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