Freitag, 14. August 2015

Wut im Bauch


























Regie: Jonathan Kaplan

Schöner Wohnen in New Grenada...

Regisseur Jonathan Kaplan arbeitet seit den 90er Jahren vornehmlich für das Fernsehen. Schade eigentlich, denn seine Kinofilme waren auch nicht schlecht - bekanntestes Werk dürfte dank der oscarprämierten Vorstellung von Jodie Foster als Vergewaltigungsopfer der Film "Angeklagt" sein.
Auch "Mr. Billion", der Hollywoodversuch von Terence Hill, geht auf sein Konto. Seine besten Filme sind "Straßen der Gewalt", ein Blaxploitation Streifen aus dem Jahr 1975 und der inzwischen zum Kultfilm avancierte "Wut im Bauch". Dieser Jugendfilm war auch das Filmdebüt von Matt Dillon, der ein Jahr später dann gemeinsam mit Kristy McNichol in "Kleine Biester" zum Teenie-Idol aufsteigen konnte.
"Wut im Bauch" heißt im Original "Over the Edge" und ist ein stimmungsvolles Portrait über das amerikanische Vorstadtgeschehen in den frühen 70ern Jahren und umfasst Themen wie Rebellion, Alkohol- und Drogenkosum der jungen Generation. Tatsächlich basiert die gezeigte Geschichte auf Tatsachen, die Macher wurden von einem Artikel in der Anzeige inspiriert, der sich mit dem immer stärker umgreifenden Phänomen "Vandalismus" durch Jugendliche in den Vorstädten befasste.
Einzige Ausnahme zum realen Fall war der härtere Schluß des Films, der aber sicherlich aufgrund einer solch aufheizenden Dynamik auch möglich hätte sein können. Jonathan Kaplan entschied sich dazu, seinem Film mit etwas dokumentarischem Flair auszustatten. Die Darsteller waren allesamt Neulinge - wie bereits erwähnt wurde Matt Dillon mit diesem Film entdeckt. Aber auch der damals 17jährige Vincent Spano, der im Film den aggressiven Mark Perry spielt, konnte später eine solide Karriere als Schauspieler aufbauen.
Mit der Zeit genoss der Film immer mehr Ansehen. Kurt Cobain gab an, seine Persönlichkeit würde in diesem Teeniefilm sehr genau widergespiegelt werden. Auch Richard Linklater nannte Kaplans Film eine Inspirationsquelle für seinen eigenen Coming of Age Beitrag "Dazed and Confused" aus dem Jahr 1993.
Um was geht es: Der Film begleitet eine Gruppe von Teenagern, die in einer fiktiven Gemeinde namens "New Granada" leben. Das hört sich vom Namen recht attraktiv an, aber in Wahrheit ist das eine frisch aus dem Boden gestampfte Retortenstadt, die es sie in vielfacher Zahl in den USA gibt. Die Werbeplakate verkünden auch schon "Das Wohnen von Morgen schon heute erleben" und tatsächlich wird flleissig expandiert. Allerdings bleiben in solchen Wohnsilos die Jugendlichen auf der Strecke. Sie haben dort kaum das Gefühl, dass in ihrer Stadt etwas für sie gemacht wird. Was auch stimmt: Die Planer hatten nur das große Geld mit "Schöner Wohnen" im Sinn, an Freizeitmöglichekiten für die Kids hat man da gar nicht nachgedacht. So ist zwar mal ein Autokino und eine Billiardhalle geplant gewesen, aber gleich wieder verworfen worden, da dies nicht so viel Geld einbringt wie das Gebäude einer Firma zu verkaufen. So hängen die Kids in und vor Wellblechhütten herum, die als Freizeitclub herhalten müssen. Die Gemeinde macht sich Sorgen um die Jugendlichen, denn die Kriminalitätsrate der Teenies nimmt rasant zu. Aber immerhin gibts mit Sergeant Doberman (Harry Northup) einen engagierten Sheriffs, der gerne hart durchgreift. Das bringt ihm Feinde ein und er wird Opfer eines Anschlags als er mit seinem Wagen in Richtung Siedlung fährt. Der Schütze ist Mark Perry, dieser wird aber von Richie White (Matt Dillon) und Carl Willat (Michael Kramer) bei der Tat beobachtet. Es gibt aber ein Gesetz hier und dies warnt vor Verrat. So machen die beiden Jungs keine Aussage. Sorgen aber für das Nichtaufklären des Loches in der Windschutzscheibe und noch viel mehr  für eine aufgeheizte Stimmung zwischen Youngstern und Eltern. Immerhin kann Sgt. Ed Dobermann bei Richie, der einen miesen Ruf hat und schon im Jugendknast saß, ein Taschenmesser sicherstellen. Carls Eltern (Andy Romano/Ellen Geer) sorgen sich um ihren Sohn und wollen den schlechten Umgang untersagen. Aber Carl ist stur und hält zu seinem besten Freund. In der Liebe läuft es für Carl etwas besser, denn er hat Chancen bei der begehrten Cory (Pamela Ludwig). Sie ist es aber, die durch einen Einbruch mit ihrer Freundin und einer dabei entwendeten Pistole eine eskalierende Entwicklung heraufbeschwört...


 Am Ende spitzt sich der Generationenkonflikt so sehr zu, dass die Kids die Eltern, die Stadtväter und die Lehrer in der Aula der Junior High einschließen und draußen die Autos demolieren. Doch dies ist erst der Anfang einer Nacht der Zerstörung.
Unterlegt wird dieser Film mit der damals angesagten Rockmusik von Van Halen, Cheap Trick, The Cars. Ramones oder Jimi Hendrix. "Over the Edge"ist einer dieser Filme, die irgendwann von Fans zu Recht neu entdeckt werden und seitdem ihren Kultstatus weiter aufbauen. Sie waren damals keine Flops, spielten aber nie in der ersten Liga des Kinos eine Rolle und blieben leider etwas unterbewertet. Das inzwischen hohe Filmalter von 36 Jahren hat diesem Film kaum geschadet, im Gegenteil: Er ist zwar Zeitgeistfilm, aber dennoch  gereift wie ein guter Wein.



Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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