Regie: Jonathan Kaplan
Schöner Wohnen in New Grenada...
Regisseur Jonathan Kaplan arbeitet seit den 90er Jahren vornehmlich
für das Fernsehen. Schade eigentlich, denn seine Kinofilme waren auch
nicht schlecht - bekanntestes Werk dürfte dank der oscarprämierten
Vorstellung von Jodie Foster als Vergewaltigungsopfer der Film
"Angeklagt" sein.
Auch "Mr. Billion", der Hollywoodversuch
von Terence Hill, geht auf sein Konto. Seine besten Filme sind "Straßen
der Gewalt", ein Blaxploitation Streifen aus dem Jahr 1975 und der
inzwischen zum Kultfilm avancierte "Wut im Bauch". Dieser Jugendfilm war
auch das Filmdebüt von Matt Dillon, der ein Jahr später dann gemeinsam
mit Kristy McNichol in "Kleine Biester" zum Teenie-Idol aufsteigen
konnte.
"Wut im Bauch" heißt im Original "Over the Edge" und
ist ein stimmungsvolles Portrait über das amerikanische
Vorstadtgeschehen in den frühen 70ern Jahren und umfasst Themen wie
Rebellion, Alkohol- und Drogenkosum der jungen Generation. Tatsächlich
basiert die gezeigte Geschichte auf Tatsachen, die Macher wurden von
einem Artikel in der Anzeige inspiriert, der sich mit dem immer stärker
umgreifenden Phänomen "Vandalismus" durch Jugendliche in den Vorstädten
befasste.
Einzige Ausnahme zum realen Fall war der härtere
Schluß des Films, der aber sicherlich aufgrund einer solch aufheizenden
Dynamik auch möglich hätte sein können. Jonathan Kaplan entschied sich
dazu, seinem Film mit etwas dokumentarischem Flair auszustatten. Die
Darsteller waren allesamt Neulinge - wie bereits erwähnt wurde Matt
Dillon mit diesem Film entdeckt. Aber auch der damals 17jährige Vincent
Spano, der im Film den aggressiven Mark Perry spielt, konnte später eine
solide Karriere als Schauspieler aufbauen.
Mit der Zeit
genoss der Film immer mehr Ansehen. Kurt Cobain gab an, seine
Persönlichkeit würde in diesem Teeniefilm sehr genau widergespiegelt
werden. Auch Richard Linklater nannte Kaplans Film eine
Inspirationsquelle für seinen eigenen Coming of Age Beitrag "Dazed and
Confused" aus dem Jahr 1993.
Um was geht es: Der Film
begleitet eine Gruppe von Teenagern, die in einer fiktiven Gemeinde
namens "New Granada" leben. Das hört sich vom Namen recht attraktiv an,
aber in Wahrheit ist das eine frisch aus dem Boden gestampfte
Retortenstadt, die es sie in vielfacher Zahl in den USA gibt. Die
Werbeplakate verkünden auch schon "Das Wohnen von Morgen schon heute
erleben" und tatsächlich wird flleissig expandiert. Allerdings bleiben
in solchen Wohnsilos die Jugendlichen auf der Strecke. Sie haben dort
kaum das Gefühl, dass in ihrer Stadt etwas für sie gemacht wird. Was
auch stimmt: Die Planer hatten nur das große Geld mit "Schöner Wohnen"
im Sinn, an Freizeitmöglichekiten für die Kids hat man da gar nicht
nachgedacht. So ist zwar mal ein Autokino und eine Billiardhalle geplant
gewesen, aber gleich wieder verworfen worden, da dies nicht so viel
Geld einbringt wie das Gebäude einer Firma zu verkaufen. So hängen die
Kids in und vor Wellblechhütten herum, die als Freizeitclub herhalten
müssen. Die Gemeinde macht sich Sorgen um die Jugendlichen, denn die
Kriminalitätsrate der Teenies nimmt rasant zu. Aber immerhin gibts mit
Sergeant Doberman (Harry Northup) einen engagierten Sheriffs, der gerne
hart durchgreift. Das bringt ihm Feinde ein und er wird Opfer eines
Anschlags als er mit seinem Wagen in Richtung Siedlung fährt. Der
Schütze ist Mark Perry, dieser wird aber von Richie White (Matt Dillon)
und Carl Willat (Michael Kramer) bei der Tat beobachtet. Es gibt aber
ein Gesetz hier und dies warnt vor Verrat. So machen die beiden Jungs
keine Aussage. Sorgen aber für das Nichtaufklären des Loches in der
Windschutzscheibe und noch viel mehr für eine aufgeheizte Stimmung
zwischen Youngstern und Eltern. Immerhin kann Sgt. Ed Dobermann bei
Richie, der einen miesen Ruf hat und schon im Jugendknast saß, ein
Taschenmesser sicherstellen. Carls Eltern (Andy Romano/Ellen Geer)
sorgen sich um ihren Sohn und wollen den schlechten Umgang untersagen.
Aber Carl ist stur und hält zu seinem besten Freund. In der Liebe läuft
es für Carl etwas besser, denn er hat Chancen bei der begehrten Cory
(Pamela Ludwig). Sie ist es aber, die durch einen Einbruch mit ihrer
Freundin und einer dabei entwendeten Pistole eine eskalierende
Entwicklung heraufbeschwört...
Am Ende spitzt sich der
Generationenkonflikt so sehr zu, dass die Kids die Eltern, die
Stadtväter und die Lehrer in der Aula der Junior High einschließen und
draußen die Autos demolieren. Doch dies ist erst der Anfang einer Nacht
der Zerstörung.
Unterlegt wird dieser Film mit der damals
angesagten Rockmusik von Van Halen, Cheap Trick, The Cars. Ramones oder
Jimi Hendrix. "Over the Edge"ist einer dieser Filme, die irgendwann von
Fans zu Recht neu entdeckt werden und seitdem ihren Kultstatus weiter
aufbauen. Sie waren damals keine Flops, spielten aber nie in der ersten
Liga des Kinos eine Rolle und blieben leider etwas unterbewertet. Das
inzwischen hohe Filmalter von 36 Jahren hat diesem Film kaum
geschadet, im Gegenteil: Er ist zwar Zeitgeistfilm, aber dennoch gereift wie ein guter Wein.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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