Regie: Sidney Lumet
Die Reisen des Danny Pope...
Der 2011 im Alter von 87 Jahren verstorbene Sidney Lumet hat eine
großartige Filmographie hinterlassen, die bereits mit "Die 12
Geschworenen" in den 50ern begann und 2007 mit dem wunderbaren
Meisterwerk "Before the Devil knows you´re dead" einen krönenden
Abschluß fand. Er drehte grandiose Klassiker wie "Serpico", "Hundstage",
"Mord im Orient Express", "Verdict", "Network", "Equus" oder "Ein
Haufen toller Hunde". Nach "Der Morgen danach" mit Jane Fonda als
Zugpferd wurde es aber etwas ruhiger um ihn, seine Filme bekamen nicht
mehr die ganz große Beachtung und so haben Filme wie "Tödliche Fragen",
"Nacht über Manhattan" und der 1988 inszenierte eher stille "Die Flucht
ins Ungewisse" nicht den Bekanntheitsgrad, der ihnen aufgrund der guten
Qualität gebühren würde.
Immerhin brachte es "Die Flucht
ins Ungewisse" dank dem intensiven Spiel seines jungen Hauptdarstellers
River Phoenix auf einige Oscar- und Golden Globe Nominierungen. River
Phoenix gewann den Preis allerdings nicht und musste sich von Kevin
Kline geschlagen geben. Aber immerhin konnte Naomi Foner, Mutter von
Maggie und Jake Gyllenhaal, für ihr Drehbuch den Golden Globe gewinnen.
Der
Film hat eine sehr ruhige und beinahe schon stille Machart, aber den
Zuschauer erwarten dennoch 116 spannende und überaus intensive
Filmminuten. Dabei geht es ganz stark um das Thema der Abnabelung und um
den Zusammenhalt der Familie als eingeschworene Gruppe, die keiner
auseinanderbringen soll. Im Leben des jungen Danny Pope (River Phoenix)
hat dieser Zusammenhalt oberste Priorität, denn seine Eltern Annie
(Christine Lahti) und Arthur (Judd Hirsch) sind gesuchte Terroristen. Im
jugendlichen Rebellenalter in den 70er Jahren war das damals noch junge
Ehepaar aktiv in der Antikriegsbewegung. Es war die Zeit von Vietnam
und damals sprengten die beidne ein Napalmlabor in die Luft. Leider
wurde dabei - unbeabsichtigt - ein Hausmeister so schwer verletzt, dass
er aufgrund dieses Anschlags erblindete. Seitdem sind die beiden auf der
Flucht. Von einem Untergrund-Netzwerk der Bewegung werden die beiden
immer noch finanziell unterstützt. Danny, der damals 2 Jahre alt war,
musste mit der zeit klar damit kommen, dass die Eltern jederzeit ihre
neu erworbene falsche Existenz wieder aufgeben müssen, die sie grade
eben erst aufgebaut haben. Die Familie bekam auch Zuwachs in dieser Zeit
wurde Harry (Jonas Abry). Die erste Szene des Films läuft bereits sehr
intensiv ab und man bekommt einen emotionalen Einblick in die Nöte der
Protagonisten. Danny, gerade noch beim Baseballspiel, radelt nach Hause
als er einen verdächtigen Wagen wahrnimmt, der um das Haus seiner Eltern
fährt. Der Junge weiß: Jetzt ist Zeit zum Abhauen. Schnell alamiert er
die Eltern und holt den kleinen Bruder und den Hund aus dem Haus. Dann
nichts wie weg mit dem Kleinbus in eine neue ungewisse Zukunft. Ein
Jammer, denn der Hund wird vom Vater dann einfach ausgesetzt, denn der
wäre ein Verdachtsmoment auf der Flucht zuviel. Auf zur nächsten
Identität: Der Vater bekommt nen Job in einer Pizzeria, die Mütter hat
Glück und kann als Arzthelferin anfangen - natürlich alles mit
gefälschten Papieren. Danny heißt jetzt Michael und muss sich wieder an
eine neue Schule gewöhnen. Dort fällt seinem Musiklehrer Mr. Philipps
(Ed Crowley) sofort das Talent seines neuen Schülers auf, der
wunderschön Klavier spielen kann. Der nachdenkliche Junge lernt auch
Lorna (Martha Plimpton), die Tochter des Lehrers kennen. Und verliebt
sich in sie. Was natürlich angesichts der hohen Wahrscheinlich einer
weiteren Flucht extremes Konfliktpotential innerhalb der Familie
sorgt...
dies alles hat Sidney Lumet sehr sorgfältig inszeniert und kann auf die guten Leistungen seiner Darsteller zählen.
Sehr
gut geglückt ist das Offenlegen dieses Zwiespalts, mit dem die
Protagonisten leben müssen. Ihre persönliche Verantwortung, ihre
Gedanken und ihre Gefühle stehen im Mittelpunkt. Es geht da um Liebe,
aber auch um die Schuld der Eltern, die ihren Kindern dieses Leben in
ständiger Angst vor Entdeckung auferlegen. Dabei ist ihnen klar, was sie
den Kids antun. Nur stecken sie im Dilemma, dass nur diese ständigen
Fluchten es ermöglichen, dass sie nicht getrennt werden. Konfliktreich
wird es dann als Danny seinem Kindsein entwächst und langsam ein eigenes
Leben selbstgestaltet erleben möchte.
Dies kann er aber nicht, wenn er bei den Eltern bleibt. Und dennoch kann auch die Trennung von seinen Wurzeln kein Thema sein.
Für mich einer der besten Arbeiten des Regisseurs.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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