Sonntag, 1. Dezember 2019

Liebe und andere Grausamkeiten

























Regie: Denys Arcand

Reigen der Generation X...

Denys Arcand wurde 1986 mit seinem Spielfilm "Der Untergang des amerikanischen Imperiums" international bekannt und Kanada gewann im gleichen Jahr eine Oscar-Nominerung für den besten Auslandsfilm, unterlag jedoch dem holländischen Beitrag "The Assault- Der Anschlag". 2003 lief es für den kanadischen Filmemacher aber besser - diesmal konnte er mit "Die Invasion der Barbaren" den Oscar in der Auslandsfilm-Kategorie gewinnen. Weitere bekannte Filme des Regisseurs sind "Jesus von Montreal" und der 1993 entstandene "Liebe und andere Grausamkeiten", der 1994 bei der Verleihung des kanadischen Genie-Awards den Preis für das beste Drehbuch gewinnen konnte. Darüberhinaus wurden die Nebendarsteller Matthew Ferguson, Mia Kirshner und Joanna Vannicola nominiert. Die Geschichte, die Denys Arcand erzählt, ist so etwas wie eine progressive Version von Arthur Schnitzlers "Der Reigen", der 1950 von Max Ophüls verfilmt wurde. Der Reigen stellt da eine sexuelle Kette dar, deren Ringe durch flüchtige Liebesbeziehungen miteinander verbunden werden. So eine Art Liebeskarussell im Wien um 1900. Arcand transportiert seinen Reigen in die frühen 90er Jahre. Eine Gruppe von sieben jungen Menschen leben in einer kanadischen Großstadt und sind auf der Suche nach der großen Liebe. Alle sieben empfinden eine große Sehnsucht, sie wirken aber insgesamt aber eher ziellos und leben in den Tag hinein. Der junge David (Thomas Gibson) war einmal mit Candy (Ruth Marshall) zusammen, hat aber dann entdeckt, dass er schwul ist. Dennoch leben die beiden in einer Art Wohngemeinschaft immer noch unter dem gleichen Dach. Eine kleine streunende Katze hockt oft am Fenster des Appartments, David würde sie vielleicht reinlassen, was Candy aber verbietet. David hat eine gewisse Bekanntheit als Soapdarsteller gehabt, nun arbeitet er aber als Kellner. Der junge Hilfskellner Kane (Matthew Ferguson) hat ihn aber sofort erkannt und ist interessiert an David. Candy lernt im Fitness-Studio die lesbische Jerry (Joanne Fannicola) kennen, die sie ungeniert anbaggert - auch der Barkeeper Robert (Rick Roberts) signalisert der etwas unnahbaren Candy, dass er sich für sie interessiert. David verabredet sich mit Kane und nimmt ihn mit zu der sensitiven und hellsichtigen Benita (Mia Kirshner), die als sadistische Domina ihre Brötchen verdient. Nach langer Zeit hat David auch wieder Kontakt zu seinem Freund Bernie (Cameron Bancroft), den er seit seiner Jugendzeit kennt und mit dem ihn viel verbindet. Doch mit der Zeit haben sich die beiden Freunde etwas auseinander gelebt. David sucht sein Glück mit zahlreichen Sexabenteuern in der Szene, Bernie ist als Beamter sehr frustriert, doch er hat ein Geheimnis. Er steht darauf Frauen Gewalt anzutun. Hat er sogar mit den Morden an Frauen zu tun, die in der Stadt verübt werden...



In Denys Arcands 90er Jahre Filme stehen die Figuren im Mittelpunkt und ihre Unsicherheiten, wie sie einen gesellschaftlichen Platz in dieser oberflächlichen Zeit finden könnten. Sie suchen verzweifelt nach Liebe, Freundschaft oder nach menschlichen Kontakten. Sex ist auch dabei, spielt aber eher eine untergeordnete Rolle. Auch Themen dieser Zeit wie Aids werden in der Geschichte angesprochen. Die Inszenierung hat manchmal etwas theaterhaftes, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass der Film eine Adaption des Theaterstücks "Unidentifizerite menschliche Überreste und die wahre Natur der Liebe" von Brad Fraser handelt. "Liebe und andere Grausamkeiten" ist ein Film, der mit der Zeit arg in Vergessenheit geraten ist, er ist aber auf jeden Fall eine Wiederentdeckung wert. Die Ensembleleistung ist sehr gut, alle Darsteller wirken als Typen sehr echt und nichts wirkt gekünstelt.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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