Regie: Stanley Kubrick
Der Krieg und die Conditio Humana...
Stanley Kubrick gehört zu den größten Regisseuren der Filmgeschichte. In jedem Genre schuf er ein unvergessliches Meisterwerk. So halten sehr viele Filmkritiker sein "2001 - Odyssee im Weltraum" für den besten Science Fiction Film aller Zeiten, nicht weniger bewundert wird seine Dystopie "Clockwerk Orange". Der wunderbar fotografierte "Barry Lyndon" ist ein Meilenstein in der Sparte des Historienfilms. "Shining" etablierte sich zu einem der besten Horrofilme überhaupt - am häufigsten inszenierte er aber den Menschen in Kriegssituationen. 1957 thematisierte er nicht nur die Sinnlosigkeit des Krieges, sondern die grausamen Befehle des Militärs. Es soll ein Exempel wegen "Feigheit vor dem Feind" statuiert werden und drei zufällig ausgeloste Soldaten sollen dabei erschossen werden. Einige Jahre später drehte er mit "Dr. Seltsam" ein Szenario über den kalten Krieg und die Angst vor der Atombombe. Sein dritter Kriegsbeitrag wurde der 1987 gedrehte Vietnamschocker "Full Metal Jacket", der in zwei verschiedenen Teilen - eine Geschichte über die US-Marines, die in einem Ausbildungslager zu Killern erzogen werden. Diese Mentalität sollen sie später im Vietnamkrieg erfolgreich einsetzen.
Obwohl "Patton" einige Monate früher in die Kinos kam und daher den entscheidenden Vorteil bei der Vergabe der Academy Awards hatte, muss man Kubricks Film neben "Apocalypse Now", "The Deer Hunter", "Platoon" oder "Der schmale Grat" zu den populärsten und besten Kriegsfilmen zählen. Zwar ist Kubricks "Wege des Ruhms" um einiges emotionaler und erschütternder, aber das Szenario in "Full metal Jacket" stimmt mehr und mehr nachdenklich und zerstörerisch, da dem Zuschauer in einer Vielzahl der Szenen das Lachen im Hals stecken bleibt. Kubrick setzt auf die menschenverachtenden Methoden und diskriminierenden Zitaten, mit denen die jungen Männer von ihrem Ausbilder Gunnery Sergeant Hartman (R. Lee Ermey) gedrillt werden. Die jungen Rekruten sollen dort zu Tötungsmaschinen erzogen werden, alles menschliche soll verschwinden - nur noch der Killer und sein Gewehr soll übrigbleiben. Zur besseren Erniedrigung bekommt jeder Private einen Spitznamen. So wird aus James T. Davis (Matthew Modine) Private Joker im Ausbildungslager auf Parris Island. Der dickliche und reichlich naive Leonard Lawrence (Vincent D´Onofrio) wird ab sofort Private Paula genannt. Da dieser ständig Fehler begeht und für die Ausbildung zum Marine ungeeignet scheint, soll Joker sich um ihn kümmern. Als jedoch die Fehler Paulas anhalten, geht Hartman dazu über, für jeden seiner Fehltritte nicht ihn, sondern den Rest der Mannschaft zu bestrafen. Dies hat Folgen, denn so wird der unbeholfene Soldat auch zur Zielscheibe der Gewalt seiner Kameraden. Am Ende steht natürlich die Katastrophe. Aber von der blutüberströmten Toilette gehts ins ins Kriegsgebiet nach Vietnam. Dort ist Joker mit seinem Kameraden Rafterman Kevyn Major Howard) Kriegsberichtserstatter für die Armeezeitung Stars and Stripes. In der umkämpften Stadt Hue trifft Joker wieder auf Private Cowboy (Arliss Howard), einem Kameraden vom Ausbildungslager. Aber auch abgestumpften Killersoldaten wie Animal Mother (Adam Baldwin). Auf einer Patrouille geraten sie ins Visier eines Heckenschützen, der einige tödliche Treffer zufügt. Mit letzter Kraft betet sie...
Mehr als andere Kriegsfilme wurde "Full Metal jacket" durch seine zahlreichen zotigen Sprüche, Beleidigungen und Zitate zum Kultfilm. Der Filmsong "I wanna be your drill instructor" wurde sogar ein echter Charthit. Hinter dem Pseudonym Abigail Mead stand jedoch Kubricks Tochter Vivian. Dazu werden Songs der 60s zu hören sein: "these boots are made for walking" von Nancy Sinatra, "Paint it Black" von den Rolling Stones oder "Hello Vietnam" von Johnny Wright. Der erste Teil des Films kommt bei den meisten Fans besser weg, kein Wunder: Die Darstellung von R. Lee Ermey als beleidigender Thrill Instructor ist genial und die Sprüche wie "Runter von meinem Kletterturm" legendär. Es ist auch im Gegensatz zu Teil 2 eine sehr emotionale und dramatische Geschichte, die sich hier ereignet. Die jungen Männer werden damit konfrontiert, dass ihre Waffe vollkommen sexualisiert wird und somit den Ersatz für eine Frau einnehmen soll. Lust und Gewalt verschwimmen in eine Einheit. Teil 2 kommt da viel distanzierter und abgeklärter rüber. Hier bleibt die Ambivalenz von Joker im Gedächtnis. Er trägt ein Friedensabzeichen und gleichzeitig steht auf seinem Helm die Parole "Born to kill" - als dieser Widersprüch vom Vorgesetzten angeprangert wird, argumentiert Joker mit der "Dualität", was von seinem Gegenüber nicht verstanden wird. Mit der Aufrechterhaltung seiner eigenen Moralvorstellungen wird es auch im Kriegsgebiet nichts. Sie sind sinnlos in diesem Umfeld oder noch schlimmer: Die Soldaten haben sich so sehr an den Krieg und ans Töten gewöhnt, dass dieser zum ganz normalen Alltag wurde und auch flapsig darüber geredet wird. Nicht nur die Sprache ist inzwischen verroht, alles ist inzwischen auf die Handlungebene übergegangen.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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