Sonntag, 13. November 2016
If...
Regie: Lindsay Anderson
Unterdrückung und Aufstand....
Lindsay Andersons wegweisender Kinobeitrag der 68er Bewegung heißt "If..." und spielt in einem privaten Eliteinternat in England. Der Film ist in 8 Kapitel eingeteilt:
1. College House - Die Rückkehr
2. College - Erneut versammelt
3. Das Schuljahr
4. Rituale und Romanzen
5. Disziplin
6. Widerstand
7. Auf in den Krieg
8. Kreuzritter.
Anderson war der Sohn eines Offiziers und besuchte selbst das Cheltenham College und später auch die Universität Oxford, möglicherweise findet sich in seinem bekanntesten Film auch eine autobiographische Färbung. Für seinen ersten Dokumentarkurzfilm "Thursday´s Children" erhielt der britische Regisseur sogar den Oscar. Später beteiligte sich Anderson an der Bewegung des "Free Cinema", sein "Lockender Lorbeer" aus dem Jahr 1963 gehört zu den wegweisenden Beiträgen dieser Bewegung. "If..." war so erfolgreich, dass Anderson seiner Filmfigur Mick Travis noch zwei weitere Filmen "O Lucky Man" und "Britannia Hospital" widmete.
In seiner Zeit wirkte der Film extrem provokativ, denn er greift die bürgerlichen Werte, das Establishment hart an und ist auf der Seite der unangepassten Aussenseiter. Irgendwann im Laufe der Handlung wird die Handlung dann tatsächlich zu diesem "was wäre wenn" und die Aktionen werden zunehmend surrealer - einiges erinnert an Luis Bunuel.
In einem rennomierten Internat der späten 60er Jahre läuft immer noch alles nach dem alten System. Der Zuschauer folgt dem kleinen Jute (Sean Bury) - es ist sein erster Schultag und er wirkt verloren. Auf seine Fragen bekommt er nur die Antwort, dass ein Frischling bloß keine älteren Schüler ansprechen soll. Diese Junioren sind ganz unten in der Hirarchie der Schule. Zuerst kommen der Stab und die Senioren - besehend aus dem Direktor, einigen Lehrern, einem Geistlichen und einem General. Dann folgen Schüler mit Privilegien, die Senioren - darunter die vier "Whips" Rontree (Robert Swan), Denson (Hugh Thomas), Fortinbras (Michael Cadman) und Barnes (Peter Sproule) mit den meisten Sonderrechten und Vergünstigen. Sie sidn Präfekten für die unteren Jahrgänge und dürfen diese nicht nur befehligen, sondern jeder Nichtgehorsam wird bestraft - oft mit der Peitsche. Denn es sollen die alten Werte, die alten Traditionen aufrechterhalten bleiben und daher ist Disziplin das höchste Gebot. So lassen es sich die Whips gut gehen und jeder von Ihnen hat das Vorrecht auf einen der Junioren, der ihnen Tee servieren muss, rasieren muss und oft auch etwas mehr. So spielt die unterdrückte Sexualität, auch die Homosexualität hier im Internat auch eine große Rolle. Der kleine Bobby Philipps (Rupert Webster) ist derzeit der Favorit der Whips. Einige würden den "Scum" - so verächtlicht nennen sie die Junioren - als privaten Sklaven auswählen.
Es gibt aber im Internat auch einige aufsässige Jugendliche in der vorletzten Klasse. Vor allem Mick Travis (Malcolm McDowell), Wallace (Richard Warwick) und Johnny (David Wood) wollen sich nicht immer unterordnen und anpassen. Mr. Kemp (Arthur Lowe), der Herbergsvater wird von den "Whips" oft manipuliert, er lässt es aber geschehen, da sie für Ordnung sorgen. Der Direktor (Peter Jeffrey) möchte empathisch sein, bleibt aber in seinen Aussagen nur theoretisch. Immer wieder entflieht Mick der Unterdrückung, er stiehlt ein Motorrad in der Stadt und lernt in einem Cafe ein Mädchen (Christine Noonan) kennen. Da der Lehrplan des Internats auch eine militärische Grundausbildung vorsieht, wird auch oft Krieg gespielt. Durch mehrere Strafen und einer starken Unterdrückung kommt es bei der Jubiläumsfeier des Internats zu einem Blutbad...
Mit Waffen hocken fünf Jugendliche auf dem Dach und schießen auf die Mitschüler, Lehrer und auf die Repräsentanten des Establishments. Zweifelsohne eine brutale Szene, aber auch eine Traumsequenz - sie symbolisiert eine neue Zeit, neue Werte und das Niedermetzeln der Unterdrücker. Lindsay Andersons Kameramann Miroslav Ondricek wechselt immer wieder von Farbe in schwarz-Weiß Sequenzen. Dies bedeutet aber keineswegs, dass die Traum- oder Phantasieszenen so von der Realität abgegrenzt sind. "If" fängt den revolutionäres Geist der 68er Jahre hervorragend ein - und Malcolm McDowell spielte den Mick so gut und authentisch, dass er sich mit dieser grandiosen Leistung die Hauptrolle in Stanley Kubricks "Clockwork Orange" erspielte. Er gibt dem revolutionären Geist ein glaubwürdiges Gesicht und meutert gegen die gesellschaftlichen Zwänge. Sehr schön sind auch die beiden Szenen in dem Kapitel "Rituale und Romanzen" bebildert. Einmal ein sehnsuchtsvoller Blick des jungen Bobby, der einen Mitschüler am Reck beobachtet und noch offensichtlicher der Flirt zwischen Mick und dem Mädchen, die in ein Raufen übergeht und dann in eine leidenschaftliche Sexszene.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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